Unter den deutschen Spitzenathleten rumort es. Der Grund: Sie müssen die Glaubwürdigkeitskrise des Internationalen Sports ausbaden. Die immer neuen Enthüllungen über Doping auf der einen, inkonsequente Sportverbände und Funktionäre auf der anderen Seite. Selbst sind sie Verdächtigungen ausgesetzt oder müssen sich rechtfertigen, wenn sie ihre Ziele nicht erreichen.
Deshalb lag in Bonn bei der Vollversammlung der Athletenvertreter der Deutschen Sportverbände so etwas wie Revolution in der Luft: Soll man eine eigene Interessensvertretung unabhängig vom Deutschen Olympischen Sportbund gründen? Also quasi eine Athletengewerkschaft? Das war die Frage.
Maximilian Planer ist Mitglied im Team Deutschlandachter und Athletenvertreter des Deutschen Ruderverbandes. Er sagte nach der Versammlung: "Eine Athletengewerkschaft unter dem Namen wird es erstmal nicht geben. Wir haben aber mit den Verbänden einiges diskutiert, was eine Stärkung der Athletenstimme betrifft. In einem Jahr soll die Athletenkommission mit der Hilfe der Athletenvertreter ein Konzept erarbeitet haben."
"Wollen klarer Stellung beziehen"
Die Strukturen seien veraltet, sagte Planer: "Die fünf Mitglieder der Athletenkommission machen das ehrenamtlich. Drei von ihnen haben einen festen Job. Und mit Max Hartung war ein weiterer als Sportler in Rio und studiert parallel. Das sind also eigentlich zwei Fulltime-Jobs. Dabei ist die Arbeit in der Kommission ein weiterer Fulltime-Job, weil das eben so viel Arbeit ist. Und das ist von den Ressourcen her nicht möglich."
Planer plädiert für eine Athletenvertretung außerhalb des Deutschen Olympischen Sportbundes: "Der DOSB könnte sonst Einfluss nehmen. Wenn es dafür eine Stelle im DOSB gäbe, wäre die abhängig vom Verband. Daher wäre das nicht die reine Athletensicht, sondern zu einem bestimmten Teil eine DOSB-Sicht. Das ist an sich nicht schlimm, bis die Meinungen mal auseinander gehen. Der DOSB hat sich zu einer unabhängigen Athletenvertretung aber noch nicht geäußert."
Ausgangspunkt für die Diskussion in Bonn waren die Olympischen und Paralympischen Spiele im Sommer: "In Rio haben wir festgestellt, dass vieles ganz anders abgelaufen ist, als wir uns das als deutsche Athleten vorgestellt haben. Wir wollen einfach noch klarer Stellung beziehen. Wir wollen jetzt vor allem selber einen Schritt wagen. Wir fordern nichts von der Politik und den Verbänden, sondern brauchen Unterstützung – zum Beispiel bei der Finanzierung."
Auch zur Leistungssportreform äußerte sich Planer im Interview: "Das Konzept hat mich persönlich nicht vollends überzeugt. Vieles würde absolut Sinn machen – zum Beispiel den Sportler mehr in den Mittelpunkt zu stellen. Aber wir haben uns gefragt: Wenn der Sportler im Mittelpunkt stehen soll, warum wird er dann bei der Erarbeitung des Konzepts überhaupt nicht miteinbezogen? Und warum hat der Sportler keinen Einfluss bei der Vergabe der Fördermittel?"
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