Der Bauernhof von Franz Grenzebach liegt idyllisch am Starnberger See. 60 Kühe muhen in seinem Stall, davor ein Obstgarten, im Hintergrund die Wiesen und ein Stück eigener Wald. Bislang baute der 26-jährige Landwirt auf seinen Äckern Gerste an. Das war einmal.
20.000 Quadratmeter, also zwei Hektar davon, teilen sich mittlerweile 110 sogenannte Blühpaten:
"Ich habe begonnen mit einem Facebook-Post, dass ich das anbieten würde und relativ schnell wurde der Beitrag dann auch geliked und geteilt und viel kommentiert und auch viel nachgefragt, und ich bin auch sehr gerne auf auch kritische Fragen eingegangen. Und schon kamen auch relativ schnell die ersten konkreten Anfragen, dass sie sich an einer Patenschaft beteiligen würden."
Hochwertige Blumenwiesen satt Ackerbau
Die Idee ist einfach: Landwirte wie Franz Grenzebach bieten ein Stück Ackerfläche an, zumeist 100 Quadratmeter, vereinbaren mit einem Paten per Vertrag, dass der Landwirt dort statt Mais oder Weizen eine hochwertige Blumenwiese für Bienen, Hummeln und andere Insekten ansät. Es wird nicht gemäht und nicht gedüngt. Auch Pestizide sind verboten.
"In diesem Jahr kann ich auf die Fläche für den Getreideanbau verzichten, und ich sehe es auch für meinen Betrieb als Möglichkeit, dass ich meinen Teil dazu beitragen kann…"
… zum Erhalt der Artenvielfalt. Um tatsächlich nur einheimische Kräuter, Gräser und Blumen zu verwenden, empfahl ihm die Naturschutzbehörde des zuständigen Landratsamtes Bad Tölz die Verwendung der Samenmischung B48 mit Namen "Lebendiger Acker frisch". Ähnlich kurios klingen auch die Namen der anderen Mischungen. Was drin ist? 38 verschiedene Sorten wie Acker-Witwenblume, große Bibernelle, wilde Möhre, weißes Labkraut.
Landwirte und Verbraucher rücken zusammen
Bei Familie Grenzebach am Starnberger See kosten 100 Quadratmeter auf drei Jahre 90 Euro, erklärt der Landwirt:
"Ich habe das halt für mich so durchgerechnet, das wäre der Betrag, wo ich sage, da sind so meine Kosten und der Aufwand einigermaßen vergolten. Ich sehe das ja auch als eine Möglichkeit, dass man durch das Projekt wieder besser in den Dialog mit den Verbrauchern treten kann."
Wie viele Landwirte in Bayern war Grenzebach gegen das Bienen-Volksbegehren. Die Initiatoren des Volksbegehrens wollen Änderungen im bayerischen Naturschutzgesetz bewirken. Die Landwirte würden als einzige an den Pranger gestellt, ihnen würde unterstellt, die Artenvielfalt zu ignorieren, sagt Grenzebach. Deshalb dreht er den Spieß jetzt um. Sollen doch die Bürger, die da unterschrieben haben, sich tatsächlich engagieren.
Bürger können nun selbst aktiv werden
Grenzebachs Blühpaten wie Andreas Grießer finden das Projekt absolut unterstützenswert:
"Ich bin über Facebook darauf gekommen, habe das irgendwann bei mir in der Timeline gefunden, dass Franz Grenzebach die Blühpatenschaft anbietet oder zumindest mit dem Gedanken spielt. Er hat das sehr provokant formuliert, was ich eigentlich auch sehr cool fand, so nach dem Motto: Liebe Bienenschützer, ein Kreuzchen machen ist leicht. Aber jetzt habt Ihr bei mir die Gelegenheit, 20 000 Quadratmeter Blühpatenschaft zu übernehmen."
Rund 250 bayerische Landwirte bieten mittlerweile 140 Flächen zur Patenschaft an. Über Ebay, per E-mail, auf ihrer eigenen Webseite oder auf der des Bayerischen Bauernverbandes BBV. In Kürze starten 500 Bauern als "Blüh-Botschafter" in die Regionen, erklärt BBV-Sprecher Markus Peters:
"Wir hatten jetzt die Situation, wo viel mit dem Finger auf die Landwirtschaft gezeigt wurde. Wir haben immer betont, es braucht auch das nötige Geld, um den Naturschutz auf den Wiesen und Feldern umzusetzen. Und mit den Blühpatenschaften versuchen eben die Landwirte draußen in ganz Bayern die Bürgerinnen und Bürger mit ins Boot zu holen."
Große Preisunterschiede bei Pachtgebühren
Kritik entzündet sich vor allem an der Höhe der Patenschaftspacht. Während der Starnberger Grenzebach 30 Euro pro 100 Quadratmeter und Jahr veranschlagt, liegen andere bei 60 bis 100 Euro. Macht auf den Hektar gerechnet 5.000 bis 10.000 Euro. Hinzu kommen rund 280 Euro pro Hektar und Jahr, die jeder deutsche Landwirt sowieso in Form von sogenannten Direktzahlungen aus dem Agrarsubventionstopf der EU erhält. Aus dem staatlichen Fördertopf des Kulturlandschaftsprogramms Bayern (KULAP) gibt es gerade einmal sechs Euro. Der Bayerische Bauernverband hält sich da raus. Landwirt Grenzebach gibt zu, dass er mit den Blühpatenschaften mehr verdient als mit der Getreideaussaat. Aber dass Kollegen überzogene Pachtgebühren verlangen wollen, sieht er ebenfalls kritisch, auch wenn er sagt:
"Ja, mei, das kommt immer auf das Konzept drauf an, was die Kollegen anbieten. Ich habe bei manchen gelesen, dass die mit Holzschildern die einzelnen Parzellen kennzeichnen, Kräuterwanderungen anbieten und noch ein Glas Honig dazu geben. Das kommt ganz auf das Konzept drauf an, was jeder einzelne Betrieb da anbietet."