Neuland in Argentinien. Zum ersten Mal in der Geschichte des Landes stehen sich zwei Kandidaten in einer Stichwahl um das Präsidentenamt gegenüber. Mauricio Macri, der liberal-konservative Bürgermeister von Buenos Aires und Daniel Scioli, der peronistische Gouverneur vom Regierungslager "Siegesfront". Ein Duell, auf das sich Scioli zu freuen scheint.
"Das ist das große Finale zur Zukunft des Landes. Es begeistert mich und ich freue mich darauf, dass wir die Dinge, die die Zukunft des Landes bestimmen, grundsätzlich diskutieren können, die zwei unterschiedlichen Visionen, die Macri und ich haben."
Die Vorfreude Sciolis verwundert ein wenig. War es doch Macri, der am Wahlabend für einen Paukenschlag sorgte. Lange lag der konservative Politiker vor Scioli, erst gegen Ende der Auszählung schob sich der Favorit aus dem Regierungslager knapp an die Spitze. Doch der Vorsprung ist gering, viel geringer als die Meinungsforscher vorhergesagt hatten, so gering, dass Macri als Nicht-Peronist nun eine reale Chance hat, bei der Stichwahl am Ende als Sieger dazustehen.
"In Argentinien hat sich die Revolution der Freude auf den Weg gemacht. Wie es scheint, haben die Leute Basta gesagt, jetzt reicht's. Seit 25 Jahren versprechen sie uns das Blaue vom Himmel. Nein, jetzt wird das anders laufen."
Entscheidend wird sein, wie sich einer verhält, der bei der Stichwahl Zuschauer ist. Sergio Massa. Bei der Wahl am Sonntag landete er auf Platz 3, mit 21 Prozent. Das sind über fünf Millionen Stimmen. Massas Wahlempfehlung könnte den Ausschlag geben, wer neuer argentinischer Präsident wird. Und Daniel Scioli glaubt, die besseren Karten zu haben.
"Die Wähler Massas sind viel weiter von Macri entfernt als von uns. Er hat das Problem, nicht wir."
Was für Sciolis Einschätzung spricht: Massa gehörte früher dem peronistischen Regierungslager an. Es gibt eine Art Verwandtschaft zwischen seinen und Massas Anhängern. Dagegen spricht allerdings, was viele Experten seit Sonntag ausmachen. Es scheint eine Wechselstimmung zu geben, und auf die setzt Mauricio Macri.
"Die Mehrzahl der Argentinier hat für eine bessere Zukunft votiert. Viele dachten: Der Kirchnerismus hat getan, was er konnte. Aber das ist nicht genug, das reicht nicht. Wir verdienen ein besseres Leben."
Macis Aufwind ist Niederlage für Amtsinhaberin Kirchner
Das starke Abscheiden Macris ist auch eine Ohrfeige für die scheidende Präsidentin Cristina Kirchner, die zuletzt kräftig in den Wahlkampf eingegriffen hatte. Weniger um Scioli aktiv zu unterstützen. Ihr ging es vielmehr um ihr Erbe, um die Errungenschaften ihrer Politik. Nun blicken alle darauf, wie Cristina Kirchner bis zur Stichwahl agieren wird. Unterstützt sie Scioli oder verhält sie sich ihm gegenüber passiv? Beides scheint möglich.
Eines aber steht fest: Es wird vor der Stichwahl erneut eine TV-Debatte geben, und bei der wird Daniel Sciolis Stuhl nicht unbesetzt bleiben. Anders als vor der ersten Runde wird Scioli an dieser TV-Debatte teilnehmen. Diesmal kneift er nicht:
"Ich hatte Macri schon vor dem Wahlsonntag gesagt: Sollte es zwischen uns zur Stichwahl kommen, sollten wir der Öffentlichkeit diese TV-Debatte bieten."