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Arbeitsplatzanbieter WeWork
Schöne, neue Arbeitswelt für Millennials

Junge Kreative in den Großstädten zieht es nicht unbedingt ins Büro mit Festanstellung und festen Arbeitszeiten. Ein Platz mitten in der Stadt, um zu arbeiten, vielleicht mit Gleichgesinnten drumherum, wollen viele aber trotzdem. Das bieten Arbeitsplätze zur Miete. Dort locken auch Networking und hippes Ambiente.

Von Pia Rauschenberger |
    WeWork-Office in Shanghai, China
    Ein Arbeitsumfeld, das nicht nach Arbeit aussieht: Für viele sind sogenannte Co-Working-Spaces eine Alternative zum eigenen Büro. Im Bild: WeWork-Standort in Shanghai (picture alliance / Bai Kelin/Imaginechina/dpa)
    Zehn Minuten vom Frankfurter Hauptbahnhof entfernt in einer schicken Einkaufsstraße liegt der Standort von WeWork. Obwohl Standort kein Wort ist, das in dem modernen Gebäude irgendwer benutzen würde. Hier spricht man von der Hot-Desk oder der Dedicated Area, heißt es hier für bestimmte Arbeitsbereiche. Seit Dezember gibt es WeWork in Frankfurt. Was ist WeWork?
    "Yeah, that's a great question. We're actually not a Co-Working-Space, we are actually a global network of Workspaces where a Companies and people can grow together", sagt WeWork-Manager Wybo Wijnbergen, ein 34-jähriger Niederländer. Was WeWork anbietet, sieht aber doch erst mal nach Co-Working aus: ein Schreibtisch oder ein Büro in einem Komplex, in dem viele Menschen an ihren Projekten arbeiten.
    "We are providing culture and way more than just office space. So a WeWork building, a WeWork community absolutely has a positive effect on recruitment invention productivity. It's not only about requiring office space or a free coffee but it also includes Yoga."
    Arbeit und Ambiente
    Es geht nicht nur um kostenlosen Kaffee hier, aber den gibt es natürlich auch. In einem weitläufigen Raum mit einer Küche, einer Bierzapfanlage, Tische mit Leselampen, ähnlich wie in einer modernen Bibliothek, nur dass die Tische vermutlich teurer waren. In einer Ecke: schicke Sofas. An der Decke Designlampen, der Fußboden: Parkett.
    "Beispielsweise das St. Oberholz in Berlin, so die ursprüngliche Idee von Co-Working, wo sich Leute mit dem Laptop ins Café setzen. Damit hat das, was wir heute beobachten, zum Beispiel bei WeWork, nicht mehr viel zu tun", sagt Matthias Pink vom Immobilien-Dienstleistungsunternehmen Savills.
    "Es ist ein professionelles Konzept, bei dem nur noch ein kleiner Teil der gesamten Fläche dieses CoWorking im eigentlichen Sinne ist, nämlich wo viele Leute im Großraum sitzen."
    Codewort: Serendipity
    Die meisten WeWork-Büros werden von Firmen angemietet. Teilweise für ganze Abteilungen. In Deutschland gibt es WeWork in Berlin, Hamburg, Frankfurt und bald auch in München. Das Konzept kommt aus den USA. Dort gibt es die Idee sogar schon als WeLive, gemeinsames Wohnen. Networking auch nach Feierabend.
    "Ich bin Human Nagafi." Human Nagafi trägt eine Kappe mit einem 'H' darauf und sitzt mit vier anderen Menschen in den Dreißigern in einem gläsernen Büro im Büroflügel.
    Ich habe zusammen mit meinem Team ein Beratungs-Startup gegründet, wir heißen 1789 Innovations-AG, unser Fokus ist im wesentlichen, neue Strukturen, neue Organisationsmodelle, neue Arten der Zusammenarbeit zu definieren für das digitale Zeitalter."
    Dafür war WeWork der richtige Platz um zu starten, erzählt Nagafi. Schon allein, weil er Mitarbeiter in verschiedenen Städten beschäftigt und die alle in einer ähnlichen Bürokultur arbeiten. Aber die Hauptsache ist - natürlich - das Networking.
    "Zum Beispiel Lisi, die gerade hier vorne links sitzt, die war letzte Woche noch Freelancerin und saß hinten in dem Dedicated-Desk-Bereich. In einem Event haben wir uns kennengelernt. Sie hat verstanden, was wir machen. Wir haben verstanden, was sie macht. Bis dahin, dass wir jetzt sagen, dass sie bei uns anfängt. Das hat sich einfach so ergeben. Dort ist der Begriff das Thema serendipity."
    Aus Zufall entsteht etwas Neues, Unerwartetes
    Serendipity. Serendipität. Eine zufällige Begebenheit, die man ursprünglich nicht gesucht hat.
    "Dass, wenn die richtigen Sachen zusammen richtig liegen, so was einfach entstehen kann. Man kann es nicht vorher planen; der Rahmen muss stimmen. Und das ist hier ganz cool gemacht."
    "If you look at the millennials who are entering the workforce, they are really looking for a connection and a way of changing work and life balance. They don't see the office space as the place where they go to work and then go home."
    Für den WeWork-Manager Wybo Wijnbergen ist es ein Idyll: Hippe, professionelle Kollegen, die 14 Stunden am Tag in einem Umfeld arbeiten, das nicht nach Arbeit aussieht.
    Für diese schöne neue Arbeitswelt begeistern sich offenbar genug Menschen, denn WeWork expandiert und wird im kommenden Jahr noch mehrere neue Standorte eröffnen. Aber diese Form zu arbeiten, in schicken Büros mit Leuten, die man auf Events trifft, das kann sich ein prekärer Freelancer mit wechselnder Auftragslage wohl kaum leisten.
    Für ein Mitglied, das im Hot-Desk-Bereich arbeitet, also ohne festen Schreibtisch, nimmt WeWork satte 350 Euro pro Monat. In selbstorganisierten CoWorking-Büros kann man das noch für etwa 100 Euro bekommen - selbst in Berlin.
    Die Toplagen im Blick
    Große CoWorking Firmen seien inzwischen eine relevante Größe auf dem Bürovermietungsmarkt, heißt es bei Savills. Wenn Firmen wie WeWork den Büromarkt kapern, wird der Platz dann knapp für alle anderen CoWorker? Werden sie verdrängt? Immobilienexperte Matthias Pink sieht keine Gefahr durch WeWork und Co.
    "Die gehen in die guten Lagen. Entweder in die Topstandorte in den Innenstädten. Sei das in Frankfurt auf der Zeil, sei das in Berlin am Potsdamer Platz."
    Die Konkurrenz bestehe eher zu großen Anwaltskanzleien, die sich auch die teuren Standorte leisten können. Andreas Wende sieht das ähnlich. Er arbeitet bei ZIA, einem Interessenverband der Immobilienbranche. Der Büromarkt sei zwar angespannt, aber:
    "Ich empfinde das eigentlich als einen großen Gewinn für eine Stadt, in den innerstädtischen Bereich, mitten in die Fußgängerzone, Arbeitsplätze reinzubringen, wo man sonst gar keine neuen Arbeitsplätze reinbringen kann."
    Komfortzonen sind diese Büros aber nicht gerade. Der Quadratmeterpreis ist hoch, deshalb werden die Büroräume klein gehalten. Die Mitglieder bekommen durch die luxuriöse Ausstattung trotzdem das Gefühl: hier trifft man die richtigen Leute, mit denen man sich beim lockeren Pingpong und Bier trinken vernetzen kann.
    "In den ersten Wochen haben sich dann ein paar Startups dahinten gefunden und haben angefangen, Bierpong zu spielen und dann kommt dann irgendwie so in den Austausch", sagt Startup-Gründer Human Nagafi.
    Teil der Erfolgsrezepts von WeWork ist es, dass die CoWorker an die Idee glauben: Die "richtigen Menschen" zur "richtigen Zeit" zu treffen. Wer einmal 'Member' ist, kann sich nicht nur auf Events, sondern auch auf einer eigenen Plattform mit anderen treffen. Ein globales Netzwerk, schicke Sofas, Beleuchtungskonzepte, Yoga - serendipity halt…