Arthur Jafa trägt eine Camouflage-Cap, eine dicke versilberte Halskette und eine Sonnenbrille im Kragen seines zu großen Sweatshirts. Keine Frage: Dieser Mann fällt auf und sieht auf den ersten Blick vielleicht mehr aus wie ein amerikanischer Sportstar als ein bildender Künstler und Filmemacher.
Jafa zeigt in München jetzt seinen einstündigen Kunstfilm "akingdoncomethas" - zu Deutsch "so wird ein Reich kommen"- von 2018. Eine Europapremiere.
Der Film reiht Aufnahmen von Predigern und Gospelsängerinnen in ihren Schwarzen Kirchengemeinschaften aneinander und unterbricht diese Sequenzen immer wieder mit asynchroner Musik, die Jafa hineinmischt, und den Bildern von verheerenden Waldbränden in Kalifornien.
Wenn der Prediger von "Change" spricht, denkt man an Barack Obama, und wenn nach einem exstatischen Song plötzlich Bäume brennen, wirkt das wie eine unheilvolle Mahnung.
Grell, roh assoziativ
Arthur Jafa: "Früher, an der Universität, habe ich Leute sagen hören, Black Cinema müsse in schwarz-weiß gedreht sein, schwarz-weiß sei revolutionär, Farbe dagegen dekadent. Ich konnte das nie verstehen. Es gibt ja auch Farben in Afrika" sagt Jafa lapidar und lacht.
Nein, seine Filme sind keinesfalls Schwarz und Weiß - weder formal noch inhaltlich. "akingdoncomethas" ist so gesehen ein typischer Jafa-Film. Grell, roh, assoziativ und schwer zu deuten. Interpretationen weicht er regelmäßig aus.
Arthur Jafa: "Eine Frage, die ich nicht mag, ist, was ich mit meiner Arbeit sagen will. Ich sage, was ich meine, aber ich will nichts mit meiner Arbeit sagen. Wenn du einen Film oder ein Gemälde machst, willst du nichts sagen, sondern du erzeugst Bedeutung."
Jafa verwendet Filmschnipsel aus den sozialen Medien, aus der schwarzen Community, und setzt sie mit Musik auf seine ganz eigene Art zusammen. So ist er berühmt geworden. Mit dem visuell-auditiven Resampling der "Black Experience", der schwarzen Erfahrung.
"Was bedeutet schwarz sein in einer weißen Welt?", diese Frage stellen alle seine Filme und Fotografien. Ein Selbstporträt von 1988 zeigt ihn, wie er mit Kamera in der Hand bedrohlich in den Spiegel blickt. Der Titel des Fotos: "Monster".
Immer authentisch
In seinem Kurzfilm "APEX" von 2013, der ebenfalls in München im Zuge des Filmfests gezeigt wird, fand Jafa zu seiner typischen Montagetechnik. Bis heute vielleicht sein eindrucksvollster, sein brutalster Film.
In "Love is the Message - the Message is Death", mit dem er 2016 seinen Durchbruch schaffte, und "The White Album", für den er jetzt den Goldenen Löwen auf der Biennale erhielt, setzt er diese Technik fort. Konsequent, aber auch repetitiv erscheint sein Werk. Und immer authentisch.
Auch darüber wird im Panel an diesem Abend diskutiert, über Geld, wie hoch darf/soll das Budget von authentischem Black Cinema sein? Filmemacher wie Larry Clark oder Dennis Dortch, die mitdiskutieren, haben Filme für 7.000 Dollar gemacht. Filme mit Leuten aus dem Knast, aus der schwarzen Community. Auch Jafas erste Streifen waren so: "cheap", "billig" - und sind das eigentlich heute noch.
Arthur Jafa: "Ich mag die Hip-Hop-Jungs, weil sie einfach Supergangster sind. Wenn du ihnen eine Million Dollar gibst, nehmen sie 500.000 und tun den Rest in die Bank. Sie bleiben "cheap"…"
"Rawness", Rohheit, nennt Jafa das. Ob ein Jay-Z, mit dem Jafa immer wieder zusammenarbeitet, diese Rohheit noch besitzt, darüber wird nicht gesprochen…
Wo sind die Frauen im Black Cinema?
Auch die Methode der Collage, das Nebeneinander von High und Low ist in der jüngeren Kunstgeschichte natürlich überhaupt nicht neu, ob Warhol, Braque oder Basquiat, nicht mal das Thema, mit dem Jafa seine postmoderne Arbeitsweise verbindet, ist neu - aber er trifft derzeit schlichtweg den Nerv der Zeit.
Frage aus dem Publikum. "Wie sieht es eigentlich mit schwarzen Filmemacherinnen aus?" Jafa weicht aus. "Es sei eine Schande, dass heute keine Frau bei der Diskussion dabei sei", die Fragestellerin lässt nicht locker, sie möchte zumindest ein paar Namen hören: Stille.
Dann spricht Jafa lange über Julie Dash, deren Film über eine afrikanische Nonne in seiner Filmreihe zu sehen ist. Trotzdem bleibt ein ungutes Gefühl. Der Feminismus scheint im Black Cinema eher noch nicht angekommen zu sein, von 13 von Jafa ausgewählten Filmen in der Reihe sind nur zwei von Frauen. Dieses Thema wäre doch vielleicht eine innovative Idee für seinen nächsten Streifen?