Stefan Römermann: Wie viele Tierarten es auf der Welt gibt, das wissen nicht einmal die besten Biologen. Experten schätzen, dass es irgendwo zwischen fünf und neun Millionen Arten sind, viele davon bis heute nicht entdeckt und viele werden es möglicherweise auch nie, weil der Mensch die Lebensräume beispielsweise in den Tropen zerstört. Auf einer großen Artenschutz-Konferenz in Johannesburg haben in den vergangenen zwei Wochen Vertreter aus über 180 Staaten der Erde zumindest versucht, einen Teil der am stärksten bedrohten Tierarten zu schützen.
Gestern ist die Konferenz zu Ende gegangen und darüber spreche ich jetzt mit Dörte von der Reith vom Internationalen Tierschutz-Fonds IFAW. - Frau von der Reith, eigentlich sollte die Konferenz ja noch bis heute gehen. Ist das frühe Ende eigentlich ein gutes Zeichen, oder ist man eher im Streit auseinandergegangen?
Dörte von der Reith: Das ist ein gutes Zeichen. Es ist so, dass es Vorentscheidungen gibt im Verlauf dieser zwei Wochen, und diese Vorentscheidungen müssen bestätigt werden von der Vollversammlung. Normalerweise sind das die letzten zwei Tage der Konferenz und da können Anträge noch mal revidiert werden. Das hatten wir ein bisschen befürchtet in einigen Fällen, ist aber nicht passiert. Alles ist glatt durchgegangen und so verabschiedet worden vom Plenum, wie das vorher entschieden wurde, und insofern ging das alles in einem Tag durch und das war ein gutes Zeichen.
Höchster Schutzstatus auch für alle acht Schuppentier-Arten
Römermann: Ich habe es eben schon einleitend gesagt. Der Schutzstatus für viele Tiere ist erhöht worden. Was würden Sie denn sagen, was sind die größten Erfolge jetzt dieser Konferenz?
von der Reith: Da gab es wirklich sehr viele gute Entscheidungen für den Artenschutz. Aus unserer Sicht als Organisation ist besonders erfreulich, dass alle acht Schuppentier-Arten den höchsten Schutzstatus erhalten haben. Das heißt, dass in Zukunft mit diesen Tieren gar nicht mehr gehandelt werden kann. Das ist für uns sehr wichtig, weil dieses Tier das am meisten illegal gehandelte Säugetier der Welt ist, extrem vom Aussterben bedroht. Es gibt vier Arten in Asien, vier in Afrika und alle Acht sind jetzt auf dem höchsten Schutzstatus. Das finden wir super.
Und es gibt auch eine ganz tolle Entscheidung für den afrikanischen Graupapagei, der sehr beliebt als Haustier ist, weil er sehr sprachaffin ist, und der hat auch den höchsten Schutzstatus erhalten. Das sind beides Entscheidungen, die wir sehr begrüßen.
"Decision Making Mechanism" bezüglich Elfenbein-Handel
Römermann: Ich habe gelesen, dass es auch beispielsweise im Zusammenhang mit Verfahrensfragen eine Verbesserung gibt. Das ist vermutlich sehr komplex und abstrakt. Aber vielleicht können Sie ganz kurz erklären, was da passiert ist.
von der Reith: Das bezieht sich auf den Elfenbein-Handel. Das nennt sich "Decision Making Mechanism" und da ging es darum, ein Prozedere festzulegen, wie in Zukunft über Elfenbein-Handelsanträge abgestimmt werden kann, und dieser Antrag ist von einer Mehrheit der Delegierten vom Tisch gefegt worden. Das heißt, das Thema Elfenbein-Handel wird erst mal überhaupt kein Thema mehr sein können bei den nächsten Konferenzen. Auch das ist für uns eine sehr technische Entscheidung, die aber große Bedeutung hat.
Römermann: Einzelne Länder haben sich ja durchaus dafür eingesetzt, dass beispielsweise der Handel mit Hörnern von Nashörnern oder auch mit Elfenbein weiter erlaubt wird. Es gab ja durchaus auch bestimmte Gründe dafür, dass es beispielsweise bei Nashörnern die Amputation der Hörner durchaus die Tiere schützen könnte, weil die Tiere eine Amputation überleben und dann nicht Wilderern zum Opfer fallen. Das hat sich aber nicht durchsetzen können?
von der Reith: Das hat sich glücklicherweise nicht durchsetzen können. Dieser Antrag kam von Namibia und Simbabwe. Die wollten ermöglichen, mit ihren Nashorn-Hörnern zu handeln, und das ist aber auch von der Mehrheit der Parteien hier rundweg abgelehnt worden. Auch das ist für uns natürlich eine total gute Entscheidung. Bei dem derzeitigen Bedrohungsstand der Nashörner kann einfach gar keine Entscheidung, die irgendeinen Handel befürwortet oder legitimiert, getroffen werden und das hat die Staatengemeinschaft hier erfreulicherweise auch so gesehen - auch das sehr positiv.
China habe seine Maßnahmen sehr verbessert
Römermann: Gab es klare Fronten? Haben die Industrieländer für mehr Artenschutz gestimmt und die Entwicklungsländer eher nicht, oder war das relativ durchmischt?
von der Reith: Das war sehr durchmischt. Es gab ganz neue Konstellationen von Abstimmungen hier auf der Konferenz, was uns auch sehr überrascht hat. Ich nenne mal zwei Beispiele. Als es um die Schließung nationaler Märkte für Elfenbein-Handel ging, hat China, das Hauptabnehmerland, der Hauptmarkt, sonst immer der Buhmann, wenn es um Elfenbein-Handel geht, allerdings in der letzten Zeit haben sie ihre Maßnahmen wirklich sehr verbessert. Sie haben angekündigt, ihre nationalen Märkte zu schließen, und haben auf dieser Konferenz sich vehement dafür eingesetzt, dass in allen Ländern weltweit die nationalen Märkte für Elfenbein geschlossen werden. Das von China - sensationell.
Römermann: Dörte von der Reith vom Internationalen Tierschutz-Fonds IFAW mit einer sehr positiven Bilanz der Artenschutz-Konferenz in Johannesburg. Vielen Dank für das Gespräch.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.