Ulrich Loke: Was waren die Erkenntnisse des Forums in Leipzig?
Thomas Wheeler: Die ARD-Fernseh-Sportberichterstattung ist keine reine Fußballshow, auch wenn es auf den ersten Blick manchmal so aussieht. Die Hitlisten der meistgesehenen Sendungen in den letzten 25 Jahren bestehen fast nur aus Fußball. Aber im Ersten liegt der Fußball nur bei 20 Prozent und damit deutlich hinter dem Sommer- und dem Wintersport. Wobei die Berichterstattung über Sportlerinnen und Sportler mit Handicap, also mit Behinderung deutlich ausgebaut wurde, und vor allem nach den Winter-Weltcups eine hohe Resonanz hat. Insgesamt werden aktuell fast 50 Sportarten abgebildet. Trotzdem: Der Fußball ist das Aushängeschild der ARD. Das zeigt auch die Bundesliga-Konferenz im Radio, die am Samstagnachmittag bundesweit mehrere Millionen hören. Über allem stehen bei den Programm-Machern und Verantwortlichen in den Sendern immer die Überlegungen wieviel Sport darf es sein, für wen wird gesendet, und was darf es kosten?
Ulrich Loke: Welche Potenziale und Ideen wurden entwickelt?
Thomas Wheeler: Potenziale liegen definitiv in einem Ausbau der Hintergrundberichte und Features, die zwar bereits jetzt fester Bestandteil bei der Abbildung des Sports in all seinen Facetten sind. Aber häufig zu später Sendezeit laufen. Hier gibt es Gedanken, diese Hintergrundsendungen an aktuelle Sportformate zu koppeln, also z. B. nach einem Fußballspiel. Insgesamt wird in der ARD im Fernsehen, aber auch im Hörfunk gegenwärtig eine Menge auf dem Sportfeld ausprobiert und experimentiert. Der Pokal-Finaltag der Fußball-Amateure im letzten Jahr ist ein Beispiel.
Oder ein anderes Beispiel: das Team-Playground, eine Extrem- und Actionsport-Plattform, die von Puls, das junge Programm im Bayerischen Rundfunk entwickelt wurde und ein eigenes You Tube-Fenster hat.
Die Zukunft liegt sicherlich auch in Kooperationen, ein Beispiel ist die Medienpartnerschaft der ARD mit Sky im Handball. Das Erste und der Bezahlfernsehsender berichten ab der kommenden Saison gemeinsam von der ersten und zweiten Bundesliga, sowie vom DHB-Pokal.
Ulrich Loke: Wird denn mit dem Gedanken gespielt, die kritische Sportberichterstattung auszubauen?
Thomas Wheeler: Sagen wir mal so. Klar ist man sich darüber: Die Zeiten werden rauer. Aber große Sportereignisse lassen sich durch nichts kompensieren. Sie sind attraktiv für den Zuschauer, Zuhörer und User. Und was ganz wichtig ist: Sportberichterstattung heute ist ohne eine investigative Begleitung undenkbar. Hier hat es zweifellos in der ARD in den letzten zehn Jahren einen Paradigmenwechsel gegeben. Das zeigt vor allem die Doping-Redaktion um die Enthüllungen von Hajo Seppelt, aber auch das Magazin "Sport Inside" vom WDR. Hier gibt es nun durchaus Überlegungen, den Bereich Hintergrund auszubauen, gewissermaßen die Kräfte zu bündeln, um auch von anderen Problemfeldern, die den Sport betreffen, wie z. B. Korruption und Wettbetrug noch ausführlicher und mit einem hohen Maß an Kompetenz zu berichten.