"Keines anderen Knecht sei, wer sein eigener Herr sein kann."
Dieses Lebensmotto hatte Paracelsus für sich gewählt. Er war einer, der den Geist der Renaissance verkörperte: Ein Querdenker und Reformer, rebellisch, aber mit dem tradierten Wissen seiner Zeit bestens vertraut, erzählt der Mediziner Professor Bernhard Uehleke:
"Im Unterschied allerdings zu der doch eher konservativen Medizin stellte er die alten antiken Schriften und Autoritäten infrage. Er selber hatte ja einen breiten Hintergrund: einerseits medizinisch, andererseits auch, wie sein Vater Bergbau und Mineralogie und von da aus übergehend in die frühe Chemie; also in die Metallurgie und die Scheidekunst."
Theophrastus Bombastus von Hohenheim, so sein eigentlicher Name, wurde in der Nähe von Einsiedeln in der Schweiz geboren, vermutlich 1493 oder 94. Über viele Phasen seines Lebens weiß man kaum etwas: In jungen Jahren zog er mit seinem Vater, später allein durch ganz Europa, war mal als Militär-, mal als Wundarzt beschäftigt, wobei er einige seiner Anstellungen wohl nicht ganz freiwillig verließ.
Dennoch erwarb sich Paracelsus einen gewissen Ruf und wurde 1527 zum Medizinprofessor und Stadtarzt von Basel ernannt.
"Die Wahrheit muss nur deutsch gelehrt werden,"
verkündete Paracelsus lautstark bei seinem Amtsantritt und hielt seine medizinischen Vorlesungen nicht mehr in Latein, um sie fürs "fürs gemeine Volk" zu öffnen.
"Also in dieser Weise wollte er die Medizin demokratisieren. Er war aber sicher auch von der Person schon sehr streitbar und angriffslustig und scheute vor keiner Konfrontation und vor keinem Streit, vor keiner Beleidigung zurück. Und seine Lehrtätigkeit an der Universität war ja nur wenige Monate lang."
Abruptes Ende einer Uni-Karriere
Sie endete ziemlich abrupt, nachdem Paracelsus die 1000 Jahre alten, wichtigsten medizinischen Schriften von Hippokrates, Galen und Avicenna öffentlich verbrannt und getönt hatte:
"Es ist verfehlt, in der Medizin sein Wissen vom Hörensagen und Lesen zu schöpfen!"
Allerdings hat Paracelsus selbst ein kolossales Werk hinterlassen, das äußerst schwierig zu lesen und zu interpretieren ist. Die über 10.000 Seiten sind ein merkwürdiges Hin und Her zwischen Magie, Gottesglauben und wissenschaftlicher Naturbeobachtung, zwischen tiefer Demut angesichts des menschlichen Leidens und Allmachtsfantasien.
"Es findet sich sozusagen alles Mögliche, und man kann so herauslesen, was immer man auch möchte."
Galionsfigur der Alternativmedizin
Die alternative Medizin betrachtet Paracelsus heute oft als ihre Galionsfigur – vor allem wohl wegen seiner ständigen Auseinandersetzungen mit der herrschenden "Schulmedizin". Aber auch, weil er die Pflanzenheilkunde enorm weiterentwickelt hat.
Professor Matthias Melzig vom Institut für Pharmazie an der FU Berlin meint dagegen:
"Paracelsus war der erste pharmazeutische Chemiker, und er wollte die Quintessenz, also das eigentlich wichtige, was in Arzneistoffen steckte, isolieren und anwenden."
Allerdings gab es die Chemie, wie wir sie heute kennen, im 16. Jahrhundert noch nicht. Es gab nur die "Alchimie", die "Scheidekunst". Und Paracelsus versuchte zunächst auch, durch Schmelzen, Destillieren und Extrahieren Magisches zu vollbringen und das universelle Lebenselixier zu finden:
"Er wollte auch Gold machen, er wollte das Arcanum finden, aber er benutzte diese Techniken, um sie quasi auch wissenschaftlich einzusetzen, sodass hier der Übergang zu sehen ist von der reinen Alchimie hin zu einer eher naturwissenschaftlich orientierten Heilkunde und der Herstellung von chemisch definierten Arzneistoffen."
Auf die Dosis kommt es an
Aus diesem intensiven Studium der Arzneipflanzen resultiert schließlich auch der berühmteste, bis heute gültige Lehrsatz des Paracelsus:
"Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis machts, dass ein Ding kein Gift sei."
Das war bezogen auf seinen eigenen Tod fast ein bisschen prophetisch. Warum Paracelsus im Alter von 47 Jahren in Salzburg starb, ist bis heute ungeklärt: War es sein ungesunder Lebenswandel? Oder wurde er vielleicht vergiftet? Oder ist er an einer Überdosis Quecksilber gestorben, das er selbst genommen hatte, um eine heftige Mittelohrentzündung zu kurieren?
Sicher ist nur, was in Stein gemeißelt auf seinem Grabstein steht:
"Im Jahre 1541 am Tag 24 des Septembers hat er das Leben mit dem Tode getauscht."