Auf den Baustellen in Sankt Petersburg drehen sich die Kräne längst nicht mehr so schnell wie sonst, denn überall fehlen Arbeitskräfte. 30.000, heißt es beim Baukomitee der Stadt an der Newa. Die Firmen werben sich gegenseitig die Handwerker ab, was die Löhne und damit die Kosten in die Höhe treibt. Timur Muchamedow vertritt usbekische Zuwanderer in Russland. Er ist zufrieden.
"Die Verdienste sind stark gestiegen. Das höre ich auch von Arbeitsmigranten aus anderen Ländern. Sie verdienen jetzt mehr Geld, doppelt oder drei Mal so viel wie sonst."
Dass sich Migranten derzeit über höhere Einkünfte freuen können, liegt daran, dass viele Gastarbeiter wegen der Corona-Pandemie nicht nach Russland einreisen wollen oder dürfen. Insgesamt kamen aus Kirgistan zuletzt vier Prozent weniger Menschen, aus Usbekistan 29 Prozent und aus Tadschikistan 31 Prozent weniger nach Russland.
Die Einwanderung ist 2020 um rund 40 Prozent gesunken
Vor Corona waren es jedes Jahr zwischen neun und zwölf Millionen Wanderarbeiter. 2020, im ersten Jahr der Pandemie, verringerte sich ihre Zahl auf sechs Millionen, sagt Natalja Subarewitsch, Professorin für Wirtschafts- und Sozialgeographie an der Staatlichen Universität Moskau.
"Die Einwanderung sank im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2019 um rund 40 Prozent. Denn die Grenzen waren geschlossen. Und auch jetzt werden viele nicht reingelassen."
Obwohl in der Bau- wie auch in der Landwirtschaft dringend ausländische Helfer gebraucht werden, möchte die russische Regierung die Zahl der Migranten weiter reduzieren, und zwar um eine Million. So viele Gastarbeiter halten sich nach Auskunft des Innenministeriums ohne gültige Papiere in Russland auf.
Kürzlich bei einer Tagung der GUS-Länder, also der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten, ging es um illegale Arbeitsmigration nach Russland. Der stellvertretende russische Innenminister Alexander Gorowoj warnte Einwanderer ohne Aufenthaltserlaubnis: Bis zum 15. Juni müssten sie Russland verlassen haben und er appellierte an die Innenminister der anderen GUS-Staaten:
"Kollegen, ich wende mich mit einer Bitte an Sie. In meinem Land leben viele Ihrer Bürger ohne gültige Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis. Wenn wir die Zahl dieser Migranten nicht reduzieren, dann werden, so sieht es die Anweisung des Präsidenten vor, diese Menschen bestraft, bis hin zur Ausweisung und Schließung der Grenzen. Ich möchte, dass sie in ihren Ländern mit Hilfe der Massenmedien und Blogger darauf hinwirken, dass wir keine Maßnahmen gegen ihre Bürger anwenden müssen."
Nach dem Zerfall der Sowjetunion beginnen die Probleme
Was für die Eingewanderten ohne Papiere bedrohlich klingt, bewertet Swetlana Gannuschkina von der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial überraschend positiv. Memorial gehört zu den Nichtregierungsorganisationen, denen das russische Justizministerium schon 2012 den diffamierenden Stempel "ausländischer Agent" verpasste.
Memorial hält sich mit Kritik an der russischen Regierungspolitik nicht zurück – doch die jüngsten Entscheidungen zur Migrationspolitik gehen aus Sicht der Menschenrechtsaktivistin in die richtige Richtung.
"Zu Beginn der Pandemie wurden eine Reihe von Gesetzen verabschiedet, unter ihnen der Ukas des Präsidenten, der wirklich sehr richtig war. Das sage ich selten, aber es war so. Denn Menschen, die illegal in Russland sind, können ihre Aufenthaltsdauer verlängern, und wer in sein Heimatland zurückkehren möchte, aber früher keine Möglichkeit dazu hatte, dem wird jetzt geholfen auszureisen."
Die Arbeitskräfte, ohne die die russische Wirtschaft kaum vorankommt, stammen vor allem aus den Zentralasiatischen Republiken Usbekistan, Tadschikistan und Kirgistan, aber auch aus Armenien und Aserbaidschan, alles unabhängige Staaten, die früher der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken angehörten, der UdSSR.
Bis zu deren Zerfall im Dezember 1991 waren sie somit Bürger der Sowjetunion. Viele realisierten lange nicht, dass sie als Usbeken, Tadschiken oder Kirgisier nicht automatisch russische Staatsbürger waren. Diejenigen, die bereits in Russland lebten, versäumten es oftmals, ihre Staatsangehörigkeit und ihren Aufenthaltsstatus zu klären. Viele kamen so mit russischen Gesetzen in Konflikt.
"Einige Arbeitgeber haben das ausgenutzt und diese Menschen wie Sklaven gehalten. Sie gaben ihnen keine Arbeitsverträge. Man versprach ihnen hohe Löhne, die aber nicht gezahlt wurden, denn hinter jedem, der sich beklagte, stand eine ganze Armee von anderen Jobsuchenden."
Überfüllte Abschiebegefängnisse,
Die Coronakrise hat nicht nur gezeigt, wie dringend die russische Wirtschaft auf die Arbeitsmigranten angewiesen ist. Sie hat die Aufmerksamkeit auch auf ein anderes, bisher ignoriertes Problem gelenkt: die überfüllten Abschiebegefängnisse. In dieser Angelegenheit gebe es endlich Bewegung, sagt die vielfach ausgezeichnete Migrationsexpertin der Menschenrechtsorganisation Memorial, Gannuschkina.
"Das Gesetz sieht vor, Ausländer, die die Aufenthaltsbestimmungen verletzt haben oder unrechtmäßig in Russland arbeiten, auszuweisen. Diese Menschen kamen erstmal in Haftanstalten. Doch sie wurden einfach nicht abgeschoben. Niemand kümmerte sich. Offiziell darf niemand länger als zwei Jahre in einem solchen Abschiebegefängnis sitzen, aber oft wurden die Menschen viel länger dort festgehalten. Doch angesichts der Corona-Pandemie drohen diese Einrichtungen jetzt zu Brutstätten für das Virus zu werden."
Für viele, die seit Monaten oder gar Jahren in solchen Gefängnissen ausharren, rückt die Abschiebung jetzt näher, manche haben Russland bereits verlassen. Die Betroffenen reagieren durchaus erleichtert, weil sich ihre ungelöste Situation endlich klärt. Doch für diejenigen, die weiter legal in Russland arbeiten wollen, gibt es immer noch Hürden. Die wichtigste steht auf Seiten der Arbeitgeber, sagt Swetlana Gannuschkina:
"Es heißt immer, die Arbeiter wollten sich nicht offiziell anmelden. Aber das stimmt nicht. Denn die Arbeiter haben ein Interesse daran, dass ihr Status legal ist, damit sie nicht mehr erpressbar sind. Sie wollen Arbeitsverträge und sich offiziell registrieren lassen. Und auch Steuern zahlen. Diejenigen, die die Steuern umgehen wollen, sind die Arbeitgeber."
57 Milliarden Rubel, das sind weit über 600 Millionen Euro, zahlten ausländische Arbeiterinnen und Arbeiter allein im Jahr 2018 an den russischen Staat für ihre Arbeitserlaubnis. Diese Bescheinigungen, auch Patente genannt, müssen Monat für Monat neu gekauft werden - und trotzdem haben die Arbeitswilligen damit noch keinen vollständig legalen Status in Russland.
"Für Gastarbeiter aus den Ex-Sowjetrepubliken gibt es diese sogenannten Patente, die Arbeitserlaubnis, die ganz unabhängig vom Arbeitgeber erteilt wird. Man muss eine Prüfung ablegen und einmal 40.000 Rubel bezahlen, das sind 450 Euro. Und danach jeden Monat 5.000 Rubel, also rund 55 Euro. Aber um wirklich legal zu arbeiten, braucht man zusätzlich zum sogenannten Patent einen Arbeitsvertrag, den die Arbeitgeber ihrerseits jedoch oft nicht abschließen wollen."
"Nichts anderes als organisierte Sklavenarbeit"
Bachrom Chamrojew ist Anwalt in Moskau und ein wichtiger Ansprechpartner für Migrantinnen und Migranten vor allem aus den östlichen ehemaligen Sowjetrepubliken. Seiner Auffassung nach sind seine Klienten, auch wenn sie eine gültige Aufenthaltserlaubnis haben, de facto vollkommen rechtlos.
"Es gibt überhaupt keinen Schutz für Migranten, wirklich keinen. Das ganze System, Arbeitskräfte aus Zentralasien nach Russland zu holen, ist nichts anderes als organisierte Sklavenarbeit."
Es habe viele Jahre gedauert, ehe überhaupt gesetzliche Regelungen für die Gastarbeiter erlassen wurden, erklärt Swetlana Gannuschkina. Nachdem sich die Sozialistischen Sowjetrepubliken vor 30 Jahren für unabhängig erklärten, wurden deren Staatsangehörige in Russland zunächst noch nicht als Ausländer betrachtet. Zumindest in den ersten Jahren war das so, erinnert sich die Aktivistin, die sich seit Jahrzehnten für die Rechte von Migranten einsetzt, und dafür den Alternativen Nobelpreis erhielt.
"Dieses System der illegalen Arbeit entstand erst 2002, mit einer Gesetzgebung, die legale Arbeit fast völlig verhinderte. Bis dahin wurden die Bürger aus den ehemaligen Sowjetrepubliken wie zu Zeiten der UdSSR angestellt, das war noch zehn Jahre lang nach dem Zerfall der Sowjetunion so. Aber dann wurden die Leute aus den Ex-Sowjetrepubliken den Ausländern aus Afrika, Europa, woher auch immer, gleichgestellt. Die Leute dachten, dass sie als ehemalige Sowjetbürger automatisch die russische Staatsbürgerschaft haben würden, aber das war nicht so, darum mussten sie sich aktiv bemühen. Und in dieser Zeit entstand ein ganzes Heer von illegalen Migranten."
Die Migrantinnen und Migranten haben die juristische Unterstützung bitter nötig. Anwalt Bachrom Chamrojew berichtet von vielen Anfragen und Hilferufen, die ihn erreichen.
"Mir schreibt jemand aus Tadschikistan, der hier mit mehreren Landsleuten eine Wohnung angemietet hat. Eines Morgens, um vier Uhr, kamen mehr als 20 Männer der OMON-Sonderpolizei mit Masken und Hunden und durchsuchten die Räume. Die Migranten sitzen jetzt in der Lubljanka und müssen mit einer Anklage wegen Terrorismus oder Extremismus rechnen."
Zu fünft in einem kleinen Raum
Die Lubljanka ist das Hauptquartier des russischen Geheimdienstes FSB, des früheren KGB, in dem sich ein ausgedehntes Gefängnis befindet, das sich bis in die Kellerräume erstrecken soll.
"Die Migrationspolizei, die zu Razzien anrückt, hält in aller Regel die Hand auf und zieht dann wieder ab. Man nennt es Korruption. Für die Arbeitgeber ist es viel billiger, die Beamten zu schmieren, damit die ein Auge zudrücken, als Steuern zu zahlen. Und im Ergebnis werden nicht die Arbeitgeber bestraft, sondern die Arbeiter."
Laut einer Statistik der Vereinten Nationen stand Russland 2019 mit der Aufnahme von rund zwölf Millionen ausländischer Arbeitssuchender an vierter Stelle weltweit. Die USA sind bei Einwanderern noch immer das beliebteste Land: Fast jeder fünfte Migrant lebt in Amerika. Russlands Wirtschaft braucht die Arbeitskräfte und bekommt sie auch, und das, obwohl die Gastarbeiter keineswegs mit offenen Armen empfangen werden.
Nicht nur in den Millionenstädten Moskau und Sankt Petersburg bleiben die Gastarbeiter unter sich. Auch in kleineren Orten leben sie meist in Sammelunterkünften, nicht selten direkt an den Arbeitsorten, zum Beispiel in unmittelbarer Nähe zu den Baustellen, auf denen sie oft tätig sind.
"Hier schlafe ich", sagt Schumkarbek Esenschan Ullu aus Tadschikistan in einer Reportage des russischen Internet-TV-Senders Doschd. Das Bild zeigt ihn, wie er auf die untere Etage eines Doppelstockbettes weist. Auf dem blanken Boden sind weitere drei Matratzen ausgerollt, denn sie leben zu fünft in dem kleinen Raum.
Der Tadschike wirkt gutmütig. Er ist groß, um die 30 und liefert als Kurier Essen aus. Er arbeitet fleißig, macht oft Doppelschichten, denn er möchte für seine Hochzeit sparen.
"Deswegen nehme ich nie freie Tage. Wenn ich in einem Monat 10.000 Rubel verdiene, schicke ich 3000 oder 4000 nach Hause, manchmal verdiene ich mehr, dann überweise ich auch mehr."
Monatsverdienst liegt zwischen 30 und 300 Euro
Zwischen 30 und 300 Euro liegt der Verdienst dieses jungen Tadschiken für einen Monat Essen ausfahren, ohne einen einzigen freien Tag. In den Lieferdiensten heuern deshalb kaum russische Staatsbürger an. Den ausländischen Kurieren werde ganz gezielt Geld vorenthalten und gegen diese Methoden wehrten sie sich jetzt, erzählt Said Schamchalow, der Ko-Vorsitzende der Gewerkschaft der Kuriere dem TV-Sender Doshd.
"Im Sommer haben wir gestreikt, denn uns reichte es mit diesem System, das die Fahrer ständig für irgendetwas bestraft. Ein Drittel des Lohnes wird ihnen regelmäßig abgezogen wegen angeblicher Vergehen. Zum Beispiel, wenn man eine Bestellung aus einem anderen Einzugsbereich aufnimmt, zahlt man 300 Rubel Strafe, oder man verlangt, dass die Kuriere Winterjacken der Firma tragen. Aber man gibt ihnen diese Jacken gar nicht. Sie bekommen sie nicht, können sie also auch nicht tragen und dann sollen sie trotzdem 5000 Rubel Strafe zahlen."
Fast acht Prozent des russischen Bruttosozialprodukts erarbeiten die internationalen Migranten, berichtet die Wirtschafts- und Sozialkommission der Vereinten Nationen. Das Geld, das sie in ihre Heimatländer senden, summiert sich ordentlich. In Tadschikistan machen die Rücküberweisungen 33 Prozent des Bruttosozialproduktes aus, in Kirgistan 30 und in Usbekistan 15 Prozent. Doch in Russland bleibt den ausländischen Arbeitskräften jede Anerkennung verwehrt. Die ehemaligen sowjetischen Brüder und Schwestern sind sich fremd geworden.
Die russische Gesellschaft profitiert zwar von der oft niedrig bezahlten Arbeitskraft, aber sie schätzt die, die sie verrichten, kaum. Zu hören war dies, nicht nur als Einzelmeinung, auch in einer Sendung mit Publikumsbeteiligung beim russischen TV-Kanal OTR, als unter anderem eine Zuschauerin aus Nischni Nowgorod zu Wort kam.
"Ich möchte etwas über Migranten sagen. Ich habe eine sehr schlechte Einstellung ihnen gegenüber. Ich wohne im Zentrum von Nischni Nowgorod, wir haben auf Schritt und Tritt Stände, an denen Migranten Trockenfrüchte verkaufen. Man kann keine fünf Schritte gehen, ohne auf ein anderes Zelt zu stoßen. Das Stadtzentrum hat sich in eine Zeltstadt verwandelt. Junge Leute sind das. Nicht nur einer, sondern zwei, drei pro Stand. Sie wollen nicht auf der Baustelle arbeiten, sie wollen nur Handel treiben, leichtes Geld verdienen. Unseren Hof putzen Tadschiken, sie wechseln ständig. Sie putzen auf eine hässliche Art und Weise. Die Straßen in der Nähe, wo die Russen putzen, sind sauber."
Vorurteile halten sich hartnäckig
Aufsehenerregende Razzien auf Baustellen vermitteln der Öffentlichkeit den Eindruck, dass Migranten besonders häufig straffällig werden. Doch 2019 wurden in Moskau lediglich vier Prozent der Straftaten von Gastarbeitern begangen, russlandweit waren es nicht einmal zwei Prozent. Das verbreitete Vorurteil ist jedoch, dass die Mehrzahl der Verbrechen von Migranten verübt wird.
"Die letzte Volkszählung hat ergeben, dass es 156.000 Dörfer in Russland gibt. In zehn Prozent dieser kleinen Orte lebt niemand mehr. In jedem vierten Dorf wohnen nicht einmal mehr zehn Personen", mahnt der Politologe Dmitri Oreschkin, der schon seit langem versucht, seine Landsleute davon zu überzeugen, dass Russland Einwanderung dringend braucht.
Der Experte verweist auf die Vereinigten Staaten. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts sei die Bevölkerung der USA und Russlands innerhalb ihrer heutigen Grenzen gleich gewesen - jeweils etwa 75 Millionen Menschen. Heute lebten in den Vereinigten Staaten 330 Millionen Menschen, in Russland sind es 146 Millionen. Die amerikanische Bevölkerung hat sich also vervierfacht, Russlands Einwohnerzahl hingegen hat sich nicht einmal verdoppelt. An Migration führe also kein Weg vorbei, sagt der Politologe - doch wenn sie erfolgreich sein soll, müsse sich die Haltung der Russinnen und Russen zu denen, die kommen, grundlegend ändern.
"Den Menschen hier muss beigebracht werden, dass ein Migrant auch ein menschliches Wesen ist. Außerdem ist er nützlich, weil er in einem anderen Land geboren wurde, aufgewachsen ist, dort seine medizinische Versorgung und Ausbildung erhalten hat und jetzt hier arbeitet. Natürlich ist er ein Konkurrent auf dem Arbeitsmarkt. Aber es ist die Aufgabe der Regierung, ein günstiges Anpassungsklima zu schaffen, mit einer vernünftigen Politik."
Corona hat für Solidarität gesorgt
Die Moskauer Professorin Natalja Subarewitsch fordert, in die Zugewanderten zu investieren, vor allem, wenn sie noch keine fertigen Fachkräfte seien.
"Es geht darum, vor allem qualifizierte Zuwanderer anzuwerben. Wenn aber gering Qualifizierte kommen, dann müssen sie in den notwendigsten Berufen ausgebildet werden und Sprachunterricht erhalten. Wir können uns nicht nur auf Personen aus der "russischen Welt" beschränken. Auch wenn mich die Hörer umbringen: Aber wir werden ohne Migration nicht wachsen. Es gibt in der Weltgeschichte kein Land, das wirtschaftlichen Erfolg und schnelles Wachstum mit einer zugleich schnell schrumpfenden Bevölkerung hatte."
Die so dringend benötigten Arbeitskräfte erleben in Russland bislang aber alles andere als eine Willkommenskultur. Swetlana Gannuschkina von Memorial kennt die verbreiteten Ressentiments seit Jahrzehnten. Doch manches wende sich gerade zum Positiven:
"Corona hatte auch etwas Gutes: Das Virus wirkte wie ein gemeinsamer Feind, es hat die Menschen solidarischer gemacht. Die Hilfsbereitschaft gilt auch den Migranten. Unsere Organisation bekam sehr viel mehr Spenden als sonst und wir konnten große Essenspakete an die ausländischen Bedürftigen verteilen."
Für die 79-jährige unermüdliche Aktivistin von Memorial zumindest ein kleines Licht am Ende des Tunnels.