Nach Ansicht der Bundesarbeitsministerin bringt das Konzept ausschließlich Verbesserungen gegenüber der heutigen Rechtslage. Es verfolge drei Ziele: Die Hauptursachen für Altersarmut sollen beseitigt werden, die Menschen sollen ihren bisherigen Lebensstandard auch im Alter erhalten können, und das Konzept solle Sicherheit und Verlässlichkeit auch über das Jahr 2030 bieten.
Bisher ist gesetzlich geregelt, dass das derzeitige Rentenniveau von 48 Prozent des Durchschnittseinkommens bis 2030 nicht unter 43 Prozent sinken soll. Das reiche jedoch nicht aus, sagte Nahles. Sie schlägt daher vor, diese "Haltelinie" von 43 auf 46 Prozent zu erhöhen, und zwar bis zum Jahr 2045. Das schaffe Planungssicherheit und verhindere, dass sich Renten und Löhne auseinanderentwickelten. Dies müsse aber gerecht finanziert werden, ohne die heutigen Beschäftigten zu überfordern, die die Beiträge zur Rentenversicherung ja aufbringen müssten, so die Ministerin. Deshalb soll der Beitragssatz nach ihrem Konzept bis 2045 nicht über 25 Prozent steigen. Bisher ist festgelegt, dass der Beitragssatz bis 2030 nicht über 22 Prozent steigen darf. Nahles plant also eine Erhöhung: "Die doppelte Haltelinie schafft Verlässlichkeit".
Nach Ansicht der SPD-Politikerin muss die Rente zudem künftig stärker aus Steuern finanziert werden. Das könne mit einem "Demografiezuschuss" geschehen, sagte sie. Ab 2030 solle er bis zu 4,5 Milliarden Euro jährlich betragen - und knapp acht Milliarden Euro ab 2040.
Union lehnt Nahles Vorschläge ab
Beim Rentengipfel im Kanzleramt am Donnerstagabend trug die Runde der Partei- und Fraktionsvorsitzenden von CDU, CSU und SPD das Konzept der Arbeitsministerin nicht mit. "Es ist gestern eine Chance verpasst worden, nämlich dass wir uns verständigen auf eine doppelte Haltelinie", sagte Nahles. "Die Union hat sich gestern dagegen entschieden." Nahles äußerte sich nicht dazu, ob die SPD mit dem Vorschlag nun in den Bundestagswahlkampf gehe.
Unions-Fraktionschef Volker Kauder sagte, er sehe nach den Beschlüssen der Koalition kein Potenzial mehr für einen harten Rentenwahlkampf im nächsten Jahr. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt dagegen betonte, im Wahlkampf würden alle Themen besprochen, die die Menschen bewegten. Für die CSU bleibe zum Beispiel die Mütterrente auf der Tagesordnung, auf die sich die Koalition am Donnerstag ebenfalls nicht einigen konnte.
Einigung auf Angleichung der Ostrenten - und Streit über Finanzierung
Eine Einigung gab es bei der Angleichung der Renten in Ost- und Westdeutschland bis 2025 sowie bei Verbesserungen für Erwerbsgeminderte und bei den Betriebsrenten. Allerdings bahnt sich hier schon ein Streit an: Unions-Fraktionschef Kauder sagte, die Angleichung der Ostrenten werde aus Rentenbeiträgen bezahlt. Bundesarbeitsministerin Nahles widersprach: "Da gibt es überhaupt kein Vertun, dass das aus Steuermitteln bezahlt wird."
SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann, der an den Beratungen beteiligt war, nannte den Beschluss fair und tragbar - sowohl für Rentner als auch für Arbeitgeber. Auch der Rentenexperte der Union, Jens Spahn, sprach von einer guten Nachricht. Im Interview mit dem Deutschlandfunk räumte er allerdings ein, dass die Angleichung über einen längeren Zeitraum vollzogen werde als ursprünglich vorgesehen.
Gemischte Reaktionen der Opposition
Bei der Opposition stieß die Rentenangleichung bis 2025 auf ein geteiltes Echo. Die Grünen-Abgeordnete Kerstin Andreae sprach im Südwestrundfunk von einem im Grundsatz richtigen Vorschlag. Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch kritisierte hingegen im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur, die Koalition habe es einmal mehr versäumt, die Rente armutsfest zu machen. FDP-Chef Christian Lindner meinte, Union und SPD hätten sich auf das Einzige verständigt, was sie verbinde, nämlich Mehrausgaben. Gesamtmetall-Geschäftsführer Oliver Zander sagte, es sei bemerkenswert, wie die Koalition dem Populismus trotze und versuche, Ruhe in das komplizierte Thema Rente zu bringen. Er lobte insbesondere die Pläne zur Stärkung der Betriebsrente.
(nin/am)