"Er hat viel versprochen und vieles nicht gehalten"
sagt die Argentinierin Inés Borda über Präsident Mauricio Macri. 2015 hatte sie ihm ihre Stimme gegeben - inzwischen ist sie ernüchtert.
"Die Löhne werden kaum erhöht, aber die Preise steigen ständig. Also, ich glaube nicht, dass ich Macri nochmal wähle, nein."
Hoffnungen enttäuscht
Inés Borda ist kein Einzelfall. Der Liberalkonservative Macri, der zu Beginn seiner Amtszeit eine Zustimmungsrate von mehr als sechzig Prozent genoss, ist gut drei Jahre später auf dem bisherigen Tiefpunkt seiner Popularität angekommen: Nur noch ein Viertel der Argentinier ist mit seiner Regierung zufrieden. Und das liegt in erster Linie am schlechten Zustand der Wirtschaft, wie der Politologe Lucás Romero vom Meinungsforschungsinstitut Synopsis erklärt:
"Die Faktoren, die die Menschen direkt betreffen, beeinträchtigen Macris Popularität am stärksten: Die hohe Inflation, der Verlust an Kaufkraft und der instabile Arbeitsmarkt."
Als Mauricio Macri die Regierungsgeschäfte von der Linksperonistin Cristina Kirchner übernahm, galoppierte die Inflation und das Haushaltsdefizit lag bei über sieben Prozent. Die Konjunktur - sie stagnierte damals. Doch inzwischen schrumpft die Wirtschaft - bislang ohne Anzeichen auf Erholung. Und die Inflation hat Macri nicht bremsen können - das liegt unter anderem auch an den Erhöhungen der Energie- und Transportpreise. Unter Kirchner waren sie vom Staat kräftig subventioniert worden - jetzt sind es die Bürger, die immer mehr für Strom, Wasser, Bus- und Bahnfahren bezahlen müssen. Meinungsforscher Lucás Romero:
"Die Regierung Macri hat eine Reihe von Ungleichgewichten in der argentinischen Wirtschaft korrigieren müssen, und damit waren unpopuläre Maßnahmen verbunden."
Zu diesen gehört auch ein hartes Sparprogramm, um die Staatsausgaben und damit das Haushaltsdefizit zu verringern - überwacht vom Internationalen Währungsfonds, der dem Land seit dem vergangenen Jahr wieder Geld leiht, aber bei vielen Argentiniern verhasst ist. All das trägt dazu bei, dass der Präsident sein Image als Hoffnungsträger verloren hat.
Kirchners Probleme mit der Justiz
Dennoch will Macri im Oktober erneut kandidieren - aktuellen Umfragen zufolge würde ihn immerhin ein Drittel der Argentinier wählen. Viele allerdings nicht aus Überzeugung - sondern um eine Rückkehr von Macris Vorgängerin zu verhindern. Auch Cristina Kirchner nämlich könnte nach heutigem Stand mit einem Drittel der Wählerstimmen rechnen. Politologe Lucás Romero:
"Es gibt einen harten Kern von Anhängern der Ex-Präsidentin, der sich sehr stark mit ihr identifiziert - trotz der Korruptionsverfahren gegen Kirchner, die in der öffentlichen Debatte sehr präsent sind."
Seit Cristina Kirchner 2015 den Regierungspalast Casa Rosada in Buenos Aires verlassen hat, ermittelt die Justiz intensiv gegen sie. Die Liste der Vorwürfe ist lang - Korruption bei der Vergabe öffentlicher Bauaufträge und Geldwäsche gehören dazu. Mehrere Gerichtsprozesse sollen in diesem Jahr beginnen. Eine Reihe von Politikern und Funktionären, die Kirchners Regierung angehörten, sitzt im Gefängnis. Die Linksperonistin selbst sollte eigentlich in Untersuchungshaft, aber als Senatorin genießt sie politische Immunität. Nur der Senat selbst könnte ihr diesen Schutz entziehen - das allerdings hat er bisher nicht getan. Kirchner habe noch immer Macht, sagt der Zeitungskolumnist Claudio Jacquelin:
"Unter den peronistischen Politikern verfügt Cristina Kirchner heute über die größte politische Basis. Und wer in Argentinien über eine politische Basis und politische Macht verfügt, landet schwerlich im Gefängnis."
Das habe etwas mit der zum Teil politisierten Justiz zu tun, erklärt Jacquelin. Immunität hin oder her - auf der Anklagebank wird Kirchner in einigen Monaten Platz nehmen müssen. Das würde sie aber nicht daran hindern, bei der Präsidentschaftswahl zu kandidieren. Die Politikerin, die von den einen gehasst und von den anderen geliebt wird, hat durch Macris mäßiges Abschneiden Aufwind bekommen - viele glauben, dass sie ihren Hut in den Ring werfen wird. Inés Borda aber, enttäuscht von Macri, will auch Kirchner auf keinen Fall mehr im Präsidentenpalast sehen:
"Ich würde ihr nie meine Stimme geben. An der heutigen schlechten Lage ist sie mit schuld."
Weder Macri, noch Kirchner: Jene Argentinier, die sich eine Alternative wünschen, die für politische Erneuerung steht, müssen sich bis auf weiteres mit Geduld wappnen.