Romy Schneider oder Caterina Valente, Pierre Brice oder Mario Adorf, Heinz Rühmann, Hannelore Elsner, fast jeder Star in der Deutschen Nachkriegsfilmgeschichte hat in einem Atze Brauner Film mitgespielt. Auch Armin Müller Stahl: "Wenn ich die 250 Filme aufzähle, die er in seinem Leben gemacht hat - wer hat die schon gemacht? Wer kann auf 250 Filme zurückblicken? Und er hat ein interessantes, wunderbares Leben aufgebaut, er hat es geschafft. In Amerika sagt man: He made it."
Begonnen hat die Karriere 1948 mit einem kommerziellen Mißerfolg. Der dreißigjährige Holocaustüberlebende hat einen Film über die Vernichtung der Juden gedreht, so etwas wollte nach dem Krieg niemand sehen. Brauner: "Ich hab gesagt, entweder verlasse ich Berlin oder ich bleibe da und versuche es mit Unterhaltungsfilmen. Neunzig Prozent der Bevölkerung waren noch Nazis."
Besessen vom Film
Artur, in Lodz geboren als Abraham Brauner, hat 49 Familienmitglieder im Holocaust verloren hatte, und er schaffte den Spagat. Er war schon als kleiner Junge besessen gewesen vom Film, im West-Berlin der Nachkriegszeit arbeitete er ununterbrochen in seinen Spandauer CCC Filmstudios, um einerseits unterhaltsame Schmonzetten und andererseits Filme zu produzieren, die zeigten, was den europäischen Juden widerfahren war. Brauner: "Ich glaube, dass das, was vorliegt, gar nicht schlecht ist, aber am wichtigsten für mich sind die Filme, die Vergessene unvergesslich machen."
Eines seiner für ihn wichtigsten Werke ist jenes, das einen Skandal provozierte: "Hitlerjunge Salomon". Der international und kommerziell erfolgreiche Film von 1990 hätte für einen Oscar vorgeschlagen werden sollen, aber die deutsche Oscarkommission reichte keinen einzigen Film ein. Brauner: Nicht vergessen oder unvergessen, sondern peinlich und traurig, dass es so etwas geben kann. Die wollten nicht, dass ich einen Oscar bekomme."
"Vorläufer des Creative Producers"
Brauner war ein ungewöhnlicher Produzent, denn er machte alles selbst, die gesamte Organisation, alle Verträge, er galt als ungeheuer sparsam, und er wollte auch künstlerisch das letzte Wort haben. Dieter Kosslick: "Er hat sich nur eingemischt. Ich meine, das ist nun einmal so, das ist der Chef der Veranstaltung. Der Regisseur ist vielleicht der Künstler, aber der Produzent hat ja oft auch sehr viel zu sagen und nicht umsonst gibt es ja heute an Filmhochschulen den Studiengang "Creative Producer", also Kreativer Produzent. Und ich denke mal, dass Artur Brauner so ein Vorläufer dieses Creative Producers war, denn der hat sich auch in diese Prozesse eingemischt. Ich kann nicht sagen, ob die Filme dadurch besser oder schlechter geworden sind - das macht ja nichts, sie sind so geworden, wie sie geworden sind, und die waren alle ziemlich gut."
Brauner schaut immer noch nach dem Rechten
Brauner war ein großer Unternehmer in der Inselstadt West-Berlin. Ex-Bürgermeister Walter Momper: "Ich glaube, dass er dazu beigetragen hat, in den schwierigsten Zeiten, die die Stadt durchlebt hat - es war ja damals Chruschtschow-Ultimatum und und und - dass die Leute hier auch ausgehalten haben."
Heute führt die Tochter Alice Brauner die Geschäfte, die vor einigen Jahren mit immensen Steuerschulden belastet waren. Atze Brauner gibt nach dem Tod seiner Frau Maria vor einem Jahr keine Interviews mehr, die Zitate stammen aus dem CCC Fernsehporträt "Marina, Mabuse und Morituri". Dennoch schaut der Hundertjährige, der angeblich nach wie vor 700 Telefonnummern auswendig weiß, immer noch nach dem Rechten im Geschäft. So, wie er in den 50er Jahren selbst das Glas gehoben hatte, tun wir es heute und wünschen ihm Gesundheit, Le Chaim, Atze Brauner.