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Asylverfahren am Frankfurter Flughafen
Deutschlands größte Schengengrenze

Die CSU forderte unlängst, Flüchtlinge ohne gültige Papiere sofort auszuweisen. In den Transitzonen auf den Flughäfen wird dies schon gemacht. Dort kommt das sogenannte Flughafenverfahren zur Anwendung. Ein Besuch an Deutschlands größter Schengengrenze.

Von Rolf Clement |
    Passagiere laufen durch das Passagierterminal des Flughafens Frankfurt/Hahn in Lautzenhausen (Rheinland-Pfalz).
    Viele Flüchtlinge kommen am Frankfurter Flughafen an. (picture-alliance / dpa / Thomas Frey)
    Der Blick in den Hof des Unterbringungsgebäudes gelingt nur aus dem Nachbarhaus: Von außerhalb kann man in das Haus nicht hineinsehen. Es steht fernab des Flughafenterminals, im Gewerbegebiet, dort, wo sonst vor allem Sattelschlepper Güter aus den Lagerhäusern im Transitbereich heraustransportieren. Für die Asylsuchenden stehen dort Basketballkörbe, zwei Fußballtore und ein Kinderspielplatz zur Verfügung, ein Gebetsraum, ein Fernsehzimmer, ein Kinoraum und ein Fitnessraum.
    Rund 100 Betten stehen bereit, aber selten ist diese Transitzone ausgebucht. Die Asylsuchenden werden dorthin von der Bundespolizei gebracht, wenn sie an der Grenze auffallen. Erst dann übernimmt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, das BAMF, den Fall. Das sogenannte Flughafenverfahren beginnt. Der BAMF-Vertreter am Flughafen Frankfurt, Matthias Eichwald:
    "Wir hören die Menschen an und haben dann zwei Tage Zeit, uns anhand der Möglichkeiten, was wir in der Anhörung ermittelt haben oder was uns als Beweismittel auf den Tisch gelegt wurde, festzustellen, ob die Person einreisen sollte oder, ob wir sie offensichtlich unbegründet ablehnen müssen."
    Papiere werden vernichtet
    Die Personengruppe, die beim BAMF landet, ist klar umgrenzt – nicht jeder Asylsuchende kommt in das Verfahren.
    "Das Flughafenverfahren bezieht sich auf Personen, die entweder unkorrekte Grenzübertrittspapiere benutzen oder ihre Papiere wegwerfen oder Look-Alike-Pässe benutzen, um nach Deutschland zu kommen oder Menschen aus sicheren Herkunftsstaaten. Das ist genau das Programm des Flughafenverfahrens."
    Die Asylsuchenden sind mit dem Flugzeug nach Frankfurt gekommen. In das Flugzeug kamen sie nur mit Ausweispapieren. Nun haben sie keine mehr. Wo sind sie geblieben?
    "Teilweise werden die Pässe im Flugzeug vernichtet, in den Flugzeugtoiletten. Oder sie werden in die Netze der Vordersitze gesteckt. Es kann auch sein, wenn einer das Flugzeug verlassen hat, dann befindet er sich ja in einem Transitbereich des Terminals, dass dort dann die Pässe in Mülleimer geworfen werden oder dortige Toiletten runtergespült werden. Alles, was menschliche Kreativität sich ausdenken kann, das wird es in Echt auch geben."
    Die Freizeiteinrichtungen in der Unterkunft zeigen, um was für Menschen es sich handelt, die da ankommen:
    "Der weitaus größte Anteil sind alleinreisende Männer. Es gibt durchaus auch Frauen mit Kindern und es gibt durchaus auch unbegleitete Minderjährige."
    Verfahren kann bis zu 19 Tagen dauern
    Matthias Eichwald weist darauf hin, dass nach Artikel 33 der Genfer Flüchtlingskonvention ein Asylsuchender nicht einfach abgewiesen werden darf. So wurde das Flughafenverfahren so konzipiert, dass es rechtsstaatlichen Voraussetzungen genügt, aber dennoch schnell Klarheit bringt. Wem die Entscheidung des BAMF nicht gefällt, kann dagegen Rechtsmittel einlegen. Auch da, so Eichwald, gibt es klare und kurze Fristen:
    "Die können gegen unsere Entscheidung und die Einreiseverweigerung der Bundespolizei Rechtsmittel einlegen. Das ist ein Eilverfahren vom Verwaltungsgericht Frankfurt. Um sich das zu überlegen, haben die Leute drei Tage Zeit. Falls sie es noch intensiv begründen wollen, zum Beispiel mithilfe eines Rechtsanwalts, werden ihnen auf formlosen Antrag weitere vier Tage gewährt. Das Gericht hat dann 14 Tage Zeit über diesen Eilantrag inklusive Begründung zu entscheiden. Wobei, wenn diese vier Tage für die Zusatzbegründung gegeben werden, geht dies zu Lasen der 14-tägigen Gerichtsfrist. Das heißt im Ergebnis: Nach 19 Tagen steht fest, ob dieser Mensch nach Deutschland einreisen darf oder, ob er von der Bundespolizei zurückgewiesen werden muss."
    Dann ist das Verfahren zu Ende. Weiß man noch, welche Fluggesellschaft den Asylsuchenden woher mitgebracht hat, muss sie ihn auch wieder zurückfliegen. Ist das nicht mehr feststellbar, besorgt die Bundespolizei Ersatzpapiere, und dann muss der Steuerzahler in Deutschland für die Rückreise aufkommen. Das Verfahren ist so klar strukturiert, wie es an einer Außengrenze der EU sein sollte. Denn:
    "Das Flughafenverfahren hat eine Wächterfunktion an der größten Schengengrenze Deutschlands. Weil der Flughafen Frankfurt aufgrund der Flugbewegungen und der hohen Passagierzahlen tatsächlich, obwohl er in der Mitte Deutschlands liegt, die größte Schengengrenze Deutschlands ist."
    Haben die Politiker dieser Tage eigentlich schon mal geprüft, inwieweit dieses Verfahren doch übertragbar ist – an andere Aufnahmestellen für Flüchtlinge? Allerdings: In Frankfurt kommen im Jahr weniger als 1.000 Menschen zum BAMF. Der Ansturm an den Landesgrenzen ist deutlich größer.