Archiv

Artenvielfalt
Klimawandel bedroht Wespen in Costa Rica

Zwei Monate länger ist die Trockenzeit in Costa Rica in den letzten Jahrzehnten geworden. Durch das veränderte Klima nimmt die Zahl der dortigen Wespen ab. Das schadet auch mehreren anderen Tierarten. Forscher halten dazu an, sich für den Erhalt der Artenvielfalt einzusetzen.

Von Joachim Budde |
Papierwespe, Polistes instabilis
Die Wespen der Art Polistes instabilis ziehen für die Trockenzeit in die Berge und fallen dort zum Energiesparen in eine Starre (imago/John Abbott)
Wenn die Trockenzeit beginnt im bergigen Guanacaste Naturschutzgebiet in Costa Rica, finden die Wespen der Art Polistes instabilis keine Nahrung mehr in den tiefen Lagen. Die Raupen, von denen sie sich in der Regenzeit ernähren, verschwinden, und die Wespen ziehen sich zurück, erzählt Dan Janzen:
"Um die sechs Monate Trockenzeit zu überleben, ziehen sie in die Berge hinauf, in den Wolkenwald an den Gipfeln und fallen in eine Starre. Da verbrennen sie ganz wenig Energie. Wie in einem Kühlschrank. Und wenn der Regen zurückkehrt, ziehen auch sie wieder in die Ebene und bauen neue Nester."
Dan Janzen, Biologie-Professor an der University of Pennsylvania, erforscht die Insekten des Naturschutzgebietes seit 1963. Als er zum ersten Mal nach Costa Rica kam, war die Trockenzeit dort noch zwei Monate kürzer. Und inzwischen schieben sich die warmen Luftmassen in dieser Jahreszeit immer weiter die Berge hinauf, in die Kühlschränke der Wespen hinein. Wenn es zu warm wird, wachen die Wespen auf, dann reichen ihre Energievorräte nicht bis zur nächsten Regenzeit. Doch damit nicht genug, sagt die Ökologin Winnie Hallwachs. Auch sie arbeitet seit 40 Jahren in dem Gebiet:
"Jahrtausende lang übersommerten die Wespen auf 1.100 Metern Höhe. Dort war es zu kalt für Bodeninsekten wie Ameisen. Mit dem Klimawandel bleibt es nachts wärmer, der Boden erwärmt sich, sodass die Ameisen neue Reviere in höheren Lagen erobern können. Und das sind Beutegreifer, die fressen die erstarrten Wespen. Auch die Menschen in diesen Lagen machen sich Sorgen, denn plötzlich finden sie Ameisen in ihren Zuckerdosen, wo nie zuvor Ameisen aufgetaucht sind."
Andere Tierarten werden ihres Schutzes beraubt
Das vorzeitige Erwachen aus der Starre und die Treiberameisen dezimieren die Wespen. Weniger von ihnen kehren in die Ebene zurück. Das hat direkte Auswirkungen auf die Raupen, die sich jetzt ungestörter vermehren können. Doch es hat auch Konsequenzen für eine Reihe anderer Tiere, sagt Dan Janzen:
"Es gibt weniger Wespennester, und das schadet vielen Tieren, die auf die direkte Nachbarschaft angewiesen sind. Heuschrecken zum Beispiel, ruhen tagsüber neben den Wespennestern. Denn Affen und Vögel fürchten sich vor den aggressiven Wespen. Andere weniger wehrhafte Wespenarten bauen ihre Nester neben den Polistes-Bauten. Sie alle werden ihres Schutzes beraubt. Genauso wie bestimmte Vogelarten, die ebenfalls nahe den Wespen brüten, um Ruhe vor Affen und anderen Nesträubern zu haben."
Nicht nur Daten sammeln, auch handeln ist angesagt
Für all diese Arten wird es schwieriger, die Regenzeit zu überstehen und sich fortzupflanzen. Dan Janzen und Winnie Hallwachs sehen sich selbst und ihre Kollegen in der Pflicht, sich für den Erhalt der Artenvielfalt einzusetzen. Er habe das selbst auch lernen müssen, sagt der renommierte Professor für Artenschutz:
"Wir waren genauso damals 1980, 1970, 1960. Wenn Leute fragten: ‚Was machst Du für den Artenschutz?‘, sagte ich: ‚Nichts. Dafür sind andere da. Der WWF und andere Organisationen. Ich forsche im Regenwald.‘"
Viele seiner Kollegen seien immer noch zu sehr darauf bedacht, weiter Daten zu sammeln, statt zu handeln. Dan Janzen hat einen eindrücklichen Vergleich:
"Es ist, wie wenn Ihr Haus brennt. Möchten Sie, dass dann jemand mit einem Thermometer vorbeikommt und Ihnen berichtet: In Ihrer Küche ist es 230 Grad heiß, im Wohnzimmer 210 und im Keller 400? Nein. Sie brauchen kein Thermometer. Sie brauchen die Feuerwehr. Das sollte unsere wichtigste Frage sein: Wo ist die Feuerwehr? Wer hat das Feuer verursacht? Wer bezahlt die Feuerwehr, und weiß die Feuerwehr überhaupt, wie sie den Brand löschen kann? Das ist die Schlüsselfrage."
Zum Datensammeln bleibe daneben noch genug Zeit.