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Arterhaltung
Schutzprogramm für Großtrappen

Noch vor 100 Jahren waren sie eine Plage, heute gibt es gerade mal noch 165 Großtrappen. Der bis zu 15 Kilogramm schwere Vogel lebt auf Ackerflächen, doch intensive Bewirtschaftung und Insektizide machen ein Überleben schwer. Ein Schutzprogramm im Havelland zeigt Erfolge.

Von Sven Kästner |
    Fressende Großtrappen auf einer Wiese in Brandenburg.
    Die Trappen brauchen Flächen, die erst nach der Brutzeit Mitte Mai gemäht werden. (dpa / Förderverein Großtrappenschutz)
    "Vor 80 bis 100 Jahren gab es hier noch 7.000 Trappen. Das wurde zur Plage ausgeschrieben. Die Kinder sind raus geschickt worden und haben Trappen-Eier sammeln müssen."
    Naturpark-Rangerin Uta Drozdowski gibt in der Vogelschutzwarte Buckow eine kurze Einführung zu den inzwischen vom Aussterben bedrohten Tieren. Gut 20 Gäste haben sich an diesem späten Frühlingsnachmittag im Naturpark Westhavelland westlich von Berlin eingefunden. Sie wollen die Balz der Großtrappen beobachten. Alle in Deutschland gezählten Exemplare leben hier in der Region.
    "Also die werden jedes Jahr im März gezählt. Und dieses Jahr im März 165 Tiere."
    Kräftiger Körper, langer Hals und grau-braune Federn – auffällig groß sind vor allem die Hähne: Sie können bis zu 15 Kilo wiegen.
    "Das ist vom Gewicht her und von der Größe her einer der größten flugfähigen Vögel, die es gibt."
    Während drinnen in der Vogelwarte der Einführungsvortrag läuft, wartet draußen Heinz Litzbarski. Dass es hierzulande überhaupt noch Großtrappen gibt, ist vor allem ihm zu verdanken. Vor 35 Jahren gründete er im Havelland das Schutzprogramm, um das Schrumpfen des Bestandes zu stoppen.
    "Es ist in erster Linie die Landwirtschaft, die dafür sorgt, dass die Trappe es nicht so gut hat. Sie lebt nun mal auf Agrarflächen. Und die müssen, wenn der Betrieb ordentlich existieren will, natürlich auch vernünftig bewirtschaftet werden. Aber gleichzeitig braucht die Trappe mindestens ein Vierteljahr Ruhe auf den Flächen – von der Balz bis zum flüggen Jungvogel. Und das beißt sich."
    Insektizide vernichten Insekten - und damit die Nahrung der Großtrappen
    Schon zu DDR-Zeiten zerstörten die großen Landwirtschaftsmaschinen viele Trappennester. Der Bestand sank auf nur nur 55 Tiere Mitte der 90er-Jahre. Mittlerweile ist mit den Bauern vereinbart, dass sie ihre Äcker im Schutzgebiet erst nach der Brutzeit mähen. Trotzdem hat es der Vogelnachwuchs schwer. Das auf den Feldern großflächig versprühte Insektengift macht den Jungtieren zu schaffen, beklagt der mittlerweile 74-jährige Litzbarski.
    "Da kann man davon ausgehen, dass der größte Teil der Küken wegen des Insektenmangels auf den Ackerstandorten – also im Getreide - dort verhungert."
    Die Gäste der Vogelwarte sind mittlerweile am Beobachtungsturm auf einer nahen Wiese angekommen. Zwei schmale Holztreppen führen hinauf auf die Plattform. Bei hereinbrechender Dämmerung bietet sich den begeisterten Gästen oben ein Rundblick über die flache Landschaft - munteres Tierleben inklusive.
    "Ach, mein Gott, es sind Trappen da. Das ist auch immer so ein Würfelspiel."
    Zwei balzende Hähne stehen in gut zwei Kilometern Entfernung am Wiesenrand. Ihre Hälse haben sie eingeklappt und das helle Untergefieder von Flügeln und Schwanz auf den Rücken geworfen – wie zwei große Federkugeln sehen sie aus. Das soll die Hennen locken, heute aber sind die Menschen auf der Plattform interessierter. Rangerin Drozdowskie baut ein Spektiv auf – ein riesiges Fernglas mit hundertfacher Vergrößerung.
    "Also Morgendämmerung und Abenddämmerung, sagt man so, ist die Hochzeit der Balz. Die sind sicherlich am Tage auch hier, aber irgendwann müssen sie ja auch mal Nahrung aufnehmen."
    Für den Schutz der Tiere wird einiges unternommen: In das Trappengebiet werden keine neuen Straßen, Windräder oder Freileitungen gebaut. Ein Zaun soll natürliche Feinde wie Fuchs oder Marder von den Nestern fern halt. Das hat sich ausgezahlt – der Bestand hat sich in den vergangenen 20 Jahren verdreifacht. Allerdings ist das Überleben der Art mit 165 Großtrappen längst nicht gesichert.