Migration
Asylanträge in EU auf Sieben-Jahres-Hoch: Woher die Bewerber sind und in welchen Ländern sie unterkommen

Die Zahl der Asylanträge in Europa ist im vergangenen Jahr stark gestiegen: Rund 1,1 Millionen Menschen haben laut dem Jahresbericht der Asylagentur EUAA 2023 einen Antrag in der EU sowie der Schweiz und Norwegen gestellt - so viele wie seit 2016 nicht mehr. Die wichtigsten Fakten.

    Männer mit Taschen. Sie suchen Asyl in den Niederlanden.
    Asylsuchende in Europa: Zahl der Anträge so hoch wie seit 2016 nicht mehr (Archivbild aus den Niederlanden). (ANP / IMAGO / Phil Nijhuis)
    Im vergangenen Jahr sei ein Anstieg von 18 Prozent gegenüber 2022
    verzeichnet worden, heißt es in dem EUAA-Jahresbericht. Man bewege sich nun wieder auf einem Niveau, das an die Flüchtlingskrise von 2015/2016 erinnere. Deutschland blieb dabei auch 2023 das wichtigste Zielland für Asylbewerber.

    Die meisten Anträge in Deutschland - zwei Drittel entfallen auf vier Staaten

    Die Bundesrepublik nahm den Angaben zufolge fast ein Drittel aller in der EU gestellten Anträge entgegen. Mit 334.000 Anträgen in Deutschland, 167.000 in Frankreich, 162.000 in Spanien und 136.000 in Italien entfielen mehr als zwei Drittel aller Gesuche allein auf diese vier Länder.

    Zypern verzeichnet pro Kopf die meisten Anträge

    Im Verhältnis zur Bevölkerung nahm Zypern den ersten Platz ein: Mit insgesamt 12.000 Gesuchen, einem pro 78 Einwohner, waren es mehr als dreimal so viele wie in Deutschland. Hierzulande lautete das Verhältnis 1 zu 252.

    Syrer und Afghanen stellen die meisten Anträge

    Unter den Asylsuchenden stellten 2023 Syrer die meisten Anträge. Insgesamt waren es 181.000, was laut EUAA einem Anstieg von 38 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Afghanen bilden seit Jahren die zweitgrößte Gruppe. Dieser Trend habe sich auch 2023 fortgesetzt. Allerdings bedeuteten 114.000 Anträge
    einen Rückgang um elf Prozent. Als einziges wichtiges Herkunftsland verzeichnete Afghanistan damit ein Minus.

    Starker Anstieg der Asylanträge von Türkinnen und Türken - Schwerpunkt: Deutschland

    Türkische Staatsangehörige stellten fast 101.000 Anträge. Das entspreche einem Anstieg von 82 Prozent gegenüber dem Jahr 2022. Die meisten dieser Anträge wurden laut EUAA in Deutschland gestellt. Die Anerkennungsquote sei in den vergangenen Jahren allerdings stetig zurückgegangen, von 54 Prozent im Jahr 2019 auf nur noch 25 Prozent im vergangenen Jahr.
    Auf die hohe Zahl der Asylanträge aus der Türkei hatte bereits im Januar das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hingewiesen. Hier wurde die Zahl von mehr als 62.000 Asylanträgen von Bürgerinnen und Bürgern des NATO-Mitgliedsstaats genannt.
    Bereits im vergangenen Dezember verwies die Organisation "Pro Asyl" in einem Bericht auf tagesschau.de darauf, dass die Gründe für die Zunahme von Asylbewerbern aus der Türkei komplex seien: Die Menschrechtssituation in dem Land habe sich stetig verschlechtert. Viele Menschen hätten außerdem nach der erneuten Wiederwahl von Präsident Erdogan die Hoffnung verloren auf einen Wandel zurück zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Vor allem das Justizsystem in der Türkei arbeite nicht mehr unabhängig, hieß es weiter. Eine Rolle spiele auch die wirtschaftlich schlechte Lage mit einer hohen Inflation und das schwere Erdbeben im vergangenen Jahr.

    Häufung von Anträgen bestimmter Nationalitäten in einzelnen Ländern

    Die EU-Asylagentur stellt zudem fest, dass bestimmte Nationalitäten gehäuft in einem bestimmten Land einen Asylantrag stellten. Zum Beispiel stellten venezolanische und kolumbianische Staatsangehörige jeweils mehr als 60.000 Anträge, wobei die meisten Anträge in Spanien gestellt wurden.
    Marokkaner (knapp 31.000 Anträge) stellten die meisten Anträge in Österreich, ägyptische Staatsangehörige (27.000 Anträge) hauptsächlich in Italien. Asylbewerber aus Guinea und der Elfenbeinküste stellten jeweils mehr als 20.000 Anträge, vor allem in Frankreich.

    Starke Zunahme bei Asylanträgen von Palästinensern

    Die Eskalation des Nahostkonflikts zeigt sich auch in der Statistik der EU-Asylagentur: Ende 2023 war demnach ein Anstieg palästinensischer Anträge zu verzeichnen. 11.600 wurden registriert - zwei Drittel mehr als im Jahr zuvor. Dabei handele es sich um den höchsten jemals verzeichneten Wert.

    Mehr als vier Millionen Menschen aus der Ukraine

    Nicht berücksichtigt sind in der Statistik die 4,4 Millionen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, die einen temporären Schutzstatus haben. Umgerechnet auf die Einwohnerzahl nahm bei dieser Gruppe die Tschechische Republik die meisten Menschen auf, gefolgt von Bulgarien, Estland, Litauen und Polen.

    "Enorme Belastung für die Asyl- und Aufnahmesysteme"

    Die Zunahme der Asylanträge und der Zustrom von Vertriebenen
    aus der Ukraine stellen laut EUAA "eine enorme Belastung für die Asyl- und Aufnahmesysteme" in der EU, Norwegen und der Schweiz dar. Die nationalen Behörden stießen bei ihren Bemühungen, die Bedürftigen unterzubringen und zu schützen, an ihre Grenzen.