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Argentinien
Italienischer Wahlkampf fern der Heimat

Italien wählt ein neues Parlament. Doch nicht nur in Rom, Mailand oder Neapel gehen die Italiener an die Urnen, sondern auch in Lateinamerika. Fern ab der Heimat herrscht ein sehr spezieller Wahlkampf mit teilweise ganz eigenen Parteien.

Von Moritz Pompl | 03.03.2018
    Giorgia Meloni (Fratelli d'Italia), Silvio Berlusconi(Forza Italia) und Matteo Salvini (Lega Nord) sitzen gemeinsam an einem Tisch bei einer Pressekonferenz in Rom.
    Der 81-jährige Silvio Berlusconi (Mitte) will wieder an die Macht und seine Partei bei der Wahl in Italien zum Sieg führen (dpa / Kyodo / MAXPPP)
    Es ist eine befremdliche Werbung, die derzeit überall in Buenos Aires hängt – ob auf meterhohen Plakatwänden, oder auf zahllosen Heckscheiben öffentlicher Busse. Darauf zu sehen: lächelnd-glattrasierte oder grummelig-bärtige Politiker. Und daneben: markige Sprüche.
    "Sangre italiana", zum Beispiel, "italienisches Blut". Oder: "Tanos de cuerpo y alma."
    Italiener mit Herz und Seele. Schließlich geht es für die Kandidaten, die hier in Argentinien wohnen, um nichts anderes, als sich nicht ins argentinische, sondern ins italienische Parlament wählen zu lassen! Einer von ihnen: Ricardo Merlo, mit einer wirklich haushohen Plakatwand direkt am ARD-Studio.
    Drei Parteien stehen nur in Argentinien auf dem Wahlzettel
    "Italien hat 2001 seine Verfassung geändert. Und seitdem dürfen Italiener in der ganzen Welt, und das sind ungefähr fünf Millionen, teils mit doppelter Staatsbürgerschaft, so wie ich, ihre Vertreter fürs italienische Parlament wählen. Insgesamt sind das 18 Vertreter. Und wir haben eine Bewegung gegründet, die sich dort vor allem um die Belange der Auslands-Italiener kümmert."
    Zum Beispiel um die Anerkennung argentinischer Berufsabschlüsse in Italien oder um staatlich finanzierte Italienisch-Sprachkurse für alle, die zwar auf dem Papier noch Italiener sind, aber nur Spanisch sprechen. Ricardo Merlos Bewegung, vor zehn Jahren gegründet, hat denn auch nichts mit den Parteien von Matteo Renzi oder Berlusconi zu tun. Sondern sie ist eine von drei Parteien, die nur in Südamerika existieren, und die auch nur hier auf den Wahlzetteln stehen. Ihr Name: MAIE: Movimento associativo italiani all'Estero – die Vereinte Bewegung der Italiener im Ausland.
    Allein in Argentinien leben laut dem Außenministerium in Rom rund 900.000 Italiener. Einer von ihnen: Felice Ambrosio, 1950 aus Neapel nach Buenos Aires gekommen – heute Chef zweier vornehmer italienischer Restaurants. Letzte Woche hat er seine Briefwahlunterlagen ans italienische Konsulat geschickt.
    "Eigentlich ist es ja geheim, wen man wählt. Aber gut: Ich finde Berlusconi gut. Renzi und die Linke hat mir noch nie gefallen. Und ich muss zugeben: Von diesen südamerikanischen Parteien hab ich vorher noch nie gehört."
    Berlusconi und die Lega Nord auf einem Zettel
    Dass Berlusconi hier im Ausland automatisch zusammen mit der rechtspopulistischen Lega Nord auf dem Zettel steht – anders als in Italien - ist für Felice Ambrosio ärgerlich. Aber irgendwie auch zweitrangig. Weil: Es ist ja doch weit weg. Und genau aus diesem Grund haben andere für sich entschieden, nicht zu wählen. Sol Arrese zum Beispiel, die zwar einen italienischen Pass hat, wegen ihrem italienischen Opa, die aber selbst kaum ein Wort italienisch spricht.
    "Was sollen wir Argentinier denn zum italienischen Parlament sagen. Ich hab davon keine Ahnung. Und zu wählen wär, ich sag mal, so als Staatsbürger ziemlich unverantwortlich."
    Unterdessen kämpft Ricardo Merlo mit seiner Bewegung für mehr Bekanntheit. Denn er glaubt, dass er für die italienisch-Stämmigen in ganz Südamerika etwas zu bieten hat. Zum Beispiel auch in Venezuela, wo die Menschen seine Partei wählen können.
    "Da geht es zum Beispiel um die Rente. Italien schickt die Rente an die Italiener rüber, und von 300 Euro bleiben dann bei der Inflation gerade mal acht Euro übrig, wenn die Leute das Geld von der Bank holen. Deshalb fordern wir, dass sie ihre Rente direkt beim Konsulat bekommen sollen. Damit nichts verloren geht."
    Die Ideen der kleinen Südamerika-Parteien sind oft aus dem Alltag geboren und klingen gut – aber ob es für genügend Gehör im italienischen Parlament reicht? Am Ende müssten die Wahlplakate dafür vielleicht noch höher sein.