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Artenschutz
Großtrappe als Flaggschiff für Biodiversität

Um ein Haar wäre die Großtrappe in Deutschland ausgestorben: Mitte der 90er Jahre gab es nur noch 57 Exemplare. Mittlerweile hat sich der Bestand mehr als vervierfacht, vor allem wegen strenger Schutzmaßnahmen: Ein Vorzeigebeispiel für internationale Kooperation zum Schutz wild lebender Tierarten.

Von Vanja Budde |
    Fressende Großtrappen auf einer Wiese in Brandenburg.
    Fressende Großtrappen in Brandenburg. (dpa / Förderverein Großtrappenschutz)
    Jetzt, im Frühjahr, balzen sie wieder: Die Hähne der so seltenen Großtrappen. In den Belziger Landschaftswiesen kann man sie dabei beobachten. Mit starken Fernrohren, denn der "Märkische Strauß" ist sehr scheu. Dennoch ist Torsten Langgemach, Leiter der staatlichen Vogelschutzwarte Brandenburg, noch ganz beseelt von dem Anblick.
    "Es ist unglaublich, was dieses Tier leistet, wie sie aussieht und dieses Balzverhalten ist einmalig in der Welt, das gibt es bei keiner anderen Vogelart."
    Die bis zu 15 Kilo schweren Großtrappen-Männchen plustern sich nämlich mächtig auf, um die Hennen zu beeindrucken: Sie krempeln ihr schneeweißes Untergefieder nach außen und führen einen rituellen Trampel-Tanz auf.
    Das Problem der industrialisierten Landwirtschaft
    Ist die Balz erfolgreich und sind aus den zwei bis drei Eiern glücklich Küken geschlüpft, ohne der Kälte, Füchsen oder Waschbären zum Opfer zu fallen, dann beginnt die eigentliche Arbeit: Trappen-Küken brauchen Insekten. Sehr viele Insekten. Und das ist in unserer industrialisierten Landwirtschaft eines der großen Probleme.
    "Wir müssen ein Management haben, wo eine Henne der Großtrappe in der Lage ist, innerhalb der ersten 14 Lebenstage dem Küken mehr als 10.000 große Insekten zu verfüttern. Das ist schwierig, da muss man wirklich was tun für die Gebiete. Und das haben wir geschafft."
    In den Schutzgebieten darf nur extensive Landwirtschaft betrieben werden, die Flächen müssen für den anspruchsvollen Bodenbrüter lange brach liegen. Windkraftanlagen können in den Zug-Korridoren der Trappen nicht gebaut werden, Stromleitungen müssen unter die Erde verlegt oder mit Warnflaggen behängt werden.
    Strenge Schutzmaßnahmen nicht einfach durchzusetzen
    Trappen-Schutz funktioniere daher nur in Zusammenarbeit, betonte Carolin Schilde, Staatssekretärin im Brandenburger Agrar- und Umweltministerium, das den Schutz der seltenen Vögel mit jährlich rund 230.000 Euro fördert.
    "Und dann hast du natürlich auch eine Bereitschaft der Landnutzer und auch der Eigentümer, bestimmte Dinge mitzumachen. Weil wir brauchen die Bewirtschaftung der Flächen, wir brauchen die Kulturlandschaft, um Naturschutz in der Region umzusetzen."
    Die strengen Schutzmaßnahmen seien politisch nicht einfach durchzusetzen, berichtete Schildes Kollege aus dem benachbarten Sachsen-Anhalt, Umwelt-Staatssekretär Klaus Rehda. Im Fiener Bruch konnte der Bestand dennoch von nur noch fünf auf 91 Exemplare gesteigert werden. Sachsen-Anhalt wolle zudem ein weiteres Vogelschutzgebiet Trappen-tauglich gestalten, kündigte Rheda an.
    "Weil wir an der Großtrappe so ein bisschen exemplarisch auch sehen, dass sie ein Indikator ist, wie wir mit der Natur, wie wir mit der Umwelt insgesamt umgehen."
    Vorzeigebeispiel für internationale Kooperation
    Gerade weil die Großtrappe so hohe Ansprüche an ihren Lebensraum stellt, könne ihr Schutz in Europa nur grenzübergreifend gelingen, betonte Tilman Schneider vom Verbindungsbüro der entsprechenden Bonner Konvention.
    "Die Großtrappe ist ein Flaggschiff für Biodiversität in Deutschland, in Europa. Es ist ein Vorzeigebeispiel für internationale Kooperation zum Schutz wandernder, wild lebender Tierarten."
    In Mitteleuropa konnten die Bestände der Großtrappe stabilisiert werden. Ganz anders sehe das in Osteuropa aus.
    "Das ist die Aufgabe für die Zukunft. Und deshalb halten wir dieses Treffen hier auch ab, mit der Perspektive, die internationale Zusammenarbeit weiter zu stärken."
    Denn ein solch einmaliger Vogel müsse der Welt erhalten werden, sagte Torsten Langgemach von der Vogelschutzwarte Brandenburg. Und - der Artenschutz lohne sich:
    "Auch nicht nur die Trappe profitiert davon, sondern eine Vielzahl von vielen, vielen anderen Arten. Wir haben unglaublich steigende Biodiversität in den drei Großtrappen-Schutzgebieten."