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Artenschutz
Pro Wildlife: Heimtierhandel bedroht gefährdete Arten

Sie werden zu Trophäen, Delikatessen – oder Haustieren: Bereits gefährdete Tierarten werden vom globalisierten Handel noch zusätzlich bedroht, sagte Daniela Freyer von der Organisation Pro Wildlife im Dlf. Besonders der Heimtierhandel setze vom Aussterben bedrohte Arten unter Druck.

Daniela Freyer im Gespräch mit Britta Fecke |
Eine Königspython kringelt sich auf den Händen einer Frau.
Viele Menschen halten sich exotische Haustiere – diese stammen jedoch oft nicht aus einer Zucht (imago )
Britta Fecke: Was haben der tropische Schmetterling Dadakul, die Netzgiraffe und Zwergottern gemeinsam? Sie sind alle Exoten und bei Sammlern und Trophäenjägern besonders beliebt. Das gefährdet ihr Leben und in vielen Regionen auch den Fortbestand der Art, denn der Handel mit begehrten Tierarten droht ganze Populationen auszurotten. Um der Gefährdung bedrohter Arten etwas entgegenzusetzen, wurde 1976 das Washingtoner Artenschutzabkommen beschlossen. In dieser Woche legt die EU-Kommission ihren Vorschlag für die europäische Haltung vor, kurz vor der 18. Vertragsstaatenkonferenz zu diesem Artenschutzabkommen. Die wird dieses Frühjahr in Sri Lanka abgehalten. Daniela Freyer ist Biologin und Wildtier-Expertin bei der Umweltschutz-Organisation Pro Wildlife. Frau Freyer, eines der bekanntesten Beispiele für die Bedrohung einer Tierart durch Trophäensammler ist der Elefant. Der Handel mit dem Elfenbein ist seit 1989 verboten. Hat sich der Bestand der Dickhäuter denn seitdem merklich erholt?
Daniela Freyer: Ja! Anfangs hat er sich tatsächlich sehr gut erholt. Allerdings wurde dann der Fehler gemacht, dass man zweimal das Experiment gewagt hat, den Elfenbein-Handel doch noch mal freizugeben, und zwar erst nach Japan und dann nach China und Japan, und das war ein riesen Fehler. Danach hat die Wilderei wieder stark zugenommen und es wurden 30 Prozent der Elefanten in Afrika gewildert. Deswegen setzen wir uns von Pro Wildlife jetzt stark dafür ein, dass der Elfenbein-Handel auch verboten bleibt, aber es gibt leider immer wieder Angriffe auf dieses Elfenbein-Handelsverbot – und auch auf der kommenden Artenschutz-Konferenz gibt es leider Anträge, den Elfenbein-Handel wieder aufzunehmen, von einigen Staaten.
Fecke: Sind das immer dieselben Staaten?
Freyer: Ja, das sind leider immer dieselben Staaten aus dem südlichen Afrika, vor allem Namibia, Simbabwe, Südafrika und Botswana, die in wechselnder Zusammensetzung immer wieder beantragen, den Elfenbein-Handel wieder zu genehmigen. Das beobachten wir schon seit Jahren.
Giraffen werden für Kissenbezüge, Möbel, Messergriffe genutzt
Fecke: Elfenbein ist das eine, Nashörner das andere. Gibt es da wenigstens Entwarnung?
Freyer: Leider auch da nicht. Es gibt zwei Anträge von zwei Ländern auch aus dem südlichen Afrika, den Handel entweder mit dem Horn oder lebenden Tieren und Trophäen wieder aufzunehmen. Und beides sehen wir als Pro Wildlife natürlich auch sehr kritisch, weil die Bestände gerade in diesen Ländern sehr klein sind und Nashörner weltweit bedroht sind durch die Wilderei vor allem für den Nashorn-Handel in Asien.
Fecke: Ich habe mit relativer Überraschung gelesen, dass nun auch Giraffen bedroht sind. Was ist denn da der Fall?
Freyer: Ja. Die Giraffen-Bestände sind um bis zu 40 Prozent eingebrochen in den letzten 30 Jahren, und man ist sich einig, dass die Giraffen stark bedroht sind – durch Wilderei und durch Lebensraumverlust. Jetzt gibt es auch hier Anträge, die Art erstmals zu schützen, weil Giraffen derzeit völlig ungeschützt vor dem internationalen Handel sind. Sie werden gehandelt für ihr Fleisch, für Trophäen, aber auch für Dekorationsartikel, zum Beispiel für Kissenbezüge, für Möbel, für Messergriffe aus Giraffenknochen. Da gibt es alles Mögliche.
Fecke: Sie beobachten ja die Situation schon sehr lange. Was würden Sie sagen: Sind mehr gefährdete Arten bedroht, weil ihr Lebensraum inzwischen zerstört wurde oder weil der Handel mit ihnen so zugenommen hat?
Freyer: Es ist eine Kombination. Aber der Handel spielt auf jeden Fall eine sehr große Rolle, weil einfach der Konsum auch durch den globalisierten Handel immer stärker zugenommen hat. Tiere werden aus den verschiedensten Gründen gehandelt, vom Heimtierhandel – das ist übrigens die Kategorie, wo die meisten Arten jetzt bedroht sind und bei der kommenden Artenschutz-Konferenz unter Schutz gestellt werden sollen – über Luxusartikel und Trophäen, traditionelle Medizin, aber auch die Überfischung der Meere und der Holzhandel spielen eine große Rolle, warum Arten heutzutage durch den Handel bedroht sind.
Fecke: Sie haben gerade den Heimtierhandel angesprochen. Werden nicht genug Exemplare nachgezüchtet hier in Europa? Wieso müssen wir die noch aus den Tropen heranholen?
Freyer: Ja, die Zucht wäre durchaus möglich. Allerdings setzen viele Heimtierhalter, Hobbyhalter gerade im Bereich der Terraristik, Reptilien und Amphibien, darauf, immer wieder neue Arten zu halten und da gibt es eine sehr starke Nachfrage für Tiere aus der Natur. Das sind zum Teil auch neu entdeckte Arten. Zum Teil sind es Arten, die schon länger gehalten werden. Zum Beispiel geht es auch um diverse Schildkrötenarten. Aber es ist leider nach wie vor so, dass die Tiere aus freier Natur wesentlich billiger zu haben sind als die Nachzuchten. Also bedient man sich hier, solange der Handel nicht verboten ist.
„Ohne Artenschutz-Übereinkommen gäbe es keine Elefanten mehr“
Fecke: Das Washingtoner Artenschutz-Abkommen gibt es seit 1976. Können Sie denn auch von einer Erfolgsgeschichte berichten?
Freyer: Ja, wir sprachen vorhin schon von den Elefanten. Ich bin mir ziemlich sicher: Wenn es das Washingtoner Artenschutz-Übereinkommen (CITES – Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora) nicht gäbe, dann gäbe es heute auch keine Elefanten mehr, weil sie durch die Wilderei einfach ausgerottet worden wären. Auch die Großwale sind ein Positivbeispiel. Die Meeresschildkröten, die waren in den 80er-Jahren sehr stark gehandelt, auch bei uns, weil sie zu Dosensuppe verarbeitet wurden, aber auch exotische Haustiere wie Papageien. Letztendlich denke ich, dass es viele Arten nicht mehr gäbe, wenn sie nicht international geschützt werden.
Fecke: Sie haben gerade die Wale kurz angesprochen. Japan schert ja in der Hinsicht immer aus?
Freyer: Ja, das stimmt. Aber auch hier: Die Großwale sind durch CITES geschützt. Dadurch ist der internationale Handel verboten und Japan ist es zum Beispiel nicht möglich, aus anderen Ländern legal das Fleisch von Walen zu importieren. Und das hat auch wirklich einen großen Unterschied gemacht, dass der Walfang zumindest zurückgegangen ist. Für eine Großwal-Art, den Seiwal, hat CITES jetzt erreicht, dass auch Japan diese Art nicht mehr fangen wird.
Fecke: CITES wird jetzt eine der größten Konferenzen im Rahmen des Washingtoner Artenschutz-Abkommens. Was erwarten Sie in Sri Lanka?
Freyer: Es wird eine Konferenz mit wahrscheinlich bis zu 5000 Teilnehmern. Es wird heiß gestritten werden, vor allem wahrscheinlich wieder mal um den Elfenbein-Handel und den Handel mit Nashorn. Aber wir erwarten auch gute Fortschritte gerade im Bereich des Schutzes von Tieren, die für den Heimtierhandel gehandelt werden.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.