Nur noch etwa 11.000 statt 22.000 Kilometer Seeweg von Helsinki nach Tokio: Eine Riesen-Sparmöglichkeit für Reedereien, die Güter von Europa nach Asien bringen. Früher war die Nordostpassage, die im Norden Eurasiens Atlantik und Pazifik miteinander verbindet, kaum nutzbar. Aber mit dem allmählichen Rückgang des arktischen Eises wird diese einst - wenn, dann nur im Sommer und mit großen Eisbrechern mögliche Durchfahrt - zur konkreten Perspektive für Handelsschiffe.
Seit Jahren denken die Finnen deshalb über das Projekt Arctic Railway nach, den Bau einer Eisenbahnverbindung von Rovaniemi, der Hauptstadt Finnisch-Lapplands, etwa 800 Kilometer nördlich von Helsinki, zum eisfreien norwegischen Hafen Kirkenes.
Geschätzte Kosten: etwa drei Milliarden Euro
Streckenlänge: etwa 465 Kilometer. Geschätzte Kosten: an die drei Milliarden Euro. Die finnische Regierung meint dennoch, dass sich diese Investition lohnt, sagte Kommunikationsministerin Anne Berner jetzt im schwedischen Rundfunk:
"Die Bahnlinie würde unsere Abhängigkeit von der Ostsee reduzieren und uns Zugang zu einem äußeren Hafen verschaffen", so Berner. Und sie würde Finnlands Wirtschaft beflügeln, Holz und Holzprodukte, Fisch und Rohstoffe könnten deutlich günstiger exportiert, Touristen deutlich günstiger in den hohen Norden und zurück transportiert werden. Eine Verlockung, um die es aber Streit gibt. Schweden und die indigenen Sami sehen das Projekt kritisch. Letztere fürchten um ihre Rentierbestände. Die Bahn und deren Bau würden Lebensraum für die Tiere vernichten. Auch Niklas Nordström von der schwedischen Exportorganisation Business Sweden sieht die Sache skeptisch:
"Ich bin mir ziemlich sicher, dass Mineralien dann unveredelt direkt nach Asien verschifft werden. Sie sind aber strategisch wichtig für unsere Klimapolitik, zum Beispiel, um Batterien für Elektroautos herzustellen."
China würde sich am Bau beteiligen
China hat Berichten zufolge den Finnen gegenüber Interesse gezeigt, sich am Bau der Arctic Railway zu beteiligen. Was Ministerin Anne Berner aber nicht an einen drohenden Ausverkauf wertvoller Rohstoffe glauben lässt. Deren Gewinnung und Veredelung habe erst einmal ja nichts mit dem Bahnprojekt zu tun.
"Das Argument ist etwas weit hergeholt. Warum sollten neue Transport- und Logistikmöglichkeiten die Logik eines Geschäftsmodells verändern?"
Sie bleibt ein Fan der neuen Verbindung, während eine finnische Machbarkeitsstudie da etwas vorsichtiger ist. Aufgrund des nach heutigem Stand zu erwartenden Transportaufkommens sei die Trasse sozioökonomisch eher nicht vertretbar: Sehr teuer und sie würde den Sami schaden wie auch der Umwelt.
Aber höhere Transportkosten auf den bisherigen Routen oder Veränderungen in der regionalen Wirtschaft könnten sie dennoch in der Zukunft interessant machen. Und genau darum gehe es, um die Zukunft. Über die bald entschieden wird. Eine finnisch-norwegische Arbeitsgruppe soll bis Ende des Jahres eine grundsätzliche Empfehlung geben. Fiele sie positiv aus, könnten 2030 die ersten Züge fahren.