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Artenschutz
Mit gefälschtem Nashorn gegen Wilderei

In Afrika nimmt das Gemetzel an Nashörnern kein Ende, in Europa werden Naturkundemuseen und sogar Zoos geplündert: Rhinozeros-Horn ist hochbegehrt. Ein Forscher will nun Sand in das ökonomische Getriebe streuen - mit Fake-Hörnern.

Fritz Vollrath im Gespräch mit Christiane Knoll |
Zwei Nashhörner im Zoo Thoiry. Das dritte Tier wurde von Wilderern getötet und sein Horn abgesägt.
Zwei Nashörner im Zoo Thoiry. Das dritte Tier wurde von Wilderern getötet und sein Horn abgesägt. (AFP / THOMAS SAMSON)
Christiane Knoll: Herr Vollrath, Sie leiten an der Universität Oxford die "Silk Group", das heißt, Sie arbeiten mit Spinnenseide. Wie kommt ein Spinnenseiden-Forscher zum Nashorn?
Fritz Vollrath: Auf der einen Seite arbeite ich mit Spinnen und Seiden, auf der anderen Seite arbeite ich auch mit Elefanten. Und wir haben uns das mal angeschaut, ob wir das Elfenbein nachmachen können, indem wir Seide benutzen und einige Mineralien, die in den Knochen sind. Und das läuft ganz gut, und da hat ein Freund gesagt: "Weißt du was; wenn Du Elfenbein nachmachen willst, kannst du auch Rhinozeros-Horn nachmachen?" Dann hab ich mir das mal angeschaut - was ist das denn? Das ist eine Art Haar, sozusagen Nasenhaare, die hoch gewachsen sind. Und da dachte ich, das ist doch ganz einfach; dann schaue ich mal nach: Wer ist der nächste Verwandte? Das sind die Pferde. Pferde-Schwanzhaare kann man billig kaufen - klebe ich die doch mal zusammen mit diesen Seidenklebern, die wir benutzen, um das künstliche Elfenbein zu machen.
"Jeder kann versuchen, künstliche Rhinozeros-Hörner herzustellen"
Knoll: Und das hat ganz offensichtlich geklappt. Sie haben ein Verfahren zur Herstellung von Fake-Nashorn aus Pferdehaar. Und mit diesen Imitat wollen Sie nun den Schwarzmarkt fluten. Welche Effekte erhoffen Sie sich denn?
Vollrath: Ja, ich will den selber nicht fluten, sondern ich gebe das Rezept aus, wie man das machen kann. Das ist relativ billig, also Pferdeschwanz-Haare, dann kann man die zusammenkleben mit verschiedenen Klebern. Wir haben einen Kleber benutzt, der uns die Signale gibt, die chemische Signale und auch die mechanischen Signale, die das echte Rhinozeros-Horn hat, also wir haben es wirklich sehr gut nachgemacht. Das interessiert uns natürlich als Forscher. Aber jeder Entrepreneur sozusagen, Businessmann auf irgendeiner kleinen Straße kann jetzt versuchen, solche künstlichen Rhinozeros-Hörner herzustellen, und die auf den Markt werfen.
Was wichtig ist meiner Meinung nach ist nicht nur, dass der Markt jetzt unterminiert wird durch gute, falsche Hörner, sondern dass gleichzeitig eine Kampagne angefahren wird. Denn wenn man jetzt sagt: "O.K., schau mal nach, das Rhinozeros-Horn ist keine magische Substanz, also wenn du zum Apotheker gehst hinten in einer kleinen Straße irgendwo, und sagst: Ich will jetzt ein bisschen Nashornpulver haben, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass das kein echtes ist, sondern falsches ist, relativ hoch." Dann überlegst Du dir das, will ich nun wirklich tausend Euro geben für so ein Gramm von diesen Pülverchen. Also, die Kampagne ist meiner Meinung nach so wichtig wie die falschen Hörner, die dann möglicherweise auf dem Markt überall verteilt sind.
Wildererei unrentabel machen
Knoll: Es gibt allerdings auch Kritiker aus den Umweltschutzkreisen, die sagen, möglicherweise erzielen Sie damit genau das Gegenteil, nämlich dass die Kunden erst generiert werden. Was sagen Sie denen?
Vollrath: Ja, das kommt natürlich vor. Die Leute, die traditionellen "Conservation"-Leute sagen, wir müssen die Rhinozerosse in ihrem Habitat schützen - total richtig. Wir müssen versuchen, die zu fangen auf dem Markt - total richtig. Das muss alles gemacht werden. Die Ökonomen auf der anderen Seite sagen: Wenn der Preis runtergeht, dann sollte auch der Preis im Gelände runtergehen, wo die Wilderer sitzen. Also, dann geht der Preis für die Wilderer runter, die Kosten für die Wilderer bleiben hoch oder gehen sogar vielleicht noch höher. Das heißt, für den Ökonomen ist das eine Angebot-Nachfrage-Geschichte. Total richtig, dass man den Schutz nicht vergessen darf. Aber auf der anderen Seite, was ich sehe - und wir verbringen viel Zeit in Afrika mit den Elefanten - die Rhinozerosse, denen geht's schlecht, richtig schlecht. Auch in den Gebieten, wo sie hochgradig geschützt sind, wo Leute mit Gewehren hinter fast jedem Rhinozeros herlaufen: Von Zeit zu Zeit wird es doch gewildert; Horn abgeschnitten, weg. Man kann es alles nur versuchen.