Patel bezeichnete die europäische Asylpolitik als "zerfahren". Hier sei es schwierig, zu besseren Regeln zu kommen. Bereits seit den 1980er-Jahren hätte man darüber schon diskutiert und eine Reihe von Programmen aufgesetzt. Doch diese Phase sei nicht genutzt worden, um zu besseren Übereinkünften zu kommen. "Jetzt, wo das Kind, wenn man so will, schon in den Brunnen gefallen ist, und sich die europäischen Staaten auf so wenig einigen können, wird das immens schwierig", sagte Kiran Klaus Patel im Deutschlandfunk. Es gäbe im Moment keinen Konsens darüber, wie verbindlich die Regeln seien, auf die man sich einmal geeinigt habe. "Wenn es um die Migrations- und konkret die Flüchtlingsfrage ging, dann steht erst einmal das Dublin-Abkommen zur Debatte", sagte Patel.
Rechtsgemeinschaft wurde infrage gestellt
Patel bemängelte diesbezüglich auch das "einseitige Vorgehen" von Bundeskanzlerin Angela Merkel im September 2015. Ein deutscher Alleinweg habe in solchen Situationen meistens schlecht geholfen. Die Kanzlerin habe damals in Absprache mit dem österreichischen Bundeskanzler Werner Faymann beschlossen, die Situation in Ungarn gegen das Dubliner Abkommen zu lösen, indem man die Grenzen öffnete und auch dann ohne Einzelprüfung syrische Flüchtlinge durchließ. "Davon wurden die anderen Mitgliedstaaten ziemlich überrumpelt und wenn man so will auch die Herrschaft des Rechts infrage gestellt."
Zudem seien die politischen Felder zu stark verknüpft. "Wer an der Grenzfrage rüttelt, der rüttelt auch an der Integration des Binnenmarktes. Das hat Implikationen für die Währung, das hat natürlich auch Implikationen für die Migrationspolitik", so der Historiker.
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