"Vielen Dank!" Yolandi lächelt, fährt den Greifarm aus, nimmt ein Kärtchen und schreibt ihren Namen darauf. "Hier ist meine Karte!"
"Diese Dame hier ist schon als Roboter so eingebildet, dass sie ihre eigenen Setcards hat und eben dann auch Autogrammstunde macht."
Mathias Krinke hat Yolandi entwickelt, einen humanoiden Roboter der vierten Generation: 120 Kilo schwer, höhenverstellbar, flexibel und zuverlässig einsetzbar – für die Überprüfung kleiner elektrischer Bauteile zum Beispiel.
Roboter zur Miete vom Berliner Start-up PI4
"Das heißt, sie hat ein Tablett vor sich stehen mit elektronischen Bauteilen, nimmt die dann, steckt die in eine Prüfvorrichtung, drückt dann einen Knopf – sodass also die Prüfung gestartet wird. Dann nimmt sie das Ganze raus, erkennt dann die rote, grüne Lampe und sortiert das entsprechend wieder weg. Und kann sie eben, deswegen kann sie ja auch schreiben, tatsächlich noch händisch ein Prüfprotokoll ausfüllen und sagen: So und so viele Teile waren gut und so und so viele Teile haben den und den Fehler gehabt."
Über 100 Roboter hat das Berliner Start-up PI4 bislang auf den Markt gebracht. Die billigste Ausführung von Yolandi gibt es schon für 20.000 Euro – erschwinglich nicht nur für Großkonzerne, sagt Firmenchef Krinke.
"Das ist also wirklich für ganz kleine Unternehmen auch eine interessante Geschichte. Und sie müssen es eben nicht mehr kaufen, sie können es anheuern und 16 Euro pro Stunde bezahlen."
Arbeitsplätze der Mitarbeiter und den Standort Europa sichern
Krinke hat nämlich auch eine Zeitarbeitsfirma für humanoide Roboter gegründet. Man kann Yolandi also auch mieten: für Stunden, Tage oder auch Monate, je nach Bedarf.
"Ziel ist ja letzten Endes für unsere Kunden und für uns kostengünstig zu produzieren am Standort Europa und die Produktion auch hier zu halten. Und es gibt immer noch genug Arbeit, die Roboter nicht machen können. Und damit sichern wir im Endeffekt dann auch die Arbeitsplätze der Mitarbeiter und auch den Standort Europa."
Die neuen Roboter könnten gerade kleinen und mittleren Unternehmen helfen, Kosten zu reduzieren, glaubt Krinke. Bernhard Rohleder geht noch einen Schritt weiter: Industrien, die vor Jahrzehnten abwanderten, weil die Lohnkosten in Deutschland zu hoch waren, könnten zurückkehren, sagt der Geschäftsführer des Branchenverbands Bitkom und nennt die Textilbranche als Beispiel:
Berufe, für die wir heute gar keine Namen haben
"Wir werden mit intelligenten Nährobotern in Zukunft in der Lage sein, solche Tätigkeiten wieder in Deutschland auszuüben. Und dann brauchen Sie jemanden, der in der Lage ist, eine solche Halle zu steuern und der den entsprechenden Service an den Nährobotern vollzieht. Das sind Berufe, für die wir heute gar keine Namen haben, aber es sind Tätigkeiten, von denen wir heute schon wissen, dass wir sie dringend brauchen."
Der Lagerarbeiter wird verschwinden
Die Digitalisierung der Wirtschaft ist eine große Chance für die deutsche Wirtschaft, sagt Rohleder. Aber: Es wird auch Verlierer geben.
"Es gibt einfache Tätigkeiten, die verschwinden werden, wie zum Beispiel der Lagerarbeiter, weil wir in Lagern Roboter haben werden, die das, was gebraucht wird, in der Produktion dort finden, wo sie es suchen und dann dort hin bringen, wo es gebraucht wird."
Droht also demnächst wieder Massenarbeitslosigkeit? Nehmen Roboter und vernetzte Maschinen den Arbeitern die Jobs weg?
"Natürlich ist das Rationalisierungstechnologie, die Arbeitsplätze kostet. Auf der anderen Seite gibt es Chancen, dass sich neue Geschäftsmodelle entwickeln, die Arbeitsplätze bringen. Das war die Erfahrung auch vergangener industrieller Revolutionen," sagt IG Metall-Chef Jörg Hofmann. Er weiß: Verhindern können die Gewerkschaften die technologische Entwicklung nicht, also müssen sie sie mitgestalten.
Roboter könnten die Arbeitswelt humaner und sicherer machen
"Innenausbau im Fahrzeugbau, irgendwelche Gummistöpsel über Kopf zu stecken in der Acht-Stunden-Schicht, im Minutentakt – das ist nicht ordentlich menschengerecht gestaltbar. Dort mit Leichtbaurobotern zu agieren, ist eine Perspektive auch der Humanisierung der Arbeitswelt."
Gute Chancen in der Arbeitswelt von morgen haben die gut Ausgebildeten, die die neuen Technologien bedienen können. Schwierig aber könnte es für die werden, deren Kenntnisse gering oder inzwischen überholt sind.
"Die Beschäftigungsstruktur verschiebt sich weg von den einfachen Jobs. Ohne Qualifikation wird man es immer schwerer haben", sagt Karl Brenke, Arbeitsmarktexperte am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung DIW.
Mehr in die Weiterbildung älterer Mitarbeiter investieren
Wie aber schaffen die, die heute in der Werkshalle stehen, die an Maschinen gelernt haben, die es längst nicht mehr gibt, den Sprung in die digitalisierte Welt von morgen?
"Unternehmen investieren in Weiterbildung, aber sie investieren zu wenig in Weiterbildung, erstens. Und zweitens: viel zu wenig in die Weiterbildung älterer Mitarbeiter. Es gibt leider viele Unternehmen, die sagen bei Mitarbeitern ab 50 Jahren lohnt sich Weiterbildung nicht mehr. Eine fatale Entwicklung." Findet auch IG Metall-Chef Hofmann. Viele Beschäftigte könnten den Sprung in die digitale Welt verpassen, fürchtet der Gewerkschafter.
"Weil darin entscheidet sich im Wesentlichen: Führt die Digitalisierung zu einer weiteren Abspaltung und Prekärisierung von Teilen der Beschäftigten – oder dient es dazu mit, dass wir sichere und humane Jobs für viele schaffen?"