Alle Figuren in Claudia Grehns Stück sind auf der Suche: nach gut bezahlter Arbeit, aber auch nach Sinn und einem richtigen Leben, vielleicht auch nach der Liebe. Die deutsche Abiturientin Lena hat erkannt, dass sie mit altmodischen Werten vollgepumpt wurde, die sie so nicht mehr leben kann. Deshalb arbeitet sie als Erntehelferin, um neue Erfahrungen zu machen. Ihre Kollegen wollen nur Geld verdienen und kommen aus Polen.
Anna und ihre beiden Söhne haben sich aufgemacht nach Deutschland und die junge Frau des einen mit einem kleinen Kind zurückgelassen. Anna ist schwanger und fährt zu Peter, der der Vater ihres Kindes sein soll. Doch ihre Beziehung ist unklar und konfliktreich, und der beruflich scheiternde Peter läuft nachts durch die Straßen auf der Suche nach etwas, von dem er nichts genaues weiß. Die jungen Leute dagegen besitzen noch berufliche Illusionen, während sie Äpfel ernten und sich in Liebesbeziehungen verstricken oder sich ihnen verweigern.
Autorin Claudia Grehn und Lena Müller, die einige Texte beisteuerte, sind Jahrgang 1982. "Ernte" ist ein Stück mit klaren Figuren und einer deutlichen Handlung, das bei dieser Uraufführung zugleich merkwürdig undeutlich wirkt. Weil Regisseur Dominic Friedel jede Abbildhaftigkeit energisch vermeidet, wodurch nicht alle Personen deutlich und alle Situationen klar werden. Wenn hier jemand viel raucht, nebelt er sich mit dem Nebelwerfer ein, wenn Figuren weit entfernt sind, stehen sie nebeneinander und berühren sich, der Song "The times they are changing" wird auf holländisch gespielt und ein Patient im Krankenhaus mit der Schubkarre herumgefahren. Trotz dieser Einfälle wird die Inszenierung durch eine langsame, ausgestellte, ja unterspielende Darstellungsweise geprägt, wodurch sich das Stillstandsgefühl der Personen bald auf den Zuschauer überträgt. Der Regisseur vermeidet allen Realismus und jede Psychologie und überführt das wortwuchernde Stationendrama mit dessen oft bedeutungshuberischem Text in ein durchaus einfallsreiches, aber zugleich die Bezüge und Situationen arg verknappendes Spiel. Sein Inszenierungsmotto scheint zu sein: Bloß keine Abbildhaftigkeit und genaue Wiedererkennbarkeit. Fantasievoll ist das Bühnenbild von Natascha von Steiger: ein schräges Papp-und Holzdach, auf dem anfangs ungeschickt herum balanciert wird. Später wird es zur Wohnung oder Arbeitsstelle aufgeklappt, oder es wird, weil Anna Peter verlässt, auch die Rückwand umgeklappt und das Haus völlig ab gebaut.
Zurück bleibt eine Baustelle, denn alle, die auf der Suche nach Veränderung zum besseren sind, bleiben unbehaust. Für diese Tatsache steht auch die Figur der jungen Rumtreiberin Lydia, der Anne Müller eine wunderschön irisierende und irritierende Mehrdeutigkeit gibt. Sie springt aus dem Fenster, obwohl Peter sie wohl aufgabelte, um ihr zu helfen.
Wir sehen ein beredtes Gedankenstück, das zwischen die präzisen Mono- und Dialoge immer wieder epische Erklärungen und Reflektionen einschiebt. Wunderbar, wie sich hier Menschen mit Worten verfehlen oder ausweichen. Herrlich und so schrecklich wie komisch zugleich, wie Lydia kleine Welterklärungsreferate abliefert: über die Evolution, Amphibien oder Organismen, - auch hier geht es um Änderung und Veränderung.
Claudia Grehns Stück ist nicht einfach, es besitzt große, vor allem sprachliche Qualitäten, will aber oft auch zu viel bereden. Bei seiner Uraufführung am Berliner Maxim Gorki Theater geriet es an einen einfallsreichen Regisseur, der den Text klug kürzte, und an ein überzeugendes junges Ensemble, das ihn mit viel szenischem Leben erfüllte. Weder eine missglückte noch eine völlig gelungene Inszenierung war zu erleben, sondern, um es mit etwas verwaschenen Wörtern zu sagen, eine interessante und durchaus spannende.
Anna und ihre beiden Söhne haben sich aufgemacht nach Deutschland und die junge Frau des einen mit einem kleinen Kind zurückgelassen. Anna ist schwanger und fährt zu Peter, der der Vater ihres Kindes sein soll. Doch ihre Beziehung ist unklar und konfliktreich, und der beruflich scheiternde Peter läuft nachts durch die Straßen auf der Suche nach etwas, von dem er nichts genaues weiß. Die jungen Leute dagegen besitzen noch berufliche Illusionen, während sie Äpfel ernten und sich in Liebesbeziehungen verstricken oder sich ihnen verweigern.
Autorin Claudia Grehn und Lena Müller, die einige Texte beisteuerte, sind Jahrgang 1982. "Ernte" ist ein Stück mit klaren Figuren und einer deutlichen Handlung, das bei dieser Uraufführung zugleich merkwürdig undeutlich wirkt. Weil Regisseur Dominic Friedel jede Abbildhaftigkeit energisch vermeidet, wodurch nicht alle Personen deutlich und alle Situationen klar werden. Wenn hier jemand viel raucht, nebelt er sich mit dem Nebelwerfer ein, wenn Figuren weit entfernt sind, stehen sie nebeneinander und berühren sich, der Song "The times they are changing" wird auf holländisch gespielt und ein Patient im Krankenhaus mit der Schubkarre herumgefahren. Trotz dieser Einfälle wird die Inszenierung durch eine langsame, ausgestellte, ja unterspielende Darstellungsweise geprägt, wodurch sich das Stillstandsgefühl der Personen bald auf den Zuschauer überträgt. Der Regisseur vermeidet allen Realismus und jede Psychologie und überführt das wortwuchernde Stationendrama mit dessen oft bedeutungshuberischem Text in ein durchaus einfallsreiches, aber zugleich die Bezüge und Situationen arg verknappendes Spiel. Sein Inszenierungsmotto scheint zu sein: Bloß keine Abbildhaftigkeit und genaue Wiedererkennbarkeit. Fantasievoll ist das Bühnenbild von Natascha von Steiger: ein schräges Papp-und Holzdach, auf dem anfangs ungeschickt herum balanciert wird. Später wird es zur Wohnung oder Arbeitsstelle aufgeklappt, oder es wird, weil Anna Peter verlässt, auch die Rückwand umgeklappt und das Haus völlig ab gebaut.
Zurück bleibt eine Baustelle, denn alle, die auf der Suche nach Veränderung zum besseren sind, bleiben unbehaust. Für diese Tatsache steht auch die Figur der jungen Rumtreiberin Lydia, der Anne Müller eine wunderschön irisierende und irritierende Mehrdeutigkeit gibt. Sie springt aus dem Fenster, obwohl Peter sie wohl aufgabelte, um ihr zu helfen.
Wir sehen ein beredtes Gedankenstück, das zwischen die präzisen Mono- und Dialoge immer wieder epische Erklärungen und Reflektionen einschiebt. Wunderbar, wie sich hier Menschen mit Worten verfehlen oder ausweichen. Herrlich und so schrecklich wie komisch zugleich, wie Lydia kleine Welterklärungsreferate abliefert: über die Evolution, Amphibien oder Organismen, - auch hier geht es um Änderung und Veränderung.
Claudia Grehns Stück ist nicht einfach, es besitzt große, vor allem sprachliche Qualitäten, will aber oft auch zu viel bereden. Bei seiner Uraufführung am Berliner Maxim Gorki Theater geriet es an einen einfallsreichen Regisseur, der den Text klug kürzte, und an ein überzeugendes junges Ensemble, das ihn mit viel szenischem Leben erfüllte. Weder eine missglückte noch eine völlig gelungene Inszenierung war zu erleben, sondern, um es mit etwas verwaschenen Wörtern zu sagen, eine interessante und durchaus spannende.