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Arzt - und weg?

Viele junge deutsche Ärzte zieht es noch immer ins Ausland. Die Schweiz, Großbritiannien und Skandinavien stehen auf dem Wunschzettel ganz oben. Welche Chancen und Nebenwirkungen die Arbeit im Ausland bietet, beschreibt der Autor Manfred Bausch in seinem Buch "Arzt - und weg".

Von Kate Maleike |
    Kate Maleike: "Arzt – und weg?" So heißt ein neues Buch, das eine Bestandsaufnahme der ärztlichen Berufsperspektiven im Ausland wagt. Am Beispiel von zehn Ländern hat der Autor Manfred Bausch Chancen und Nebenwirkungen aufgezeigt. Manfred Bausch hat jahrelang für die Bundesagentur für Arbeit im Bereich der Berufsberatung und Akademikervermittlung gearbeitet und war dort auch mit der Auslands- und Fachvermittlung betraut, speziell den Medizinerarbeitsmarkt hat er also über einen langen Zeitraum verfolgt. Herr Bausch, in der jüngsten Vergangenheit war immer von einem großen Boom oder einem Aderlass die Rede, scharenweise wurden junge deutsche Mediziner zum Beispiel nach Norwegen, Großbritannien und in die Schweiz vermittelt. Hält dieser Boom denn noch an?

    Manfred Bausch: Es hat sich in den letzten Jahren einiges geändert. Großbritannien zum Beispiel hat die Assistenzarztausbildung grundlegend geändert, sodass es auch schwierig ist für deutsche Assistenzärzte, dort einzusteigen. Auch die Einstellung von Fachärzten hat speziell in Großbritannien abgenommen. Das Gleiche gilt für Norwegen, dort konnten wir in den vergangenen Jahren eine gewisse Konsolidierung beobachten, sodass keine so große Notwendigkeit mehr besteht von Norwegen aus, deutsche Ärzte zu rekrutieren.

    Maleike: Hat das auch damit zu tun, dass sich der hiesige Arbeitsmarkt für Mediziner verändert hat?

    Bausch: Der Arbeitsmarkt für Ärzte in Deutschland zeichnet sich dadurch aus, dass praktisch von der Bewerberseite her davon gesprochen werden kann, dass er leergefegt ist. Wir haben eine Arbeitslosenquote, die um die ein Prozent beträgt, also kaum noch feststellbar ist. Die Berufsperspektiven sind rein rechnerisch natürlich in Deutschland sehr gut. Das mag auch dann dazu führen, dass der Drang, ins Ausland zu gehen, nicht mehr so häufig realisiert wird. Dennoch spielen natürlich viele junge Mediziner, vor allem Medizinstudenten, mit dem Gedanken, irgendwann einmal nach dem Studium im Ausland tätig zu werden.

    Maleike: Welche Gründen führen denn dazu, dass tatsächlich der Gang ins Ausland ins Auge gefasst wird?

    Bausch: Die Medizin-Studierenden, aber auch viele Ärzte sind unzufrieden mit der Situation, vor allem an den Kliniken und Krankenhäusern. Vor allem die ungünstigen Arbeitszeiten, die wenig flexiblen Bedingungen, auch Teilzeitarbeit einzugehen, die Budgetierung, aber auch die vermeintlich ungünstige Vergütung der ärztlichen Leistungen sind wohl die Hauptgründe für die schlechte Stimmung unter den Studierenden und unter den berufstätigen Ärzten in Deutschland.

    Maleike: Da kommen wir jetzt sozusagen zu Ihrem Buch. Sie haben ja ganz bewusst gesagt, das ist kein Empfehlungshandbuch, sondern Sie wollen im Grunde eine Bestandsaufnahme machen. Was findet denn der Leser in Ihrem Buch genau?

    Bausch: Der Leser findet am Beispiel – die Leserin übrigens auch – von zehn Ländern Rahmenbedingungen, die das Gesundheitswesen in den jeweiligen Ländern betreffen, den Zugang zum Arbeitsmarkt, aber auch Fragen des Rentenrechts, der Arbeitszeit, der tariflichen Bezahlung und viele nützliche Links und Adressen, mit denen man sich weitergehend informieren kann über die Situationen in den einzelnen Ländern.

    Maleike: Wenn Sie keine Empfehlungen aussprechen wollen, können Sie trotzdem vielleicht sagen, welche Länder sind denn gerade besonders günstig für junge Mediziner zum Beispiel?

    Bausch: Also das muss man sicherlich einteilen nach der Motivation, nach verschiedenen Gesichtspunkten. Eine große Rolle spielt natürlich die Sprache, insofern ist die Schweiz ganz oben auf der Wunschliste und die englischsprachigen Länder, wo die Sprachhürde nicht so groß ist, aber auch die skandinavischen Länder sind nach wie vor sehr beliebt, insbesondere Schweden. Hier weiß man, dass besonders große Rücksicht genommen wird auch auf Familien, was die Arbeitszeit betrifft und die Bedingungen der Arbeit, und aber auch die Möglichkeit der Weiterbildung, auch in Teilzeitprogrammen. Das sind Dinge, die wesentlich besser sind als in Deutschland.

    Maleike: Lassen Sie uns zum Schluss noch ein bisschen in die Zukunft schauen im Sinne von: Das nächste Buch von Manfred Bausch heißt dann: Die Perspektiven für junge Mediziner in Deutschland. Mit anderen Worten: Was muss sich eigentlich verändern, damit junge Mediziner tatsächlich eine Perspektive hier in Deutschland auch sehen, auch hier bleiben, denn es fehlt uns ja auch an allen Ecken und Enden.

    Bausch: Es muss sich eine ganze Menge ändern, was vor allem die Tatsache betrifft, dass inzwischen ein niedergelassener Arzt mehr als die Hälfte der Arbeitszeit mit Dokumentationspflichten verbringt. Hier muss man schauen, dass der Arzt wieder besser am Patienten arbeiten kann. Aber auch in den Krankenhäusern muss man weiter daran arbeiten, die Hierarchien dort abzubauen, die Bürokratie zu verringern, aber vor allem auch vernünftige und attraktive Arbeitszeitmodelle anzubieten. Dann besteht auch eine größere Chance, dass wieder mehr Mediziner den Arbeitsmarkt in Deutschland auch attraktiv finden. Obwohl die ganze Situation sieht ja so aus, dass im Jahr 2008 etwa 2000 Ärzte ins Ausland gegangen sind, bezogen auf die Gesamtzahl erwerbstätiger Ärzte in Deutschland sind das 1,2 Prozent, das ist also keine aufregend hohe Zahl, und insofern sollte man das ganze Problem auch nicht überdramatisieren.

    Maleike: Herzlichen Dank für das Gespräch! In "Campus & Karriere" war das Manfred Bausch. Sein Buch "Arzt – und weg?" ist im Asgard-Verlag erschienen und kostet 29,90 Euro. Und die Informationen dazu stellen wir natürlich auch ins Internet unter www.dradio.de. Und gleich fragen wir hier nach, wie es einem deutschen Arzt im Ausland geht. Wir sind verabredet mit Jan Schmidtko, der Lausanne in der Schweiz arbeitet.

    Manfred Bausch: Arzt - und weg?", Asgard-Verlag Dr. Werner Hippe GmbH; 29,90 Euro