Die Vergangenheit der Studentenvertretungen und der von ihr verwalteten Einrichtungen an der Universität Duisburg-Essen ist skandalträchtig, auch schon vor der Periode von 2007 bis 2011. Doch was dem Führungsteam des damals konservativ bestimmten ASta in dieser Zeit vorgeworfen wird, hört sich aus dem Mund der Essener Staatsanwältin Anette Milk nach einer kriminellen Organisation an:
"Den beiden Angeklagten wird vorgeworfen, durch Untreue als Geschäftsführer einen Schaden von 450.000 Euro herbeigeführt zu haben. In weit mehr als 100 Einzelfällen."
Neben ihren Funktionen im ASta war das ASta-Führungsteam damals auch Geschäftsführung einer ASta Service GmbH, die für den Betrieb des sogenannten studentischen Kunst- und Kulturcafés (KKC) zuständig war. Der Vorwurf, der zur Zeit vor dem Essener Landgericht verhandelt wird, geht im Kern dahin, dass große Summen für einen Beratervertrag an einen Düsseldorfer Mittelsmann gezahlt worden sein sollen, obwohl tatsächlich gar keine Beratungsleistungen erbracht worden seien. Das Ganze lief über Jahre, aber niemand griff ein, sagt der heutige ASta-Vorsitzende Marcus Lamprecht.
Warum griff das Rektorat nicht ein?
"Die erste Kontrollinstanz ist das Studierendenparlament, das den ASta auch abwählen kann, nur dass die Mehrheit natürlich auch hinter dem ASta steht. Wenn da was grob schief läuft, liegt die Rechtsaufsicht beim Rektorat."
Die Universitätsleitung wollte während des Prozesses keine Stellung nehmen. Unklar ist, warum das Rektorat nicht eingriff. Schließlich musste der ASta-Vorstand die Abrechnungen jährlich der Universität vorlegen. Doch das ist eine problematische Beziehung. Denn für die Interessenvertretung ist den Studenten in Nordrhein-Westfalen, anders als in einigen anderen Bundesländern, eine unabhängige Selbstverwaltung per Gesetz garantiert, betont Lamprecht.
Da wollen wir auf keinen Fall, dass da Einfluss genommen wird und die SV vom Rektorat übernommen wird. Allerdings ist es so, das für 2005 bis 2012 Haushaltspläne an das Rektorat gegeben wurden, die so viele Formfehler hatten, dass sie gar nicht als solche gewertet werden können. Sodass da die Rechtsaufsicht schon eine Schuld hat, was da passieren konnte.
Hochschulzukunftsgesetz soll Missbrauch verhindern
Erst spät griff der Rektor dann doch ein, indem er den AStA-Vorsitzenden von seinem Posten enthob, da dieser gar nicht mehr als Student an der Universität eingeschrieben war. Neben weiteren Ungereimtheiten kam es dann auch noch zu skandalösen Vorfällen bei der Neuwahl des Studierendenparlaments und in der Folge der drohenden Absetzung des AStas: es wurde eine Wahlurne noch vor der Auszählung gestohlen.
Nach Ansicht des Landeswissenschaftsministeriums sind aber seit den Essener Vorfällen inzwischen mit dem Hochschulzukunftsgesetz Regelungen getroffen, die solche Vorfälle künftig verhindern. So heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme:
"Bei den bisherigen Sachverhalten handelt es sich um Einzelfälle. Unser Haus sieht keinen Anlass zu einem Generalverdacht gegenüber unseren Studierenden."
Die Ministerin Svenja Schulz von der SPD, in den 80er-Jahren selbst ASta-Vorsitzende in Bochum, wollte auf Anfrage des Deutschlandfunks nicht persönlich auf Fragen zur Verhinderung von Missbräuchen Stellung nehmen.
Das Landeswissenschaftsministerium sieht das System aber gegen Missbrauch ausreichend geschützt.
"Die Haushalts- und Wirtschaftsführungsverordnung wurden bereits zuvor umfangreich novelliert, um Missstände vorzubeugen und rechtsaufsichtliche Möglichkeiten des Rektorats zu unterstützen. Diese Verordnung wurde durch die Regelung einer Einführung des Fachpersonals ergänzt, die unter anderem eine Reaktion auf die Vorwürfe zu Verfehlungen von AStA-Mitgliedern bedeutete. "
Der Essener ASta will jedenfalls prüfen, ob er nach dem Ende des Strafprozesses auch Schadensersatzansprüche gegen die früheren Führungsmitglieder erhebt.