Toll sieht sie aus: die zukünftige Stadt des Schwimmsports am östlichen Stadtrand von Rom. Es handelt sich um ein Projekt von Spaniens Stararchitekt Santiago Calatrava. Geplant sind drei Stadien für Wassersport im typisch futuristischen Stil des Architekten, mit bis zu 40 Meter hoch geschwungenen Stahlträgern, viel Glas und Stahlbeton. 2009 sollten die drei Bauwerke eingeweiht werden.
Besucher der Baustelle können nur staunen. Nur eines der Gebäude erhebt sich im flachen Land der römischen Campagna, im Osten Roms. Es wird "Vela" genannt, das Segel. Ein hoch aufgerichtetes und tatsächlich segelförmiges Bauwerk ganz in weiß. Von außen betrachtet sieht es nahezu fertig aus. Aber der Eindruck trügt. Niemand kann im Innern schwimmen. Die Arbeiten wurden nie beendet. Die ersten Stahlträger setzen bereits Rost an.
Giuseppe Novelli ist Rektor der römischen Universität Tor Vergata. Die mit Pauken und Trompeten angekündigte Stadt des Schwimmsports sollte Teil der Universität werden:
"Heute hatten wir hier eine Sitzung, wieder eine Sitzung, um die blockierte Situation irgendwie in den Griff zu bekommen. Sogar Calatrava ist angereist.“
Das war vor einigen Tagen. Der Architekt wollte wissen, warum es nicht voran geht mit den Bauarbeiten. Eine klare Antwort bekam er nicht. Ratlos reiste er wieder ab.
Kafkaeskes Organisationschaos
Das Bauprojekt ist zum Opfer eines kafkaesken Organisationschaos geworden. Die Kosten sind von 120 Millionen auf 600 Millionen Euro angestiegen. Ein Ende der Kostensteigerung und der Bauarbeiten ist nicht abzusehen. Nicht ausgeschlossen wird, dass Calatravas Schwimmhallen teure Bauruinen bleiben. Steuergelder, die voll in den Sand gesetzt wurden.
Das gleiche Schicksal droht der bis jetzt nur halbfertigen Kongresshalle in Form einer Wolke am südlichen Stadtrand Roms, im Viertel EUR. Auch hier ein fantastisch anmutender Entwurf des berühmten römischen Architekten Massimiliano Fuksas. Die Wolke aus Stahl und Glasfaser soll auf 3500 Quadratmetern zirka 2000 Menschen Platz bieten. Der eigentliche Kongresssaal hat von außen besehen tatsächlich die Form einer Wolke. Sie scheint in einem 39 Meter hohen Glas-Stahl-Kasten mit einer Grundfläche von etwa 15.000 Quadratmetern zu schweben. Dank eines ausgeklügelten Stahlträgersystems ist der Versammlungssaal am Boden und an den Seitenwänden befestigt. Es handelt sich um einen der eindrucksvollsten Entwürfe des römischen Architekten.
Die Wolke sollte schon vor Jahren eingeweiht werden und längst schweben.
Massimiliano Fuksas:
"Ich bin nicht verbittert. Ich bin nur erstaunt. 1998 gewann ich den Wettbewerb für dieses Bauwerk. Nach 15 Jahren ist hier noch kein Ende abzusehen. Irgendwie wird das hier schon weiter gehen."
Schlendrian, Korruption und chronischer Geldmangel
Ein Entwurf, der, sollte er denn irgendwann einmal komplett realisiert werden, garantiert zum Besuchermagneten und Ziel von Architekturfreaks werden wird. Doch es fehlen mindestens 170 Millionen Euro zur Fertigstellung. Die Baustelle liegt seit mehr als zwei Jahren brach. Vor wenigen Tagen erklärte der neue sozialdemokratische Bürgermeister Ignazio Marino, dass die Wolke 2015 fertig sein wird:
"Wir stehen vor einer faszinierenden Herausforderung bei diesem Bauwerk. Die Wolke fertiggestellt, um unsere Stadt zu modernisieren."
Doch die von Marino regierte Stadt Rom steht vor dem finanziellen Aus. Überall wird gekürzt.
Das Opernhaus steckt mit 40 Millionen Euro in der Kreide. Auch die städtischen Verkehrsbetriebe haben Schulden: beeindruckende 1, 7 Milliarden Euro. Im Rathaus auf dem Kapitolshügel überlegt man sich sogar das MACRO zu schließen, das städtische Museum für zeitgenössische Kunst.
Schlendrian, Korruption und chronischer Geldmangel vereiteln alle Versuche, die italienische Hauptstadt mit zeitgenössischer Architektur zu verschönern. Laut Medienberichten sollen Fuksas und Calatrava inoffiziell erklärt haben, nie mehr etwas für Rom zu entwerfen. Ein gewiefter römischer Fremdenführer bietet bereits eine halbtätige Besichtigungstour zu den, so nennt er es, "modernen Ruinen Roms" an. Wie es heißt, sehr zum Missfallen der Stadtverwaltung.