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Archäologie-Projekt in Jordanien
Endlichkeiten von Kulturen trotzen einem endlosen Konflikt

Der Ort Umm el-Jimal im Norden Jordaniens war in der Antike Schnittpunkt der Kulturen und Religionen. Römer, Griechen, Byzantiner: Sie alle haben ihren archäologischen Fußabdruck hinterlassen. Ein Mainzer Archäologe führt hier inmitten der Kulturschätze syrischen und jordanischen Kindern vor Augen, wie es damals war, gemeinsam zu spielen und zu essen.

Von Anna Osius |
    Wer mit Thomas Weber-Karyotakis verabredet ist, erkennt ihn schon von Weitem. Ein alter Geländewagen mit Deutschlandflagge an der Heckscheibe braust an einem Freitagmorgen die Straße in Jordaniens Hauptstadt Amman herunter, hupt kräftig – am Steuer sitzt lächelnd – eine Frau. Seine Frau Katarina. Die beiden sind gerne als Team unterwegs. Thomas Weber schwingt sich vom Beifahrersitz. Wir begrüßen uns herzlich, mit kräftigem Händedruck.

    Freundliches Augenzwinkern hinter einer Nickelbrille, ein großer Schnauzbart, schwarzer Cowboyhut, großes Halstuch und Trekkingschuhe – der 63-Jährige sieht aus wie einer, der in der Welt und in der Natur, in Wüste und Weiten zu Hause ist. Den Nahen Osten findet er besonders interessant:
    "Jeden Tag neu spannend, weil ich jeden Tag mehr von dieser Kultur des Gastlandes kennenlerne. Es ist schon eine sehr kulturträchtige Landschaft, in der es einem als Archäologen nie langweilig wird."
    Kaum einen Fleck in der arabischen Welt, den der Mainzer Wissenschaftler noch nicht gesehen hat.
    "Also meine Karriere hier im Nahen Osten fing in Damaskus an als Mitarbeiter des Deutschen Archäologischen Instituts, dann schloss sich ein Aufenthalt in Jordanien an, dann Rückkehr nach Deutschland mit einzelnen Projekten im Jemen und Syrien und parallel dazu war ich in Libyen tätig, abgesehen von anderen mehrfachen Reisen nach Saudi-Arabien, Algerien, Tunesien – all diese Länder kenne ich ganz gut."
    Endloser Konflikt, Endlichkeiten von Kulturen
    Seit sieben Jahren lebt Weber jetzt mit seiner Frau wieder in Amman, um an der deutsch-jordanischen Universität von Amman zu lehren – als Professor für Archäologie, freigestellt von der Uni Mainz, entsandt vom Deutschen Akademischen Austauschdienst DAAD. Immer wieder zieht es ihn raus aus dem Hörsaal, auf die Grabungsstätten von Jordanien, die er betreut. Archäologie, die Suche nach Zeugnissen unserer Vergangenheit, ist seine Leidenschaft. Dass viele archäologische Kulturschätze in Syrien, dem Nachbarland, das er so gut kennt, jetzt in Schutt und Asche liegen, macht Weber traurig.
    "Ob ich jemals in meinem Leben noch mal nach Syrien komme, weiß ich nicht, weil der Konflikt zieht sich ja ins Endlose hin. Auf der anderen Seite sind wir als Archäologen immer mit den Endlichkeiten von Kulturen, mit der Begrenztheit von historischen Ereignissen und deren Konsequenzen betraut und deshalb herrscht in mir die Zuversicht, dass es irgendwann wieder einen Neuanfang in Syrien gibt."
    Wir fahren mit Thomas Weber-Karyotakis nach Norden – Richtung Syrien. An der Grenze liegen einige der spannendsten archäologischen Fundstellen Jordaniens – viele Teams internationaler Archäologen sind vor Ort und machen Grabungen. Die gesamte Region ist reich an kulturellen Schätzen der Vergangenheit: Die Nabatäer waren hier, die Umayyaden und Abbasiden, man sieht Einflüsse der Römer, Griechen und Byzantiner. Sie alle haben ihren archäologischen Fußabdruck hinterlassen, die Region ist von unschätzbarem historischem Wert.
    Zur Zeit Karls des Großen
    Nach einer Stunde Fahrt über holprige Schlaglochpisten halten wir am Rande eines Dorfes an. Ein Hund bellt, die Straße ist staubig, die Sonne brennt vom Himmel.

    Hinter einem rostigen Tor, ein wenig unscheinbar, steht ein kuppelartiger Bau, leicht zu übersehen. Für Thomas Weber ist das ein Gebäude ein Schatzkästchen, wie er sagt – ein Stück erhaltene Menschheitsgeschichte, das zu einer Zeitreise einlädt: Ein altes Thermalbad – aus der Zeit der Umayyaden – mit Umkleidekabinen, Springbrunnen, Dampfbad und einer historischen Fußbodenheizung.
    "Wir reden jetzt vom achten Jahrhundert, aus der Zeit Karls des Großen, da befinden wir uns jetzt. Am Rande der Wüste, aber im Altertum war das eine große Domäne mit zoologischen Gärten, ein sogenannter Paradeisos, das Paradies. Das war ein großes Gartengebiet, mit Wäldern, mit exotischen Tieren, mit Giraffen und dem was sie auf den Mosaiken sehen."
    Wüstenschlösser von Kalifen
    Wüstenschlösser habe es hier gegeben, schwärmt Weber, saisonal bewohnt von Kalifen, die ihre Gäste einluden. "Der Kalif hielt Hof, bewirtete seine Sheikhs und nachmittags, nachdem man gegessen und verhandelt hatte, ging man natürlich auf die Jagd und anschließend gemeinsam ins Bad – da simmer hier."
    Das ist es, was Weber an seiner Arbeit liebt: Die Möglichkeit, auf Zeitreise zu gehen – durch das Wissen und die eigene Phantasie: "Am meisten fasziniert mich, dass man sich vor dem geistigen Auge in die Zeit zurückversetzen kann und das vieles plausibel wird, wenn man die Sachen innerlich nacherlebt. Ohne Fantasie können Sie kein guter Archäologe sein, Sie müssen nur die Fantasie richtig zügeln – das ist die Kunst!"
    Die "Mutter der Kamele"
    Wir fahren weiter – zum eigentlichen Ziel unserer Reise: Umm el-Jimal – ein Dorf nahe der syrischen Grenze. Direkt neben dem Dorf liegt eine komplette Ruinenstadt – pechschwarze Häuser und Wachtürme, halbverfallen. Wir holpern über eine steinige Piste.
    "Die Stadt ist deshalb so einzigartig, weil man sie als Ausgangspunkt der Kamel-Karawanen nutzte, deshalb auch der Name Umm el Jimal, was bedeutet, die Mutter der Kamele. Die ganzen Karawanen sind dort angekommen, haben gelagert und sind dann weiter nach Damaskus gezogen. Dieses Umm el-Jimal ist deshalb interessant, weil wir da sehr gut nachvollziehen können, wie sich Zeltarchitektur schrittweise in Stein übersetzt hat. Diese Häuser, in ihrer Anordnung völlig wirr, erklären sich dadurch, dass die Zeltbauweise der Beduinen sozusagen die Prototypen der späteren Steinhäuser gewesen sind."
    Wir sind angekommen, gehen durch ein großes Tor. Nur drei Kilometer trennen uns jetzt noch von der syrischen Grenze. Der Wind wirbelt den Wüstensand hoch, bläst uns ins Gesicht, es ist stürmisch. In der Ferne predigt ein Imam. Um die zieht sich ein hoher Zaun – zum Ärger von Thomas Weber.
    "Ja, das ärgert mich. Weil Zäune immer etwas Trennendes haben. Wir wollen ja, dass die Bevölkerung sich mit ihren Ruinen identifiziert. Und wie kann man sich mit etwas identifizieren, wo eine Mauer drum gebaut wird, wo Stacheldraht ist und wo Eintritt verlangt wird?"
    19 Kirchen und nur 2 Moscheen
    Das spannende bei Umm el-Jimal: Es ist eine christliche Ansiedlung. Auf vielen Gebäuderuinen und dem Wehrturm sind eindeutig christliche Symbole zu erkennen. Die mehrheitlich muslimische Bevölkerung der Region weiß die Baudenkmale dennoch zu schätzen.
    "Das hier könnte man sagen: Ein Wehrkloster. Charakteristisch: Der große Turm. Und auf den Stuckpaneelen sind griechische Inschriften aufgetragen: 'Christus ist der Sieger', 'Mit dem Kreuz werden wir siegen'. Solche Formulare finden Sie dort. Wir haben viele Orte, dazu gehört auch Umm el-Jimal, in denen wir in frühislamischer Zeit große Kirchenbauprojekte haben. Hier in Umm el-Jimal gibt es 19 Kirchen und nur zwei Moscheen!"

    Zwischen den Ruinen – fröhliches Kinderlachen. Circa 30 Kinder toben auf einem Platz zwischen den archäologischen Stätten, spielen ausgelassen. Syrische Flüchtlingskinder und jordanische Kinder kommen hier am Wochenende zusammen, um die historischen Überbleibsel ihrer Heimatregion zu entdecken, zu lernen, wie es damals war, gemeinsam zu spielen und zu essen. Die Archäologie-Klassen hat Thomas Weber ins Leben gerufen, zusammen mit seinem Kollegen, dem jordanischen Archäologen Muafak Hasar. Auch Ahmed Beikram, ein syrischer Englisch-Lehrer und selbst Flüchtling, ist bei dem Projekt dabei. Die drei begrüßen sich herzlich.
    Der Gedanke des Projektes: Syrische und jordanische Kinder zusammenzubringen und bei ihnen ein Bewusstsein zu wecken, wie reich die Region – ihre Heimat – an Kulturschätzen ist.
    "Wir wollen die Kinder dazu bringen, dass sie sich mit dem gesamten Ort identifizieren, den gesamten Ort als Teil ihrer Heimat begreifen. Indem wird sie einfach über die Hintergründe informieren, sodass sie Bescheid wissen. Wir wollen, dass sie die Denkmäler als einen ureigensten Besitz begreifen. Nicht den Besitz einer Antikenbehörde, nicht des Tourismusministeriums, nicht etwas, was Touristen ablichten und wieder verschwinden, sondern einen Besitz, der in ihnen ruht, mit dem sie täglich umgehen können und zu dem sie etwas sagen können. Und zugleich erhalten sie die lebenslange Patenschaft für einen Stein, oder für ein Haus hier in dieser Siedlung, um sie zeitlebens daran zu erinnern, das ist unser Stein, einhergehend mit einem Schutz der Denkmäler."
    Unterricht mit Erdbebensimulator
    Ein weiteres Ziel des Projekts: Zum friedlichen Miteinander der Religionen beizutragen. Die Zerstörung historischer Stätten durch die Terrororganisation Islamischer Staat in Syrien und im Irak, die barbarischen Verwüstungen in der Wüstenoase Palmyra und bei Mossul, besprechen die Projektleiter mit den Kindern. Ihnen ist wichtig, dass die Kinder lernen, was Archäologie bedeutet – und dass Kultur unabhängig von der eigenen Religion geschützt werden muss.
    "Deshalb setzen wir möglichst früh an, um klar zu machen, dass Baudenkmäler in der Regel nicht von religiösen Maximen und Propaganda abhängen, sondern sie sind ein Ausdruck von Menschen. Wir wollen, dass die Kinder spüren, dass die Baudenkmäler zu ihrer eigenen Identität gehören und daher erhaltenswert sind."
    Den Kindern hat der Archäologe Mouafak heute etwas ganz besonderes mitgebracht: Einen Erdbebensimulator. Denn die Region hier Erdbeben geplagt – ein schweres Erdbeben zerstörte Umm el-Jimal vor hunderten Jahren – und macht die Ruinenstadt zu dem, was sie heute ist.
    Das wollen die Archäologen den Kindern vermitteln. Der Erdbebensimulator erinnert an einen großen Plattenspieler – nur, dass auf der großen runden Fläche keine Schallplatten liegen, sondern bunte Bauklötze. Begeistert bauen die Kinder eine Stadt aus Bauklötzen, Türme, Häuser, Brücken.
    Dann legt Mouafak den Schalter um. Das Gerät beginnt zu summen und zu brummen, die Platte bewegt sich, wackelt hin und her, verschiebt sich – wie bei einem Erdbeben. Die ersten Bauklötze fallen herunter, Steine purzeln hin und her – am Ende bricht die ganz kleine Bauklotzstadt in sich zusammen
    "Es war so schön in Syrien"
    Die Kinder sind begeistert – jetzt haben sie verstanden, warum hier so viele Ruinen sind. "Der Boden bebt und das merkt man dann in den Gebäuden, die fallen zusammen, das nennt man dann Erdbeben", sagte ein elfjähriges Mädchen.

    "Daran werden sie sich immer erinnern", sagt Archäologe Mouafak. "Dieser praktische Unterricht ist hundertmal besser als abstrakte Lehre im Klassenzimmer. Das hier behalten sie, werden sie noch ihren Kindern erzählen, dass sie wissen, wie ein Erdbeben funktioniert." Doch die Erschütterungen, die die Kinder hier kennen, haben oft noch einen ganz anderen Hintergrund.
    Der Krieg in Syrien ist gerade mal drei Kilometer entfernt – regelmäßig hören sie Bombeneinschläge, Granaten, sagt der zwölfjährige Marwan. "Wir hören die Angriffe. Raketeneinschläge, laute Explosionen, dann zittern die Fenster und der Boden bebt ." Ob er Angst hat, fragen wir ihn. "Nein, weil Gott uns schützt."
    Auch sein Freund Mehanad kommt aus dem Krieg – der Elfjährige hat seine Mutter in Syrien verloren, sie starb bei einem Luftangriff. Der Vater floh mit Mehanad und seinen kleinen Geschwistern nach Jordanien.
    "Es war so schön in Syrien. Ich kann mich an alles noch genau erinnern. An die Häuser und Straßen, an alle meine Freunde und meine Onkel und meine Schule – die Schule war gut, dort habe ich viel besser gelernt als hier."
    Wo ist deine Mama? Fragen wir ihn. "Sie ist als Märtyrerin gestorben. Ein Kampfflugzeug." Kannst du dich auch an sie erinnern? Der kleine Junge schweigt und beißt sich auf die Lippen – Tränen schießen ihm in die Augen.
    Bewahren angesichts täglicher Zerstörung
    Die meisten Kinder hier sind traumatisiert, haben Schreckliches erlebt. Die Archäologie-Klasse ist für sie die einzige Chance, herauszukommen aus ihrem Alltag als Flüchtlingskinder, etwas anderes zu lernen, das Leid für ein paar Stunden zu vergessen. Und eine warme Mahlzeit zu bekommen – für viele die einzige am Tag. Manche tragen die ausgeteilten Limonadendosen wie einen Schatz mit sich herum, ihr Essen rühren einige nicht an, weil sie es mit nach Hause bringen sollen, um es dort mit den hungrigen Geschwistern zu teilen. Viele der syrischen Familien hier leben am Existenzminium, erzählt Mouafak:
    "Wir müssen uns um sie kümmern wie um unsere eigenen Kinder. Wir haben hier unsere eigene Art zu unterrichten, wir sind nicht streng, sondern machen viele Späße zusammen, damit sie spielerisch lernen. Man muss immer an ihr Alter denken und an ihre Situation. Heute bin ich Archäologe, aber ich war selbst mal ein Kind hier aus dem Dorf. Mit neun Jahren bin ich hier rumgelaufen, zwischen den Ruinen, hab mir die Steine angeschaut und versucht, das zu verstehen. Und so hab ich beschlossen, Archäologie zu studieren – und heute bin ich für diese Stätte hier verantwortlich."
    Magst du den Ort hier – kommst du gerne hierhin? Wollen wir von dem elfjährigen Mehanad wissen, der seine Mutter verloren hat. "Ja, das ist ein schöner Ort. Ich hab hier viel über das Kulturgut gelernt. Und: Es hilft mir."
    Hoffnung in den Ruinen
    Und der zehnjährige Mohammed ergänzt: "Die bringen uns bei, was war, wie die Menschen früher lebten. Ich lerne hier wie unsere Vorfahren gelebt haben."
    Angesichts des vielen Unrechts, das er gesehen und erlebt hat, weiß er schon genau, was er später werden will: Anwalt, sagt er selbstsicher. "Ja, Anwalt. Ich will die Menschenrechte verfechten."
    Für Thomas Weber ist das Projekt mit den Kindern einer der Höhepunkte seiner Arbeit. Sein Mitarbeiter Ahmed bringt es auf den Punkt:
    "Wir müssen ihnen beibringen, dass sie in einer sehr geschichtsträchtigen Region leben. Wo so viele Zivilisationen und Kulturen gelebt haben. Für die Römer war das hier die Kornkammer ihres Imperiums. Diese Gegend war so reich, sie ist so alt. Davor müssen wir Respekt haben. Wir müssen uns dementsprechend verhalten. Wir waren mal großartig – lasst es uns versuchen, wieder großartig zu sein! Lasst uns unsere Kultur wieder aufbauen!"
    Ahmed, der selbst aus Syrien stammt und auch als Flüchtling in Jordanien lebt, ist überzeugt: Projekte wie diese sind entscheidend, um der syrischen Gesellschaft wieder Hoffnung zu geben – trotz der schrecklichen Ereignisse in ihrer Heimat.
    "Es macht einen hoffnungslos, überall Tod, Zerstörung, das Gefühl, dass ein Menschenleben nichts mehr zählt. Und dann entsteht dieses Gefühl der Mutlosigkeit: Ich kann nichts ändern. Das ist das wahre Desaster – das Gefühl in der syrischen Gesellschaft, dass wir alle denken, wir können nichts machen, es ändert sich nichts. Und wenn alle glauben, dass wir nichts ändern können, dann ändert sich auch nichts. Das müssen wir schaffen, die Überzeugung wiederherstellen: Wenn jeder es versucht, dann schaffen wir eine Veränderung."
    "Alles ist reparabel"
    Auch Thomas Weber ist sicher: Das Projekt kann den syrischen Kindern helfen, ein Stückchen besser mit dem Krieg in ihrer Heimat umzugehen – Hoffnung zu bewahren trotz der täglichen Zerstörung. Gerade auch als Archäologe:
    "Wir Archäologen registrieren ja die Baudenkmäler in zerstörtem Zustand. Und versuchen, das Bild, dass diese Baudenkmäler im Altertum angaben, wiederherzustellen. Wir versuchen, den Kindern das Gefühl zu vermitteln, dass alles reparabel ist, alles Materielle ist reparabel, dass die Schäden natürlich immer sichtbar bleiben, aber das auch diese Schäden Teil einer Geschichte sind, die vorüber geht. Wir haben in der vergangenen Woche zerschlagene Gefäße wieder restauriert. Die Kinder verstanden, wozu diese Gefäße dienten, dass jetzt aber Risse drin sind, die wir so akzeptieren müssen.
    Also im Prinzip eine Metapher für die gesamte syrische Gesellschaft? "Exakt, so würde ich es sehen. Es ist eine Metapher, die für alle Gesellschaften gilt, die unter diesen schrecklichen Ereignissen zu leiden hatten, wir als Deutsche hatten das ja 1945 auch. Und aus dieser historischen Erfahrung wollen wir den Kindern Mut geben, dass das Leben lebenswert ist, auch in einer zerstörten Heimat, wenn sie zurückkommen. Und dass wir mit vereinten Kräften wieder eine Umwelt schaffen, in der es sich lohnt zu leben und zu arbeiten."
    Am Ende des Tages nimmt ein kleines syrisches Mädchen die Hand von Thomas Weber und schaut ihn an. Dann fragt sie andächtig auf Arabisch:
    "Hast du das Licht erfunden, Mr. Thomas?" Von Thomas Edison hat sie in der Schule gehört. "Nein, das habe ich nicht", sagt Thomas Weber schmunzelnd. "Macht nichts", sagt die Kleine und läuft fröhlich spielend davon.