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ARD-Film „Lotte am Bauhaus“
Frauen bitte nur an die Webstühle

Das Bauhaus galt als modern und wegweisend - doch für Frauen war es dort genauso schwer wie überall. Viele Designerinnen sind heute fast vergessen. Der ARD-Film „Lotte am Bauhaus“ erinnert - gut ausgestattet und inszeniert - an die Bauhaus-Frauen. Doch die hätten besser eine ganze Serie verdient.

Von Susanne Luerweg |
    Die Schauspieler Noah Saavedra (l-r) in der Rolle des Paul Seligmann, Alicia von Rittberg in der Rolle der Lotte Brendel und Jörg Hartmann als Walter Gropius stehen am Set des Filmes "Bauhaus" am Bauhaus zu Dessau.
    Die Schauspieler Noah Saavedra (l.), Alicia von Rittberg und Jörg Hartmann am Set des Filmes "Lotte am Bauhaus" vor dem Originalgebäude in Dessau. (picture-alliance/dpa)
    Deutschland im Sommer 1919: Junge Menschen hüpfen lachend und nackt in einen See. Sie wirken glücklich, befreit, selbstgewiss.
    "Ich studiere am Bauhaus."
    "Ah, einer von den Irren?"
    So beginnt die Liebesgeschichte von Lotte und Paul, die der rote Faden des ARD-Films ist. Ein Film, der in mehr als zwei Stunden die Situation der Frauen am Bauhaus zu erklären versucht.
    "Weißt du eigentlich, was die Leute übers Bauhaus sagen?"
    "Das ihr Kommunisten seid, und dass ihr es nicht so habt mit den Sitten."
    "Ja, harte Ausbildung. Erste Stunde: Kommunismus. Zweite Stunde: nackt baden. Dritte Stunde: jeder mit jedem."
    Chancengleichheit zwischen Männern und Frauen
    Freies Arbeiten, freie Liebe und vor allem Gleichberechtigung – so wurde das Bauhaus damals wahrgenommen. Doch hinter den Kulissen sah die Welt anders aus. Walter Gropius warb zwar zunächst mit Chancengleichheit zwischen Männern und Frauen, wollte später davon aber nichts mehr wissen.
    "Wir verlangen, dass unsere Wünsche berücksichtigt werden. Sowohl in der Tischlerei, als auch in der Wandmalerei wäre noch Platz."
    "Es geht hier nicht um Platz. Das ist die gesellschaftliche Realität."
    "Lotte am Bauhaus" erzählt die Geschichte der Frauen an der Hochschule für Gestaltung exemplarisch am Schicksal von Lotte Brendel. Die Figur ist ein Konglomerat aus Frauen wie Gunta Stölzl, Marianne Brandt und Alma Siehoff-Buscher, die tatsächlich am Bauhaus gewirkt haben. Besonders Buschers bis heute beliebte Kindermöbel baut auch Lotte und hat damit früh Erfolg. Allerdings stellt Gropius sie den interessierten Möbelproduzenten immer nur als die Frau an der Seite von Paul vor.
    "Nein, das Kinderzimmer ist von mir."
    "Ja, Gropius weiß ja auch, dass das Kinderzimmer von dir ist."
    "Ja, das macht es ja noch viel schlimmer."
    Die Männer hatten das Sagen
    Das Jahr 1919 war ein Jahr des Aufbruchs. Frauen durften erstmals wählen, die Demokratie und das Bauhaus wurden in Weimar gegründet. So wundert es auch nicht, dass am Bauhaus zunächst mehr Frauen als Männer studierten. Dennoch hatten die Männer das Sagen. Männer, die bezweifelten, dass Frauen ähnlich genial sein konnten wie sie selbst - vor allem Johannes Itten, zunächst neben Gropius einer der führenden Bauhaus-Köpfe und später wegen rechter Tendenzen ausgeschlossen.
    "Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass Frauen ihre Stärke im Zweidimensionalen haben."
    "Bleiben Sie in der Fläche. Das ist Ihre natürliche Bestimmung."
    Im Schussfeld der Nazis
    Schnell werden die Frauen in die so genannte Webklasse abgeschoben. Häuser entwerfen, Einrichtung designen - Männersache. Der ARD-Film zeigt die zahlreichen Bauhaus-Aktivitäten in eindrucksvollen Bildern: die Möbel, die Kunst, die Bauten. Teilweise wurde an Originalschauplätzen gedreht, teilweise nutzt der Film gut gemachte Animationen. Dass die Frauen es so schwer hatten, so insinuiert die Filmgeschichte, lag auch an der Zeit. Die Nazis schießen gegen die Gropius-Schule, wo es nur geht.
    "Seit dem Wahlsieg der Rechten ist der Wind der uns entgegenschlägt jeden Tag eisiger geworden. Sie kennen die neueste Ankündigung: 50 Prozent weniger Geld."
    Der Umzug von Weimar nach Dessau, die immer geringeren Möglichkeiten für Frauen, all das durchlebt die Protagonistin Lotte stellvertretend für alle Bauhausfrauen. Alicia von Rittberg verleiht der Figur Tiefe, der Wandel von der Tischlertochter zur engagierten Frauenrechtlerin gelingt ihr. Daneben ist es vor allem Jörg Hartmann als Walter Gropius, der den Film trägt: mit einem leicht blasiertem Gesichtsausdruck ist er sich seiner Genialität in jeder Sekunde bewusst.
    "Lotte am Bauhaus" ist hervorragend ausgestattet. Mit Kostümen, Musik und Drehorten erweckt der Film die Zeit von damals zum Leben.
    Doch so wie das Bauhaus die serielle Fertigung propagierte - schöne Produkte in Reihe, für jedermann zugänglich und hergestellt von den Männern -, so wäre es angemessener gewesen, den Frauen am Bauhaus auch eine Reihe, eine Serie zu widmen. Denn das hätten sie unbedingt verdient. Der Film ist aber immerhin ein wichtiger Anfang, um an das Erbe der Bauhaus-Frauen zu erinnern.
    "Lotte am Bauhaus": Mittwoch, 13.02.2019 um 20.15 Uhr im Ersten