Doris Schäfer-Noske: In der Wirtschaftskrise wollen sich die Leute ablenken, also ist die Krise keine Bedrohung für die Unterhaltungsindustrie, davon ist jedenfalls die Branche überzeugt. Die Leute fahren weniger weg, dafür grillen sie mehr mit Freunden, die Baumärkte könnten davon profitieren. Außerdem sind die Menschen viel zu Hause und wollen es sich dort gemütlich machen - die Krise ist also auch gut für die Möbelindustrie. Essen müssen die Menschen sowieso und Kleidung brauchen sie auch. Aber wird in der Krise noch Kunst gekauft? In Köln beginnt morgen die internationale Kunstmesse Art Cologne. Dazu erklärte der neue Direktor, Daniel Hug, er freue sich, denn die Krise werde zu mehr Qualität im Kunsthandel führen, da blieben nämlich nur noch Sammler, die mit Liebe kauften. Frage an Stefan Koldehoff im Studio: Redet sich da einer die Wirtschaftskrise schön?
Stefan Koldehoff: Kunstkauf hat ganz viel mit Psychologie zu tun, und man muss den Sammlern, die man da seit heute Nachmittag, offiziell aber erst ab morgen früh, in Köln erwartet, sicherlich auch ein bisschen das Gefühl geben, sie bewegten sich in einem Umfeld von Gleichen und die Lust auf den Kunstkauf sei ungebrochen. Die Pressekonferenz, die wir da heute Mittag erleben durften, war deshalb auch mehr eine PR- als eine Informationsveranstaltung. Ja, ich glaube schon, dass man die Krise auch ein bisschen wegreden möchte. Wenn man auf der anderen Seite - ich habe mit verschiedenen Galeristen heute Nachmittag gesprochen - hört, dass dort Umsatzeinbrüche von 50 bis 60 Prozent zu verzeichnen sind, dann ist die Situation sicherlich nicht überall rosig.
Schäfer-Noske: Und für die Galeristen ist das ja eine ganz wichtige Veranstaltung, diese Art Cologne?
Koldehoff: Na ja, es gibt Galeristen, die sagen, dass sie auf solchen Messen - es gibt ja nicht nur die Art Cologne, es gibt auch das art forum in Berlin beispielsweise, die artbrussels hat gerade stattgefunden, die ARCO in Madrid -, dass sie dort bis zu 50 Prozent ihres Umsatzes machen, dafür natürlich auch entsprechend hohe Standgebühren zahlen, Hotelkosten und so weiter, und so fort. Das sind schon wichtige Ereignisse für die Branche, ja.
Schäfer-Noske: Wie reagiert denn die Art Cologne auf die Wirtschaftskrise und auch auf ihre eigene Krise?
Koldehoff: Man hat - na ja, reagiert, ist wahrscheinlich zu viel gesagt, denn diese Planungen haben natürlich alle schon eingesetzt, bevor die Krise dann im Oktober, November so richtig losbrach - man hat einige Verbesserungen tatsächlich getroffen. Man hat andere Hallen bekommen auf dem Kölner Messegelände, viel großzügiger, viel übersichtlicher. Die Kunst lässt sich dort also besser präsentieren, man kann angenehmer flanieren zwischen den eigenen Booths, also den eigenen Ständen. Man hat sich dafür entschieden, noch einmal zu reduzieren auf jetzt nur noch rund 180 Galerien. Es war allerdings heute auch zu hören, dass man die obere der beiden Hallen fast nicht voll bekommen hätte. Und man hat sich zu zwei - man muss es so nennen - Rückschritten entschieden. Es war bisher üblich, dass auf der Art Cologne nur Originalwerke, also keine Auflagenkunst wie Drucke oder Fotografien in nummerierten Auflagen gezeigt werden durften. Das ist dieses Jahr deutlich anders. Und ein Trend, der aber auch in den letzten Jahren schon zu spüren war, ist diesmal umso stärker: Die Konzentration auf die Kunst nach ‛45 ist nicht mehr so deutlich zu spüren, es ist sehr viel Expressionismus und Klassische Moderne zu sehen.
Schäfer-Noske: Durch diese radikale Senkung der Teilnehmerzahl, die Sie schon angesprochen haben, hat sich ja Hug auch viele Feinde gemacht. War das klug?
Koldehoff: Es war sicherlich, kurzfristig gedacht, nicht klug. Aber dieses Theater - Wer wird nun zugelassen, wer wird nicht zugelassen? -, die Frage, ob es sinnvoll ist, dass über Zulassung und Nichtzulassung ein Ausschuss entscheidet, dem auch Galeristen, also Konkurrenten selbst angehören, die kommt jedes Jahr wieder. Und es gibt jedes Jahr wieder Galerien, die dann auch klagen und doch zugelassen werden wollen. Also kurzfristig nein, langfristig sicherlich schon. Die Art Cologne war sehr, sehr groß geworden und damit sehr unübersichtlich. Und offenbar haben Kunstmessen - es werden immer mehr, auch in Deutschland gab es in den letzten Jahren zusätzliche Gründungen - offenbar haben sie nur noch dann eine Chance, wenn sie ein ganz spezielles Marktsegment bedienen, und das ist in Köln immer die Nachkriegskunst gewesen. Es gab in den letzten Jahren die Verschiebung in Richtung der unmittelbaren Gegenwartskunst, also ganz junge, sehr plötzlich hochgepushte Künstler waren auch in Köln zu finden - Daniel Richter, Anselm Reyle, Neo Rauch und andere. Das hat man jetzt wieder zurückgefahren, und ich halte das gar nicht für so unklug, denn die Krise am Kunstmarkt führt dazu, dass sich die Sammler mehr und mehr auf die gesicherten Werte konzentrieren, also tatsächlich auf die Klassische Moderne, auf die unmittelbare Nachkriegskunst, auf Künstler wie Ernst Wilhelm Nay oder Emil Schumacher sich zurückbesinnen. Und deswegen ist es wahrscheinlich ganz schlau.
Schäfer-Noske: Ist es denn nun ein Neuanfang, mit dem sich die Art Cologne gegenüber Aufsteigern wie in Miami, London oder auch in Berlin der Messe behaupten kann?
Koldehoff: Es ist deutlich ein Neuanfang, es hat sich viel zum Positiven verändert, aber man muss ganz deutlich auch sehen, es geschieht in ungünstiger Zeit. Wie stark diese Auswirkungen sein werden, wie hoch die Verkäufe sein werden, das sieht man dann am Ende am kommenden Wochenende.
Schäfer-Noske: Stefan Koldehoff war das, über die Kunstmesse Art Cologne, die morgen das Publikum zulässt.
Stefan Koldehoff: Kunstkauf hat ganz viel mit Psychologie zu tun, und man muss den Sammlern, die man da seit heute Nachmittag, offiziell aber erst ab morgen früh, in Köln erwartet, sicherlich auch ein bisschen das Gefühl geben, sie bewegten sich in einem Umfeld von Gleichen und die Lust auf den Kunstkauf sei ungebrochen. Die Pressekonferenz, die wir da heute Mittag erleben durften, war deshalb auch mehr eine PR- als eine Informationsveranstaltung. Ja, ich glaube schon, dass man die Krise auch ein bisschen wegreden möchte. Wenn man auf der anderen Seite - ich habe mit verschiedenen Galeristen heute Nachmittag gesprochen - hört, dass dort Umsatzeinbrüche von 50 bis 60 Prozent zu verzeichnen sind, dann ist die Situation sicherlich nicht überall rosig.
Schäfer-Noske: Und für die Galeristen ist das ja eine ganz wichtige Veranstaltung, diese Art Cologne?
Koldehoff: Na ja, es gibt Galeristen, die sagen, dass sie auf solchen Messen - es gibt ja nicht nur die Art Cologne, es gibt auch das art forum in Berlin beispielsweise, die artbrussels hat gerade stattgefunden, die ARCO in Madrid -, dass sie dort bis zu 50 Prozent ihres Umsatzes machen, dafür natürlich auch entsprechend hohe Standgebühren zahlen, Hotelkosten und so weiter, und so fort. Das sind schon wichtige Ereignisse für die Branche, ja.
Schäfer-Noske: Wie reagiert denn die Art Cologne auf die Wirtschaftskrise und auch auf ihre eigene Krise?
Koldehoff: Man hat - na ja, reagiert, ist wahrscheinlich zu viel gesagt, denn diese Planungen haben natürlich alle schon eingesetzt, bevor die Krise dann im Oktober, November so richtig losbrach - man hat einige Verbesserungen tatsächlich getroffen. Man hat andere Hallen bekommen auf dem Kölner Messegelände, viel großzügiger, viel übersichtlicher. Die Kunst lässt sich dort also besser präsentieren, man kann angenehmer flanieren zwischen den eigenen Booths, also den eigenen Ständen. Man hat sich dafür entschieden, noch einmal zu reduzieren auf jetzt nur noch rund 180 Galerien. Es war allerdings heute auch zu hören, dass man die obere der beiden Hallen fast nicht voll bekommen hätte. Und man hat sich zu zwei - man muss es so nennen - Rückschritten entschieden. Es war bisher üblich, dass auf der Art Cologne nur Originalwerke, also keine Auflagenkunst wie Drucke oder Fotografien in nummerierten Auflagen gezeigt werden durften. Das ist dieses Jahr deutlich anders. Und ein Trend, der aber auch in den letzten Jahren schon zu spüren war, ist diesmal umso stärker: Die Konzentration auf die Kunst nach ‛45 ist nicht mehr so deutlich zu spüren, es ist sehr viel Expressionismus und Klassische Moderne zu sehen.
Schäfer-Noske: Durch diese radikale Senkung der Teilnehmerzahl, die Sie schon angesprochen haben, hat sich ja Hug auch viele Feinde gemacht. War das klug?
Koldehoff: Es war sicherlich, kurzfristig gedacht, nicht klug. Aber dieses Theater - Wer wird nun zugelassen, wer wird nicht zugelassen? -, die Frage, ob es sinnvoll ist, dass über Zulassung und Nichtzulassung ein Ausschuss entscheidet, dem auch Galeristen, also Konkurrenten selbst angehören, die kommt jedes Jahr wieder. Und es gibt jedes Jahr wieder Galerien, die dann auch klagen und doch zugelassen werden wollen. Also kurzfristig nein, langfristig sicherlich schon. Die Art Cologne war sehr, sehr groß geworden und damit sehr unübersichtlich. Und offenbar haben Kunstmessen - es werden immer mehr, auch in Deutschland gab es in den letzten Jahren zusätzliche Gründungen - offenbar haben sie nur noch dann eine Chance, wenn sie ein ganz spezielles Marktsegment bedienen, und das ist in Köln immer die Nachkriegskunst gewesen. Es gab in den letzten Jahren die Verschiebung in Richtung der unmittelbaren Gegenwartskunst, also ganz junge, sehr plötzlich hochgepushte Künstler waren auch in Köln zu finden - Daniel Richter, Anselm Reyle, Neo Rauch und andere. Das hat man jetzt wieder zurückgefahren, und ich halte das gar nicht für so unklug, denn die Krise am Kunstmarkt führt dazu, dass sich die Sammler mehr und mehr auf die gesicherten Werte konzentrieren, also tatsächlich auf die Klassische Moderne, auf die unmittelbare Nachkriegskunst, auf Künstler wie Ernst Wilhelm Nay oder Emil Schumacher sich zurückbesinnen. Und deswegen ist es wahrscheinlich ganz schlau.
Schäfer-Noske: Ist es denn nun ein Neuanfang, mit dem sich die Art Cologne gegenüber Aufsteigern wie in Miami, London oder auch in Berlin der Messe behaupten kann?
Koldehoff: Es ist deutlich ein Neuanfang, es hat sich viel zum Positiven verändert, aber man muss ganz deutlich auch sehen, es geschieht in ungünstiger Zeit. Wie stark diese Auswirkungen sein werden, wie hoch die Verkäufe sein werden, das sieht man dann am Ende am kommenden Wochenende.
Schäfer-Noske: Stefan Koldehoff war das, über die Kunstmesse Art Cologne, die morgen das Publikum zulässt.