Laufend wird unser Planet durch schnelle Teilchen aus dem All bombardiert, der kosmischen Strahlung. Schlägt diese in der Atmosphäre ein, entstehen Elementarteilchen namens Myonen, quasi die schweren Brüder der Elektronen. Diese Myonen regnen dann als regelrechte Schauer auf die Erde hinab, was sich mit speziellen Detektoren nachweisen lässt.
Einem Team aus japanischen, französischen und ägyptischen Forschern ist mit diesen Myonen nun etwas Verblüffendes gelungen: Sie konnten damit die große Pyramide von Gizeh regelrecht durchleuchten und präsentieren heute im Wissenschaftsmagazin "Nature" ein spektakuläres Resultat.
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139 Meter hoch und viereinhalbtausend Jahre alt – die Cheops-Pyramide ist die größte und bekannteste Pyramide der Welt. Wie es in ihrem Inneren aussieht – davon weiß man einiges: Vor langem schon wurden zwei Grabkammern entdeckt, sowie ein mächtiger Treppenaufgang, die Große Galerie. Doch birgt die Pyramide noch Geheimisse, gibt es womöglich weitere, bislang unentdeckte Kammern? Das fragte sich ein Team aus Archäologen und Physikern – und beschloss, das gewaltige Bauwerk mit einer ungewöhnlichen Methode regelrecht zu durchleuchten.
Zerstörungsfreie Analysemethode
Mehdi Tayoubi vom HIP Institut in Paris, einer auf historische Kulturgüter spezialisierten Einrichtung, erklärt die Idee:
"Wir wollten eine zerstörungsfreie Analysemethode verwenden, denn wir wollten die Pyramide auf keinen Fall beschädigen. Also setzten wir auf eine Technik, bei der man Teilchen detektiert, die durch die kosmische Strahlung entstehen – die Myonen."
Myonen, die schweren Brüder der Elektronen, prasseln ständig von oben auf uns herab, und zwar nahezu mit Lichtgeschwindigkeit. Sie entstehen in Massen, wenn hochenergetische Teilchen aus dem All auf die Erdatmosphäre prallen. Jeder Ort auf der Erde wird von ihnen durchdrungen – auch die Pyramiden von Gizeh. Das Entscheidende: Die Bauwerke blocken die Myonen ab – je mehr Gestein den Elementarteilchen im Weg steht, umso stärker werden sie absorbiert, also verschluckt, erläutert Sébastien Procureur vom Physiklabor IRFU in Saclay bei Paris.
"Damit können wir Dichteunterschiede in der Pyramide aufspüren. Myonen werden von Gestein stärker absorbiert als von Luft, dadurch verrät sich ein Hohlraum durch einen Überschuss an Myonen."
"Wir wollten eine zerstörungsfreie Analysemethode verwenden, denn wir wollten die Pyramide auf keinen Fall beschädigen. Also setzten wir auf eine Technik, bei der man Teilchen detektiert, die durch die kosmische Strahlung entstehen – die Myonen."
Myonen, die schweren Brüder der Elektronen, prasseln ständig von oben auf uns herab, und zwar nahezu mit Lichtgeschwindigkeit. Sie entstehen in Massen, wenn hochenergetische Teilchen aus dem All auf die Erdatmosphäre prallen. Jeder Ort auf der Erde wird von ihnen durchdrungen – auch die Pyramiden von Gizeh. Das Entscheidende: Die Bauwerke blocken die Myonen ab – je mehr Gestein den Elementarteilchen im Weg steht, umso stärker werden sie absorbiert, also verschluckt, erläutert Sébastien Procureur vom Physiklabor IRFU in Saclay bei Paris.
"Damit können wir Dichteunterschiede in der Pyramide aufspüren. Myonen werden von Gestein stärker absorbiert als von Luft, dadurch verrät sich ein Hohlraum durch einen Überschuss an Myonen."
"Etwas Großes, etwas Wichtiges entdeckt"
Teilchenphysiker aus Frankreich und Japan bauten verschiedene Myonen-Detektoren in und um die Pyramide auf – basierend auf fotografischen Filmen, Siliziumsensoren und Gasdetektoren. Indem die Experten ihre Sensoren an verschiedenen Positionen aufstellten, konnten sie im Laufe von Monaten eine Art 3D-Bild des Pyramideninneren aufnehmen. Als sie die Daten analysierten, erlebten Tayoubi und seine Leute eine Überraschung.
"Wir stießen auf eine Anomalie: Eigentlich hatten wir nur erwartet, die Königskammer und die große Galerie zu sehen. Doch zu unserer Verblüffung entdecken wir einen weiteren Hohlraum. Und da war uns klar: Wir hatten etwas Großes, etwa Wichtiges entdeckt."
"Wir stießen auf eine Anomalie: Eigentlich hatten wir nur erwartet, die Königskammer und die große Galerie zu sehen. Doch zu unserer Verblüffung entdecken wir einen weiteren Hohlraum. Und da war uns klar: Wir hatten etwas Großes, etwa Wichtiges entdeckt."
30 Meter langer Hohlraum
Der neu entdeckte Hohlraum scheint riesig zu sein. Er ist mindestens 30 Meter lang und liegt oberhalb der Großen Galerie. Mehr Details allerdings kennen die Experten noch nicht, dazu ist die Bildauflösung zu gering.
Tayoubi räumt unumwunden ein, dass manches noch unklar ist:
Tayoubi räumt unumwunden ein, dass manches noch unklar ist:
"Wir wissen im Moment noch nicht, ob der Hohlraum waagerecht liegt oder geneigt ist. Und wir wissen auch noch nicht, ob es sich um einen einzigen Raum handelt oder um mehrere kleine benachbarte."
Und deshalb ist auch noch unklar, wozu die altägyptischen Baumeister den Hohlraum einst angelegt hatten, wie Tayoubi erläutert.
Und deshalb ist auch noch unklar, wozu die altägyptischen Baumeister den Hohlraum einst angelegt hatten, wie Tayoubi erläutert.
Zweck des Hohlraums noch offen
"Wir können nur sagen, dass der Hohlraum da ist. Da gibt es keine Zweifel. Wir können aber nicht sagen, welchem Zweck er diente. Womöglich sorgte er für eine mechanische Entlastung der anderen, darunterliegenden Kammern, aber das wissen wir nicht. Doch wir glauben, dass er mit voller Absicht entstand und nicht versehentlich. Denn dazu waren die alten Ägypter einfach zu gute Baumeister."
Um die Fragen zu klären, wollen die Experten nun weitere Myonen-Daten sammeln. Dadurch hoffen sie auf schärfere Bilder. Unwahrscheinlich scheint dagegen, dass man den Hohlraum durch eine konventionelle Grabung erschließt – das wäre ein zu massiver Eingriff. Stattdessen denken die Fachleute über eine Art minimalinvasive Operation nach – den Einsatz eines neuartigen Flugroboters, an dem Jean-Baptiste Mouret vom Institut für Informatik und angewandte Mathematik Inria in Nancy tüftelt:
"Unsere Idee wäre, ein kleines Loch bis zum Hohlraum zu bohren. Durch diesen Kanal würde unser Roboter hindurchpassen, würde sich am Ziel entfalten und könnte dann im Hohlraum herumfliegen und ihn erkunden."
Noch aber ist das Zukunftsmusik. Denn noch ist völlig offen, ob die zuständigen Ministerien in Ägypten für solch eine Robotermission ihr Okay geben.
Um die Fragen zu klären, wollen die Experten nun weitere Myonen-Daten sammeln. Dadurch hoffen sie auf schärfere Bilder. Unwahrscheinlich scheint dagegen, dass man den Hohlraum durch eine konventionelle Grabung erschließt – das wäre ein zu massiver Eingriff. Stattdessen denken die Fachleute über eine Art minimalinvasive Operation nach – den Einsatz eines neuartigen Flugroboters, an dem Jean-Baptiste Mouret vom Institut für Informatik und angewandte Mathematik Inria in Nancy tüftelt:
"Unsere Idee wäre, ein kleines Loch bis zum Hohlraum zu bohren. Durch diesen Kanal würde unser Roboter hindurchpassen, würde sich am Ziel entfalten und könnte dann im Hohlraum herumfliegen und ihn erkunden."
Noch aber ist das Zukunftsmusik. Denn noch ist völlig offen, ob die zuständigen Ministerien in Ägypten für solch eine Robotermission ihr Okay geben.