O-Ton Fußballkommentator: Aus dem Hintergrund müsste Schmelzer schießen, Lewandowski, klasse! Weltklasse gemacht! Robert Lewandowski, drei zu eins!
Benjamin Hammer: Das war das Hinspiel im ZDF, heute Abend könnte Borussia Dortmund seinen Fans einen Traum erfüllen und nach dem Rückspiel in das Champions-League-Finale einziehen. Warum die Tickets für dieses Spiel aber jetzt 2000 Euro kosten, bis zu 2000, und ein Unternehmen daran mitverdient, das ist ein Thema dieser Sendung.
Ein deutsches Champions-League-Finale im Wembley, für viele ist das ein Traum. Dortmund und München können diesem Traum ab heute Abend näherkommen, dann beginnen die Rückspiele. Wer von Wembley träumt, der hat auf der offiziellen UEFA-Internetseite keine Chance mehr, noch an eine Karte für das Finale zu kommen, aber es gibt eine Alternative. Viagogo heißt der Service und dort gibt es noch Karten. Einziger Haken: Sie kosten rund 2000 Euro und damit oft mehr als zehnmal so viel wie der Originalpreis. Viagogo, für manche Beobachter ist das ein halbseidener Anbieter, der Schwarzhändlern hilft, für manche Bundesligavereine hingegen ist Viagogo ein treuer Kooperationspartner.
- Stefan Merx ist Wirtschaftsjournalist in Köln und hat sich intensiv mit dem Internetportal beschäftigt und ist jetzt hier im Studio. Herr Merx, wenn man die FIFA, die UEFA oder den DFB fragt, ob sie Schwarzhandel okay finden, dann dürfte die Antwort klar sein: natürlich nicht. Wie kann es dann sein, dass dann trotzdem auf Viagogo Tickets zu astronomischen Preisen auftauchen?
Stefan Merx: Das ist eine sehr gute Frage. Es handelt sich bei diesem ganzen Ticketzweitmarkt, wie es genannt wird, um eine rechtliche Grauzone. Die Vereine, die dagegen vorgehen wollen, denen fehlt oft die Handhabe. Es beschäftigt seit einiger Zeit einige Juristen und Gerichte auch dieses Phänomen. Und die von Ihnen genannten astronomischen Preise sind natürlich den Vereinen insbesondere dann ein Dorn im Auge, wenn sie eigentlich eine soziale Preisstruktur mit ihren Ticketpreisen ansetzen wollten und das dann von solchen Ticketplattformen komplett unterlaufen wird.
Hammer: Schauen wir uns Viagogo mal genauer an, was ist deren Geschäftsmodell, wie funktioniert das?
Merx: Im Grunde ist das eine Plattform, auf der Tickets gehandelt werden, offizielle Darstellung vom Fan zum Fan. Das heißt, wer eine Dauerkarte beispielsweise hat, kann nicht zum Spiel gehen, der würde seine Karte dort einstellen können, zu einem Preis, den er selber setzt. Das ist die offizielle Darstellung von Viagogo. Es gibt allerdings einige Merkwürdigkeiten, zum Beispiel, dass diese Plattform schon prall gefüllt ist, lange bevor zum Beispiel Vorverkaufstarts laufen bei Länderspielen. Oder dass bei einem Spiel wie neulich jetzt in Dortmund, das Hinspiel des Halbfinales, dass dort noch Hunderte Karten bis zum Anpfiff erhältlich sein sollen. Da kann das nicht so richtig hinkommen mit "vom Fan für Fans". Das Geschäftsmodell sieht vor, dass Viagogo an den Preisen über Gebühren partizipiert, bei jedem Ticketverkauf nämlich 25 Prozent. Sie nehmen also zehn Prozent vom Verkäufer und 15 Prozent vom Käufer.
Hammer: Jetzt haben Sie gesagt, bei einem Dortmundspiel bis kurz vor Anpfiff noch Karten. Wie soll da die Übergabe der Tickets stattfinden?
Merx: Das habe ich den Manager von Viagogo, Steve Roest, auch gefragt. Er wurde bei der Frage sehr einsilbig. Er hat nur gesagt, es sollte einen nicht weiter bekümmern, wichtig sei, diese Karten kämen irgendwie an. Aber genau das ist der wunde Punkt. Also, wenn Viagogo, wie das Unternehmen behauptet, nicht selbst im Besitz dieser Tickets ist, dann kann man sich durchaus fragen, wie kann einige Stunden vor Anpfiff dann noch ein Internetangebot gemacht werden für solche Karten? Es gibt Berichte von Leuten, die mir glaubhaft erscheinen, dass Übergabeprozedere zum Beispiel in Hotels stattgefunden haben sollen, da waren dann die Räume abgedunkelt, das war so ein bisschen konspirativ angehaucht. Und da wurden dann Mitgliedsausweise der beteiligten Vereine ausgegeben - und zwar nach Ähnlichkeit. Also, wer sieht jetzt diesem Mitglied im Falle von Barcelona ungefähr ähnlich und kann dann unbehelligt mit dieser Karte reingehen?
Hammer: Da geht man ja schon auf so was ein wie diese Personifiziertheit. Das müssen Sie mir mal erklären. Ich erinnere mich daran, dass es da mal eine Zeit lang sehr viele Tickets gab, wo mein Name draufstand und ich nur mit dem Personalausweis ins Stadion kam. Gibt es das nicht mehr?
Merx: Ja, das ist halt ganz schwer umsetzbar. Also, das ist immer noch so, beim Champions-League-Finale im Wembley jetzt zum Beispiel sind diese Tickets personalisiert, nur diese Kontrollen können bei diesem Andrang natürlich nur stichpunktartig stattfinden. Und genau in Kenntnis dieser schwierigen Kontrollen agieren auch die Schwarzhändler. Und Viagogo, das ist eben auch die juristisch strittige Frage, sagt, wir sind eigentlich fein raus, wir sind ja nur die Plattform, wir sind nicht der Verkäufer.
Hammer: Vater-und- Sohn-, Mutter-und-Tochter-Ticket, habe ich neulich für das Champions-League-Finale gesehen, also wirklich, was Sie sagten, so ein Sozialticket. Das kostete, glaube ich, auch irgendwie 2100 Euro. Das ist dann ein Ärgernis für die Fans natürlich, solche Geschichten. Umso erstaunlicher finde ich, dass es Bundesligavereine gibt, die mit Viagogo kooperieren. Wie geht das?
Merx: Also, das ist in der Tat jetzt gerade das große Thema in der Fußballbundesliga, dass Viagogo mit insgesamt zehn Vereinen in der ersten und zweiten Liga bereits handelseinig geworden ist und Kooperationen eingegangen ist. Das Motiv dieser Vereine, mit Viagogo zu kooperieren, ist sicherlich ein finanzielles. Also, Schalke 04 hat zum Beispiel gesagt, sie bekommen 1,2 Millionen Euro pro Saison von Viagogo als Sponsoringgeld. Das ist reizvoll. Andere Vereine wehren sich vehement dagegen, das ist beispielsweise, Borussia Mönchengladbach hat ganz klar abgelehnt, Borussia Dortmund ist das auch ein Dorn im Auge, auch Bayer Leverkusen. Und die sagen einfach, unsere Fans wollen das nicht und wir wollen auch nicht, dass auf dem Rücken unserer Fans eben über diese überteuerten Preise Geschäft gemacht wird.
Hammer: Bleibt für diejenigen, die noch keine Tickets für das Champions-League-Finale haben, entweder Fernsehen oder ein ehrlicher Fan, der das Ganze dann vielleicht zum Selbstkostenpreis abgibt. Der Markt für Fußballtickets und der Markt für den Anbieter Viagogo, das waren Informationen vom Wirtschaftsjournalisten Stefan Merx, besten Dank!
Merx: Gerne!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Benjamin Hammer: Das war das Hinspiel im ZDF, heute Abend könnte Borussia Dortmund seinen Fans einen Traum erfüllen und nach dem Rückspiel in das Champions-League-Finale einziehen. Warum die Tickets für dieses Spiel aber jetzt 2000 Euro kosten, bis zu 2000, und ein Unternehmen daran mitverdient, das ist ein Thema dieser Sendung.
Ein deutsches Champions-League-Finale im Wembley, für viele ist das ein Traum. Dortmund und München können diesem Traum ab heute Abend näherkommen, dann beginnen die Rückspiele. Wer von Wembley träumt, der hat auf der offiziellen UEFA-Internetseite keine Chance mehr, noch an eine Karte für das Finale zu kommen, aber es gibt eine Alternative. Viagogo heißt der Service und dort gibt es noch Karten. Einziger Haken: Sie kosten rund 2000 Euro und damit oft mehr als zehnmal so viel wie der Originalpreis. Viagogo, für manche Beobachter ist das ein halbseidener Anbieter, der Schwarzhändlern hilft, für manche Bundesligavereine hingegen ist Viagogo ein treuer Kooperationspartner.
- Stefan Merx ist Wirtschaftsjournalist in Köln und hat sich intensiv mit dem Internetportal beschäftigt und ist jetzt hier im Studio. Herr Merx, wenn man die FIFA, die UEFA oder den DFB fragt, ob sie Schwarzhandel okay finden, dann dürfte die Antwort klar sein: natürlich nicht. Wie kann es dann sein, dass dann trotzdem auf Viagogo Tickets zu astronomischen Preisen auftauchen?
Stefan Merx: Das ist eine sehr gute Frage. Es handelt sich bei diesem ganzen Ticketzweitmarkt, wie es genannt wird, um eine rechtliche Grauzone. Die Vereine, die dagegen vorgehen wollen, denen fehlt oft die Handhabe. Es beschäftigt seit einiger Zeit einige Juristen und Gerichte auch dieses Phänomen. Und die von Ihnen genannten astronomischen Preise sind natürlich den Vereinen insbesondere dann ein Dorn im Auge, wenn sie eigentlich eine soziale Preisstruktur mit ihren Ticketpreisen ansetzen wollten und das dann von solchen Ticketplattformen komplett unterlaufen wird.
Hammer: Schauen wir uns Viagogo mal genauer an, was ist deren Geschäftsmodell, wie funktioniert das?
Merx: Im Grunde ist das eine Plattform, auf der Tickets gehandelt werden, offizielle Darstellung vom Fan zum Fan. Das heißt, wer eine Dauerkarte beispielsweise hat, kann nicht zum Spiel gehen, der würde seine Karte dort einstellen können, zu einem Preis, den er selber setzt. Das ist die offizielle Darstellung von Viagogo. Es gibt allerdings einige Merkwürdigkeiten, zum Beispiel, dass diese Plattform schon prall gefüllt ist, lange bevor zum Beispiel Vorverkaufstarts laufen bei Länderspielen. Oder dass bei einem Spiel wie neulich jetzt in Dortmund, das Hinspiel des Halbfinales, dass dort noch Hunderte Karten bis zum Anpfiff erhältlich sein sollen. Da kann das nicht so richtig hinkommen mit "vom Fan für Fans". Das Geschäftsmodell sieht vor, dass Viagogo an den Preisen über Gebühren partizipiert, bei jedem Ticketverkauf nämlich 25 Prozent. Sie nehmen also zehn Prozent vom Verkäufer und 15 Prozent vom Käufer.
Hammer: Jetzt haben Sie gesagt, bei einem Dortmundspiel bis kurz vor Anpfiff noch Karten. Wie soll da die Übergabe der Tickets stattfinden?
Merx: Das habe ich den Manager von Viagogo, Steve Roest, auch gefragt. Er wurde bei der Frage sehr einsilbig. Er hat nur gesagt, es sollte einen nicht weiter bekümmern, wichtig sei, diese Karten kämen irgendwie an. Aber genau das ist der wunde Punkt. Also, wenn Viagogo, wie das Unternehmen behauptet, nicht selbst im Besitz dieser Tickets ist, dann kann man sich durchaus fragen, wie kann einige Stunden vor Anpfiff dann noch ein Internetangebot gemacht werden für solche Karten? Es gibt Berichte von Leuten, die mir glaubhaft erscheinen, dass Übergabeprozedere zum Beispiel in Hotels stattgefunden haben sollen, da waren dann die Räume abgedunkelt, das war so ein bisschen konspirativ angehaucht. Und da wurden dann Mitgliedsausweise der beteiligten Vereine ausgegeben - und zwar nach Ähnlichkeit. Also, wer sieht jetzt diesem Mitglied im Falle von Barcelona ungefähr ähnlich und kann dann unbehelligt mit dieser Karte reingehen?
Hammer: Da geht man ja schon auf so was ein wie diese Personifiziertheit. Das müssen Sie mir mal erklären. Ich erinnere mich daran, dass es da mal eine Zeit lang sehr viele Tickets gab, wo mein Name draufstand und ich nur mit dem Personalausweis ins Stadion kam. Gibt es das nicht mehr?
Merx: Ja, das ist halt ganz schwer umsetzbar. Also, das ist immer noch so, beim Champions-League-Finale im Wembley jetzt zum Beispiel sind diese Tickets personalisiert, nur diese Kontrollen können bei diesem Andrang natürlich nur stichpunktartig stattfinden. Und genau in Kenntnis dieser schwierigen Kontrollen agieren auch die Schwarzhändler. Und Viagogo, das ist eben auch die juristisch strittige Frage, sagt, wir sind eigentlich fein raus, wir sind ja nur die Plattform, wir sind nicht der Verkäufer.
Hammer: Vater-und- Sohn-, Mutter-und-Tochter-Ticket, habe ich neulich für das Champions-League-Finale gesehen, also wirklich, was Sie sagten, so ein Sozialticket. Das kostete, glaube ich, auch irgendwie 2100 Euro. Das ist dann ein Ärgernis für die Fans natürlich, solche Geschichten. Umso erstaunlicher finde ich, dass es Bundesligavereine gibt, die mit Viagogo kooperieren. Wie geht das?
Merx: Also, das ist in der Tat jetzt gerade das große Thema in der Fußballbundesliga, dass Viagogo mit insgesamt zehn Vereinen in der ersten und zweiten Liga bereits handelseinig geworden ist und Kooperationen eingegangen ist. Das Motiv dieser Vereine, mit Viagogo zu kooperieren, ist sicherlich ein finanzielles. Also, Schalke 04 hat zum Beispiel gesagt, sie bekommen 1,2 Millionen Euro pro Saison von Viagogo als Sponsoringgeld. Das ist reizvoll. Andere Vereine wehren sich vehement dagegen, das ist beispielsweise, Borussia Mönchengladbach hat ganz klar abgelehnt, Borussia Dortmund ist das auch ein Dorn im Auge, auch Bayer Leverkusen. Und die sagen einfach, unsere Fans wollen das nicht und wir wollen auch nicht, dass auf dem Rücken unserer Fans eben über diese überteuerten Preise Geschäft gemacht wird.
Hammer: Bleibt für diejenigen, die noch keine Tickets für das Champions-League-Finale haben, entweder Fernsehen oder ein ehrlicher Fan, der das Ganze dann vielleicht zum Selbstkostenpreis abgibt. Der Markt für Fußballtickets und der Markt für den Anbieter Viagogo, das waren Informationen vom Wirtschaftsjournalisten Stefan Merx, besten Dank!
Merx: Gerne!
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