Vor 66 Millionen Jahren war es ungemütlich auf der Erde. Damals schlug im heutigen Mexiko ein Asteroid ein, und im heutigen Indien strömten gewaltige Lavamassen aus der Erde: Die Dekkan-Trapps entstanden - Flutbasalte, die immer noch rund zwei Kilometer mächtig sind und Hunderttausende Quadratkilometer bedecken. Fanden beide Naturkatastrophen nur zufällig zeitgleich aus? Neue Datierungen belegen, dass in Indien zum Zeitpunkt des Einschlags rund 80 Prozent des Flutbasalts in einem einzigen Eruptionsimpuls ausströmten. Kurbelte der Asteroideneinschlag also vielleicht weltweit den Vulkanismus an?
"Wir untersuchten deshalb die Struktur des Meeresbodens. Die Idee war Folgende: An den Zehntausenden Kilometer langen mittelozeanischen Rücken entsteht durch Vulkanismus neuer Ozeanboden, wenn die Lava erstarrt, die dort aus dem Erdmantel quillt. Also müsste durch den Chicxulub-Einschlag ungewöhnlich viel neuer Meeresboden entstanden sein", erklärt Joseph Byrnes von der University of Minnesota in Minneapolis.
Hundert Mal stärker als das größte Erdbeben
Dass starke Erdbeben selbst in großer Entfernung Vulkanausbrüche auslösen können, ist bekannt. Die seismischen Wellen, die der Chicxulub-Einschlag um die Welt schickte, waren wohl um die hundert Mal stärker als die des größten bislang gemessenen Erdbebens. Die Annahme, dass dadurch global Eruptionen ausgelöst worden sein könnten, ist also durchaus plausibel.
"Es gibt eine von Geophysikern häufig genutzte Datenbank der marinen Schwereanomalien, die die Stärke der Schwerkraft in einem Gebiet dokumentieren. Die ist direkt abhängig von der Masse, und deshalb lassen sich die marinen Schwereanomalien als Beleg für die Masse am Meeresboden interpretieren."
Falls die Mittelozeanischen Rücken durch den Asteroideneinschlag mehr Basalt förderten, sollte sich das als Anomalie in der Datenbank finden lassen. Und tatsächlich: Im Pazifischen und im Indischen Ozean entdeckten die Geologen auffällig schwere Abschnitte in der Meereskrustenplatte, die das Alter des Chicxulub-Kraters hatten, erklärt Leif Karlstrom von der University of Oregon in Eugene:
"Dieser Peak an der Grenze zwischen Kreidezeit und Paläogen ist die größte Anomalie an den mittelozeanischen Rücken der vergangenen 100 Millionen Jahre."
Zusammentreffen der Ereignisse könnte zufällig sein
Einer ersten Abschätzung zufolge sind damals zwischen 20.000 und sechs Millionen Kubikkilometer mehr Magma aus den mittelozeanischen Rücken geflossen. Je nach Masse könnte das durchaus eine Veränderung in der chemischen Zusammensetzung des Meerwassers erklären, die sich für diese Zeit aus geochemischen Daten ablesen lässt. Die wiederum sollte dann als weiterer Faktor zum Massenaussterben beigetragen haben.
"Ich bin von dem Ergebnis meiner Kollegen begeistert, weil es unsere Hypothese stützt, dass der Chicxulub-Einschlag den Ausbruch der Dekkan-Trapps massiv verstärkt hat. Die Datierungen der Anomalien in der Meereskruste sind zwar kein wasserdichter Beweis, aber sie deuten darauf hin, dass wir richtig liegen", urteilt Mark Richards von der University of California in Berkeley.
Andere seiner Kollegen sind bei ihrer Einschätzung vorsichtiger. So erklärt Berkeley-Geologe Paul Renne, dass auch dieses Zusammentreffen zufällig sein könnte. Solange der physikalische Mechanismus nicht geklärt sei, mit dem ein Asteroiden-Einschlag weit entfernt Vulkanausbrüche auslöst, sei nicht sicher, ob es tatsächlich eine kausale Verbindung gab oder nur eine Koinzidenz katastrophaler Ereignisse.