Architektur als konstante Variation eines Themas. Seines Themas. I. M. Pei, der in Bachs Musik den Architekten der Schönheit durchhört, die er selbst wieder und wieder geschaffen hat. Gebäude als Kunstwerke. Architektur als die Quintessenz der Dinge. Denn, sagt der Meister der Ebenen, der Diagonalen, nur die Essenz überdauere alles. Der Rest: Mode.
"Architektur der Zeit"
Er, der heute vor 100 Jahren in China geborene Sohn einer chinesischen Adelsfamilie, ist als Architekt nie der Mode aufgesessen. Architektur, sagt der Mann, der der Welt die Pyramide des Louvre schenkte, den Deutschen den Erweiterungsbau des Deutschen Historischen Museums in Berlin, Architektur dürfe nie modisch sein, sie brauche langen Atem:
"Ich bevorzuge, keine Label zu verwenden. Es ist Architektur. Es gibt nichts wie moderne, postmoderne, dekonstruktive Architektur. All das kommt und geht. Was bleibt, ist die Architektur der Zeit."
Kein Bündel an Theorien
Aber die Welt muss seine Architektur verstehen lernen. Als er 1984 die Glaspyramide für den neuen Eingang des Louvre als Entwurf präsentiert, schreit die Welt auf. Leichenfledderei. Schändung der umgebenden Renaissancebauten. Als die Pyramide aber steht, schweigen die Kritiker. Betreten. I. M. Pei, dem sie wegen seiner Initialen in den USA den Spitznamen "Erste Person Singular" gaben, hatte mit dem gläsernen Pyramidenbau ein Meisterwerk geschaffen. Er habe kein Bündel an Theorien. So solle niemand seine Architektur betrachten, sagt er. Nur wer als Architekt sich selbst treu bleibe, entwickle eine Handschrift, die sich zeige.
"Du darfst nie aufgeben"
Seine zeigt sich überall auf der Welt. Er, der bei Gropius lernte, der an Schinkel bewunderte, wie er das Zarte und Intime so klar gestaltete wie das Absolute, er, Pei baute die Präsidentenbibliothek für John F. Kennedy, den Ostflügel der Nationalgalerie in Washington. Und neben vielen anderen Bauten eben die 86 Tonnen Glaskonstruktion des Louvre. Für ihn der wichtigste Bau seines Lebens. Spektakuläre Architektur. Für einen Künstler, dem das Spektakel so suspekt ist, fast peinlich. Pei, der so verschmitzt lächelnde, höfliche Mann sagt, als Architekt musst Du am Ende stets versuchen, umzusetzen, was Du willst:
"Es gibt viele Arten, zu beharren. Höfliche und weniger höfliche, um den Auftraggeber zu überzeugen. Du musst wissen, was Du willst und darfst nie aufgeben."
Ieoh Ming Pei, Meister des Lichts. 1983 bereits erhielt er den Pritzker-Architekturpreis. Gute Architektur? Bei ihm, dem 100-jährigen, klingt es so simpel:
"Du musst das Komplexe auf den Kern reduzieren. Und dann umsetzen."
Der Meister der Diagonalen, an dem nur seine Hornbrillen kreisrund scheinen, hat diese Quintessenz ein Leben lang als Kunstwerke gebaut.