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Asylbewerber
Integration erleichtern

Mangelnde Sprachkenntnisse, fehlende Zeugnisse und eine dreimonatige Arbeitssperre: Wer als Asylbewerber in Deutschland arbeiten möchte, muss etliche Hürden überwinden. "Early Intervention - jeder Mensch hat Potenzial" heißt ein Modellprojekt, das Asylbewerbern in Deutschland den Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt erleichtern soll.

Von Franziska Rattei |
    Youssef Fakie ist ein bisschen früh dran. Vor seinem Termin in der Bremer Agentur für Arbeit hat er noch ein paar Minuten Zeit. Kein Problem – er wartet einfach kurz auf dem Flur. Monatelanges Warten dagegen war sehr wohl ein Problem für den 36-jährigen Syrer. Als Youssef Fakie vor einem guten Jahr nach Deutschland kam, galt noch das neunmonatige Arbeitsverbot. Für ihn eine schwere Zeit, erinnert er sich.
    "Darf man nicht arbeiten, es gibt keine Deutschkurse, lernt man keine Sprache, lernt man die deutsche Sprache nicht. Das ist nicht gut. Ja."
    Integration auf direktem Weg
    Es gab eine Alternative. Youssef Fakie nimmt an einem Modellprojekt teil. Organisiert von der Agentur für Arbeit, des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge und des Europäischen Sozialfonds – wie bundesweit rund 500 weitere Flüchtlinge.
    Die meisten von ihnen – rund 40 Prozent - kommen aus Syrien. Nach einem Intensiv-Deutschkurs für Akademiker absolvierte Fakie sechs Wochen ein Praktikum bei der Bremer Lagerhaus Gesellschaft - einem international agierenden Logistikunternehmen. Er konnte halbtags in der Abteilung für Projekt-Management mitarbeiten – mit ein paar Semestern BWL-Studium und ersten Arbeitserfahrungen in der Logistikbranche brachte er gute Voraussetzungen mit.
    "Von neun bis 14 Uhr einfach wieder zu arbeiten, produktiv zu sein und eine konkrete Aufgabe zu bekommen und diese Aufgabe zu bearbeiten, zu machen, zu erledigen. Ja. Und im Büro sitzen, mit Kollegen sprechen. Ja, das war sehr gut. Ja, wie früher."
    Fehlende Zeugnisse und Arbeitsnachweise
    Aber hier in Deutschland geht es nicht nur ums Können, sondern auch ums Beweisen, sagt Fakie. Und Fakies Beweise – Studienbescheinigungen zum Beispiel, Zeugnisse – sind größtenteils im Krieg verloren gegangen.
    "Ah, hallo Herr Fakie." – "Frau Touré." – "Kommen Sie rein. Ist ja schön, dass wir das so schnell hinbekommen haben. Sie hatten ja einige Fragen." -- Ja, wegen meinem Zeugnis."
    Angela Touré betreut inzwischen mehr als 100 Flüchtlinge im Rahmen des Modellprojektes. Die Arbeitsvermittlerin schickt sie in Deutschkurse, leiert Anerkennungsverfahren an, lässt Dokumente übersetzen – alles schnellstmöglich nach der Ankunft der Flüchtlinge in Deutschland.
    "Also es wäre nicht nur für die Flüchtlinge, sondern auch für die Wirtschaft verschenkte Zeit, denke ich, wenn wir da nicht so früh ansetzen. Und so wie es in der Vergangenheit häufig war, haben die Flüchtlinge diese Zeit kaum nutzen können."
    Von den 500 Projekt-Teilnehmern haben 200 einen Hochschulabschluss. Ein Viertel der Flüchtlinge kann eine abgeschlossene Berufsausbildung vorweisen. Trotzdem: Bislang haben – deutschlandweit - erst neun Personen eine Arbeitsstelle und fünf einen Ausbildungsplatz gefunden. Mehr kann man nicht erwarten innerhalb des ersten Jahres, sagt Angela Touré:
    "Man muss bedenken, dass die meisten mindestens ein Jahr brauchen, um den Deutschstand zu erreichen, mit dem sie arbeiten können. Und dann müsste man mal schauen, was dann möglich ist.
    Ich bin ziemlich sicher, dass ich alle, die ich im Projekt habe – sobald sie Deutsch gelernt haben in ausreichendem Umfang – in kürzester Zeit unterbringen werde."
    Potenzial und Energie
    Auch bei Youssef Fakie sieht es gut aus.
    Der Schreibtisch, an dem er während seines Praktikums bei der BLG Logistics gearbeitet hat, ist derzeit frei. Allerdings: Wenn es nach Jens-Uwe Niegel ginge, könnte sich das auch wieder ändern. Niegel leitet das Projekt--Management des Unternehmens und ist überzeugt von Fakies Potential.
    "In jedem Fall hätte er bei uns im Unternehmen viele Einsatzmöglichkeiten, wenn er die Chance bekommt, eine entsprechende Ausbildung zu machen."
    Mehr Arbeitgebernähe gefordert
    Theoretisch könnte es im September losgehen. Die Gespräche mit der Personalabteilung laufen.
    Die BLG hat erkannt, dass Flüchtlinge Potenzial und Energie ins Land bringen, sagt der Leiter der Abteilung für Personalentwicklung, Angelo Caragiuli. Eines wird seiner Meinung nach aber häufig vergessen:
    "Die sind zwar zum Teil recht gut qualifiziert, aber die kennen natürlich das deutsche Arbeitssystem so gut wie gar nicht. Und die Institutionen, die sie auffangen – sag ich mal: Arbeitsagenturen oder die typischen Betreuungsinstitutionen – sind ja auch nicht allzu arbeitgebernah."
    Bei Youssef Fakie hat vieles gut funktioniert, sagt der Personaler. Wegen solcher Beispiele verlängert die Bundesagentur für Arbeit ihr Modellprojekt bis Ende 2015.