Aus dem Aufstand gegen das Regime von Präsident Assad vor vier Jahren ist längst ein blutiger Bürgerkrieg mit internationaler Beteiligung geworden. 220.000 Tote, die Hälfte der Bevölkerung auf der Flucht, neun Millionen Menschen. Die größte humanitäre Katastrophe seit dem Zweiten Weltkrieg.
Aber nein –, so lispelt der Diktator im BBC-Interview – Syrien sei keinesfalls ein gescheiterter Staat.
"Nein, solange die Regierung und die Staatsinstitutionen ihre Pflichten dem Volk gegenüber erfüllen, kann man nicht von einem Failed State sprechen. Über verlorene Kontrolle zu reden, ist etwas völlig anderes. Wir haben Terroristen, die vom Ausland aus uns überfallen haben und die Regierung macht ihren Job, indem sie kämpft und ihr Land verteidigt."
Dieses Land ist inzwischen zerfallen; Assads Truppen beherrschen vielleicht noch ein Drittel, anderswo dominieren kurdische Rebellen, Assad-Gegner der Freien Syrischen Armee, vor allem aber die Dschihadisten des Islamischen Staates und diverser Al Kaida Ableger.
Assad macht keinen Unterschied. Für ihn sind alle Oppositionelle Terroristen, sagt er dem BBC-Nahost-Redakteur Jeremy Bowen. Drei Jahre hat er sich um ein Interview bemüht. Nun hat in ihn Bashar al-Assad in seinem Palast in Damaskus geladen – für den Journalisten ein Zeichen dafür, dass sich der Präsident stärker fühle als zuvor.
"Wir reden nicht mit den Amerikanern"
Äußerlich kaum gealtert und von seinen Gegnern schon oft totgesagt worden; Assad aber habe überlebt und profitiere nun davon, dass die internationale Allianz mit Luftschlägen seine Hauptgegner, die islamistischen Terroristen, angreife. Ob er mit den USA über bevorstehende Angriffe auf den IS in Syrien rede, fragt Jeremy Bowen:
"Nein, denn sie reden mit niemandem. Sie trampeln leichthin über internationales Recht und unsere Souveränität. Sie reden nicht mit uns und wir nicht mit ihnen."
Aber – so fragt Bowen nach – es müsse doch eine Art Informationsfluss geben, da es noch zu keinerlei Zwischenfällen gekommen sei, zu keinem Beschuss oder Kampf zwischen den vielen US-Jets im Luftraum über Syrien und der syrischen Luftwaffe.
"Das ist korrekt, aber noch einmal, es gibt keine direkte Zusammenarbeit. Wohl aber Informationen durch dritte Parteien, andere Staaten. Manchmal übermitteln sie Botschaften, allgemeiner Art, nichts Taktisches. Wir wissen von Angriffen, bevor sie beginnen, aber wir kennen keine Details."
"Ein kontinuierlicher Dialog?"
"Nein, wenn wir auf unserem Gebiet agieren, dann fragen und informieren wir niemanden."
Nach dem Eindruck des BBC-Journalisten wirkt Assad nicht gestresst; er sei während des Interviews sehr ruhig gewesen, selbstbeherrscht und äußerst höflich auf eine altmodische Art.
Die Fassade des Präsidenten bröckelt ein wenig, als Jeremy Bowen nach den international geächteten, wahllos wirkenden Fassbomben fragt, die Assads Truppen gegen Zivilisten eingesetzt haben. Assads Antwort fällt schnippisch, zynisch aus.
"Ich kenne die Armee, sie verwendet Kugeln, Raketen und Bomben. Ich habe von der Armee nicht gehört, dass sie Fässer benutzt oder vielleicht Kochtöpfe."
Das sind große Fässer, erläutert der BBC-Redakteur, voller Metall und Sprengstoff, die von Hubschraubern abgeworfen werden und explodieren mit verheerenden Folgen. Dafür gibt es viele Beweise.
"Nein, sie werden Bomben genannt. Wir haben Bomben, Raketen und Kugeln. Wir haben keine wahllos wirkenden Waffen. Wenn du schießt, dann zielst du, und du zielst auf einen Terroristen, um Zivilisten zu schützen. Und wenn Sie über Verluste sprechen – das ist der Krieg. Es gibt keinen Krieg ohne Verluste."