Johannes Herber will sich nicht allein als Lobbyist der Athleten verstanden wissen, auch wenn das Teil seiner Aufgabe sei. "Ich fände es aber schöner, wenn mich die Athleten als einen Helfer und Fürsprecher sehen, der nicht nur auf politischer Ebene wirkt und im Sportausschuss herumtanzt, sondern den sie einfach anrufen können, wenn sie ein Problem haben und der ihnen dann auch konkret weiterhilft. Insofern weiß ich nicht, ob Athleten-Helfer der bessere Ausdruck ist."
Herber ist seit dem 1. August hauptamtlicher Geschäftsführer des Vereins Athleten Deutschland, eine Interessenvertretung, die sich vor gut zwei Jahren losgelöst hat vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB). Im Deutschlandfunk-Sportgespräch zieht er nach den ersten Monaten Bilanz.
Als Spieler isoliert und machtlos gegenüber den Funktionären
Sein Engagement für Athletenrechte begann Herber bereits 2005, als er mit anderen Spielern der deutschen Basketball-Nationalmannschaft die Basketballspieler-Gewerkschaft Spin gründete. "Ich fand schon immer, dass es ein strukturelles Ungleichgewicht gab, zwischen jenen, die draußen auf dem Feld waren und die Arbeit gemacht haben, und jenen, die Entscheidungen getroffen haben und Regeln gesetzt", begründete Herber diesen Schritt.
Es habe nicht den einen Schlüsselmoment für sein Engagement gegeben, aber immer wieder Momente, in denen er sich als Spieler isoliert, machtlos oder klein gegenüber einem Manager oder Funktionär gefühlt habe, sagte Herber. Er habe immer daran geglaubt, dass man mehr erreichen könnte, wenn man sich kollektiv zusammenschließt.
Seine erste Aufgabe beim Amtsantritt bei Athleten Deutschland e.V. sei es gewesen, die verschiedenen Projekte und Ideen, die es bereits gab, zusammenzuführen. Im Zentrum dabei war die Frage nach den Kernzielen des Vereins und wie sich diese als strategische Maßnahmen formulieren lassen. Kern seiner täglichen Arbeit sei es, zu überlegen: "Wie kann ich durch meine Arbeit die Situation der Bundeskaderathletinnen und -athleten verbessern."
Das sei auf verschiedenen Ebenen möglich: Auf der politischen versuche man strukturelle Verbesserungen zu erzielen, auf der persönlichen Ebene gelte es, Athleten in ihrem Alltag ganz konkrete Hilfestellungen zu geben - etwa bei Athletenvereinbarungen, Nominierungsprozessen oder der dualen Karriere, also der Vereinbarkeit von Studium und Leistungssport.
Stimme, Schutz und Perspektive für die Athleten
Die Strategie des Vereins, die er mitentworfen habe, erstrecke sich über drei Bereiche: Stimme, Schutz und Perspektive. "Kern dieses Vereins ist eben, den Athletinnen und Athleten eine starke und unabhängige Stimme zu geben", erklärt Herber.
Zu den Maßnahmen in diesem Bereich gehöre es, Mitglieder zu gewinnen und Mitglieder in die Arbeit einzubinden. Der Schwerpunkt im kommenden Jahr liege darauf, die Athletensprecherinnen und -sprecher in den einzelnen Verbänden zu stärken, ihnen zu vermitteln, was ihre Rechte und Pflichten sind, was sie einfordern dürfen und wie sie der Verein Athleten Deutschland dabei unterstützen kann.
Im Bereich "Schutz" gehe es um die Rechte der Athleten. So habe man eine kostenfreie Rechtsberatung geschaffen, damit die Athleten sich im Konfliktfall zur Wehr setzen können.
Der dritte Bereich "Perspektive" wiederum beschäftige sich mit sportlichen Rahmenbedingungen wie etwa der Leistungssportreform, aber auch mit Themen wie: duale Karriere, Gesundheitsschutz und persönliche Entwicklung der Sportler und Sportlerinnen
In Bezug auf die Spitzensportreform meinte Herber, dass es noch "zu früh ist, da eine tatsächliche Wertung abzugeben". Insbesondere in Bezug auf die PotAs-Kommission und ihre Aufgaben und Ziele sieht er sehr viele positive Elemente für die Athleten, weil sie neben der potenzialorientierten Förderung die "Gewährleistung eines humanen Leistungssports" als Ziel habe.
"Es geht um eine faire Beteiligung der Athleten"
Die Frage sei nur, ob man durch die Reform auch einen Kulturwandel hinbekomme, damit auch die Athleten am Ende einen Nutzen daraus ziehen könnten, sagte Herber. Denn wenn Verbände besser aufgestellt seien, könne dies auch leistungssteigernd für die Sportler wirken.
Herber forderte auch einen fairen Anteil der Athleten an den Olympia-Einnahmen des IOC. "Sie sind diejenigen, die ihr ganzes Leben darauf hinarbeiten, sich Verletzungsrisiken aussetzen, die ihre beruflichen Karrieren zurückstellen. Sie sollen dann auch die Möglichkeit haben, davon zu profitieren."
Um dort weitere Fortschritte zu erzielen, müsse man Kontakte mit anderen Athletenvertretungen knüpfen, dies sei aber nicht einfach und man stehe dort erst am Anfang.
Er verteidigte auch die Verwendung von Steuergeldern, um damit die neu eingeführte Athletenrente des Bundes zu finanzieren. Die Bundesregierung schmücke sich damit, dass die Athleten Deutschland repräsentieren würden, sagte Herber. Im Gegenzug würden diese viele Opfer bringen, müssten Verzicht üben und setzten viel aufs Spiel.
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