Die kurze Geschichte der argentinischen Kunst lässt sich auf den ersten Blick so zusammenfassen: Am Anfang nach der Unabhängigkeit vor 200 Jahren dominieren die europäischen Vorbilder, die Romantik, der Realismus und schließlich auch die Strömungen der Moderne. Vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg kommen amerikanische Strömungen hinzu, die naturgemäß in dem südamerikanischen Land immer höchst zwiespältige Aufnahme finden. Doch Europa liegt nach dem Krieg am Boden, Argentinien selbst versinkt in einer Reihe wechselnder Regime und Diktaturen. Die 1960er- bis 80er-Jahre in dieser Ausstellung zeigen eine ganze eigene Form von Widerstandskunst, die sich einerseits der Darstellungsmittel amerikanischer Künstler, etwa der Pop Art, bedient. Aber ihre pathosbeladenen, teilweise schwülstigen Anklagen richten zugleich gerade gegen die Einflüsse der USA und ihrer Unterstützung der argentinischen Militärdiktatur. Die Überwindung der Diktatur hat dann seit den 1990er-Jahren auch in der argentinischen Gegenwartskunst ihre Spuren hinterlassen. Sie öffnet sich den globalen westlichen Märkten, schließt sich dem internationalen Mainstream an, bedient sich zunehmend der Neuen Medien und distanziert sich ironisch von den heroischen Kunstbegriffen der Zeit vorher.
So erscheint vieles, was in der Berliner Akademie der Künste zusehen ist, auf den ersten Blick oft wiedererkennbar und nicht besonders aufregend. Freunde von nationaler Kunstzuschreibung werden fragen, was denn angesichts so vieler äußerer Einflüsse das spezifisch Eigene, Unverwechselbare, typisch Argentinische dieser Kunst sein soll. Allerdings zeigt sich schnell, dass man, wie in allen ehemaligen Kolonien Südamerikas, mit dieser Frage nicht weiterkommt. Denn immer dann, wenn die jungen, gerade unabhängig gewordenen Staaten versucht haben, sich mithilfe einer repräsentativen Staatskunst eine eigene, unverwechselbare Geschichte zu geben, kam eigentlich eine Imitation der europäischen Staatskunst dabei heraus. Dementsprechend kopiert sah dann oft auch die offizielle argentinische Kunst dieser Zeit aus.
Kuratorin Diana Wechsler aus Buenos Aires versucht dagegen, die Arbeiten der Künstler in die direkte Korrespondenz mit der Geschichte Argentiniens zu setzen, als eine Art historisches Analyseinstrument, wie sie sagt. Aber eher scheint es sich bei den meisten Arbeiten um Allegorisierungen von Geschichte zu handeln.
Daniel Ontiveros hat in einer Arbeit von 2009 aus Spiegelbruchstücken die Buchstaben SUR ("Süden") zusammengesetzt. Ein melancholischer Verweis auf die gleichnamige Kulturzeitschrift der 30er-Jahre, die von Victoria Ocampo gegründet worden war und für den kurzen Glanz einer international vernetzten argentinischen Moderne stand. Leonel Luna wiederum greift in seinem großformatigen Vinyldruck von 2002 ein berühmtes Historienbild von Juan Blanes von 1879 wieder auf, das den General und späteren Machthaber Juan Roca mit seinen Truppen als Eroberer der Wüste Patagoniens zeigt. Luna jedoch ersetzt die Truppen Rocas durch die Opfer der schweren Wirtschaftskrise von 2001 und lässt Arbeits- und Obdachlose als bewaffnete Outlaws durch die Wüste streifen. Selbst die kunstvoll aufgeschlitzten Leinwände des 1968 gestorbenen Altmeisters Lucio Fontana erscheinen in diesem Kontext eher wie ein Kommentar zur Lage der argentinischen Kunst unter der Militärdiktatur, denn als konzeptionelle Auseinandersetzung mit dem Bildraum. Dagegen muten die kunstvoll im Raum aufgespannten, elastischen Seilskulpturen des aktuellen argentinischen Kunststars der letzten Biennale in Venedig, Tomas Saraceno, beinahe pralinenhaft dekorativ an.
Das gediegene Konzept dieser Ausstellung, die Staatsgeschichte Argentiniens mit den Mitteln der Kunst nachzuerzählen, verstellt dabei eher den Blick auf die aktuelle, überaus vitale Kunstszene von Buenos Aires, die auf ihre Weise aggressiv die Aufarbeitung der vergangenen Jahrzehnte mit ihren Massenmorden und Diktaturen vorantreibt. In dieser von der argentinischen Regierung abgesegneten Schau finden sich eher elegante Mythologisierungen. So ganz scheint das Land seinen Künstlern nach wie vor nicht über den Weg zu trauen.
So erscheint vieles, was in der Berliner Akademie der Künste zusehen ist, auf den ersten Blick oft wiedererkennbar und nicht besonders aufregend. Freunde von nationaler Kunstzuschreibung werden fragen, was denn angesichts so vieler äußerer Einflüsse das spezifisch Eigene, Unverwechselbare, typisch Argentinische dieser Kunst sein soll. Allerdings zeigt sich schnell, dass man, wie in allen ehemaligen Kolonien Südamerikas, mit dieser Frage nicht weiterkommt. Denn immer dann, wenn die jungen, gerade unabhängig gewordenen Staaten versucht haben, sich mithilfe einer repräsentativen Staatskunst eine eigene, unverwechselbare Geschichte zu geben, kam eigentlich eine Imitation der europäischen Staatskunst dabei heraus. Dementsprechend kopiert sah dann oft auch die offizielle argentinische Kunst dieser Zeit aus.
Kuratorin Diana Wechsler aus Buenos Aires versucht dagegen, die Arbeiten der Künstler in die direkte Korrespondenz mit der Geschichte Argentiniens zu setzen, als eine Art historisches Analyseinstrument, wie sie sagt. Aber eher scheint es sich bei den meisten Arbeiten um Allegorisierungen von Geschichte zu handeln.
Daniel Ontiveros hat in einer Arbeit von 2009 aus Spiegelbruchstücken die Buchstaben SUR ("Süden") zusammengesetzt. Ein melancholischer Verweis auf die gleichnamige Kulturzeitschrift der 30er-Jahre, die von Victoria Ocampo gegründet worden war und für den kurzen Glanz einer international vernetzten argentinischen Moderne stand. Leonel Luna wiederum greift in seinem großformatigen Vinyldruck von 2002 ein berühmtes Historienbild von Juan Blanes von 1879 wieder auf, das den General und späteren Machthaber Juan Roca mit seinen Truppen als Eroberer der Wüste Patagoniens zeigt. Luna jedoch ersetzt die Truppen Rocas durch die Opfer der schweren Wirtschaftskrise von 2001 und lässt Arbeits- und Obdachlose als bewaffnete Outlaws durch die Wüste streifen. Selbst die kunstvoll aufgeschlitzten Leinwände des 1968 gestorbenen Altmeisters Lucio Fontana erscheinen in diesem Kontext eher wie ein Kommentar zur Lage der argentinischen Kunst unter der Militärdiktatur, denn als konzeptionelle Auseinandersetzung mit dem Bildraum. Dagegen muten die kunstvoll im Raum aufgespannten, elastischen Seilskulpturen des aktuellen argentinischen Kunststars der letzten Biennale in Venedig, Tomas Saraceno, beinahe pralinenhaft dekorativ an.
Das gediegene Konzept dieser Ausstellung, die Staatsgeschichte Argentiniens mit den Mitteln der Kunst nachzuerzählen, verstellt dabei eher den Blick auf die aktuelle, überaus vitale Kunstszene von Buenos Aires, die auf ihre Weise aggressiv die Aufarbeitung der vergangenen Jahrzehnte mit ihren Massenmorden und Diktaturen vorantreibt. In dieser von der argentinischen Regierung abgesegneten Schau finden sich eher elegante Mythologisierungen. So ganz scheint das Land seinen Künstlern nach wie vor nicht über den Weg zu trauen.