"Ich glaube an die Notwendigkeit permanenter Reformen. Argentinien ist Teil einer globalisierten Welt. Wir sollten an unsere Probleme nicht so herangehen, als würden wir in einem anderen Jahrhundert leben", sagte Präsident Mauricio Macri, als er Ende Oktober eine Steuer-, Renten- und Arbeitsmarktreform ankündigte.
Direkt nach Weihnachten hat die Steuerreform den argentinischen Senat passiert - zuvor hatte sie bereits das Abgeordnetenhaus verabschiedet. Auch ein Teil der Opposition stimmte für die Reform, die vorsieht, die derzeit hohe Steuerlast für Unternehmen schrittweise zu senken. Das sorgt zwar für geringere Steuereinnahmen, aber Macris Regierung erhofft sich davon eine starke wirtschaftliche Belebung. Außerdem wird zugleich eine neue Steuer auf Finanzrenditen erhoben.
"Finanzinvestoren werden nun auch zur Kasse gebeten"
Jorge Colina, Direktor des Wirtschaftsforschungs-Instituts IDESA in Buenos Aires: "Wer heute in Argentinien eine Fabrik eröffnet, muss 17 oder 18 verschiedene Steuern zahlen. Dagegen wurden Finanzrenditen bislang gar nicht besteuert. Mit der Reform will die Regierung produktive Investitionen, die Arbeitsplätze schaffen, begünstigen - während Finanzinvestoren nun auch zur Kasse gebeten werden."
Für den Liberalkonservativen Macri ist die Schaffung neuer Jobs ein entscheidendes Instrument zur Verringerung der Armut, von der fast ein Drittel der Argentinier betroffen ist. Weniger Armut würde auch weniger Ausgaben für Sozialhilfen bedeuten. Diese tragen zum hohen Staatsetat in Argentinien bei, ebenso wie der aufgeblasene Beamten-Apparat.
Geplante Arbeitsmarktreform
Macris Regierung hat sich vorgenommen, zu sparen und das Haushaltdefizit in Höhe von vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu senken. Vor diesem Hintergrund ist auch die geplante Arbeitsmarktreform zu sehen, die ebenfalls darauf abzielt, mehr Argentinier im Privatsektor in Lohn und Brot zu bringen. Die hohen Jobkosten sollen gesenkt, die Einstellung und Kündigung von Arbeitnehmern erleichtert werden. Und die Regierung will Firmen dabei unterstützen, Schwarzarbeiter künftig legal zu beschäftigen.
"Die Reformagenda der argentinischen Regierung ähnelt der von Präsident Emmanuel Macron in Frankreich, oder der Agenda 2010 in Deutschland. Macri setzt Strukturreformen um, die den Arbeitsmarkt flexibler machen und Investitionen erleichtern sollen", erklärt der unabhängige argentinisch-französische Wirtschaftsanalyst Juan Luis Buchet.
"Die Reformagenda der argentinischen Regierung ähnelt der von Präsident Emmanuel Macron in Frankreich, oder der Agenda 2010 in Deutschland. Macri setzt Strukturreformen um, die den Arbeitsmarkt flexibler machen und Investitionen erleichtern sollen", erklärt der unabhängige argentinisch-französische Wirtschaftsanalyst Juan Luis Buchet.
Widerstand und Proteste
Die Regierung will die Arbeitsmarktreform möglichst schnell durch den Kongress bringen, aber ein Teil von Gewerkschaften und Opposition leistet Widerstand. Nicht auszuschließen, dass es erneut zu Demonstrationen kommen wird. Kurz vor Weihnachten waren Proteste gegen Macris Rentenreform sogar zu Straßenschlachten zwischen einigen Demonstranten und der Polizei ausgeartet.
Viele Argentinier hatten die Reform als Rentenkürzung verstanden, doch tatsächlich änderte sich nur die Anpassungsformel: Die Renten steigen nun gemäß der Inflation - und damit etwas weniger als bisher. Auch bei dieser Reform geht es ums Sparen. Denn noch immer hat Argentinien ein hohes Defizit.
Ökonom Jorge Colina: "Argentiniens Defizit erklärt sich dadurch, dass es noch nicht gelungen ist, die Staatsausgaben zu verringern. Und jetzt werden auch noch Steuern gesenkt. Die Regierung finanziert das durch die Aufnahme neuer Schulden. Aber Macri hat klar gesagt: Auf Dauer können wir nicht auf Pump leben."
Staatschulden werden steigen
Fürs erste nimmt seine Regierung jedoch weiter Kredite auf. Die Staatschuld werde von derzeit 28,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in den kommenden zwei Jahren auf etwa 37 Prozent steigen, informierte Ende Dezember Finanzminister Luis Caputo. Die internationale Gemeinschaft sieht Argentinien dennoch auf einem guten Weg. Das Land gilt als aussichtsreicher Kandidat für einen Beitritt zur OECD, und übt jetzt als erstes südamerikanisches Land die G20-Präsidentschaft aus.
Analyst Juan Luis Buchet: "Das ist ein Zeichen des Vertrauens in die argentinischen Reformen, und auch eine Unterstützung für diese Reformen durch die anderen G20-Mitglieder."