Sarah Zerback: Er ist der erste hochrangige westliche Politiker, der nach dem historischen Atomabkommen in den Iran reist – Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel ist gestern in Teheran eingetroffen, und zwar begleitet von einer Wirtschaftsdelegation. Dort hat er jetzt drei Tage Zeit, um in Gesprächen mit Präsident Hassan Rohani und Regierungsmitgliedern Möglichkeiten zu sondieren für einen schnellen Ausbau der politischen und vor allem der wirtschaftlichen Beziehungen. Und darüber möchte ich jetzt sprechen mit Volker Treier, dem stellvertretenden Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages. Guten Tag, Herr Treier!
Volker Treier: Guten Tag!
Zerback: Jetzt, nachdem die Wirtschaftssanktionen langsam auslaufen – wie wird sich das denn wohl auf die gemeinsamen Geschäfte auswirken, auf das Handelsvolumen etwa?
Treier: Jetzt werden zunächst alte Partnerschaften wieder aufgelebt oder vielleicht auch neue Partnerschaften oder potenzielle Partnerschaften zwischen Unternehmen auf beiden Seiten geknüpft. Dafür ist diese Reise ganz wertvoll. Das ist ein wichtiges politisches Signal, aber auch ein Signal an die Wirtschaft im Iran, dass deutsche Lieferanten – wenn denn die Sanktionen gelockert beziehungsweise aufgehoben werden – dann auch da sind, die Nachfrage zu bedienen, und die Nachfrage nach deutschen Produkten ist im Iran traditionell hoch.
China und Korea große Handelspartner Teherans
Zerback: Ja, und die deutsche Wirtschaft war früher, vor 2008, eng mit dem Iran verbunden, und die Kontakte zu den deutschen Unternehmen und Iran, die sind ja auch in der Zeit der Sanktionen nicht komplett abgebrochen, aber nahtlos anknüpfen ist ja wahrscheinlich auch nicht so einfach.
Treier: Wir haben eine Presche gelassen und da sind die Koreaner und vor allem die Chinesen reingesprungen und beliefern heute den Iran mit notwendigen Maschinen und Ersatzteilen. Der Iran ist ein relativ, wenn man das in der Nachbarschaft vergleicht, hoch industrialisiertes Land mit alter Technologie, weil die Sanktionen die Modernisierung verhindert haben. Und Chinesen und Koreanern den Rang wieder streitig zu machen fällt nicht leicht, gleichwohl, der Iran war in den 70er-Jahren unser zweitwichtigster außereuropäischer Exportmarkt, das sieht man allein daran, dass die Beziehung zwischen den Ländern eigentlich gut sind, und die Nachfrage nach Made in Germany ist da auch hoch, und Iraner können ja auch potenziell angesichts ihres Rohstoffreichtums gut bezahlen.
Zerback: Nun hören wir ja immer von einer Wirtschaftsdelegation, die mit dem Minister reist aktuell – wer ist denn da alles dabei, also welche Branchenvertreter, und für wen ist da was drin?
Treier: Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Herr Schweizer, ist dabei, der vertritt auch das Netzwerk der deutschen Auslandshandelskammern – wir sind ja an vielen Stellen unterwegs und seit 40 Jahren auch im Iran, auch in der schwierigen Phase, das honoriert man auch im Land –, es ist dabei der Verbandspräsident des Maschinen- und Anlagenbaus, das sieht man daran, dass die Modernisierung der Industrieanlagen im Iran, aber auch die Exploration für das Erdölreich von Erdöl- und Erdgasmaschinen und -Anlagen deutscher Produktion möglich macht, nötig macht, aber vielleicht sogar möglich macht. Es sind aber auch andere Vertreter dabei, die im Bereich Infrastruktur tätig sind oder in der chemischen Industrie, also fast die ganze Bandbreite ist gefragt und ist auch in der Wirtschaftsdelegation hochrangig vertreten.
Zerback: Nun ist es ja so, dass die Warenströme bald wieder fließen können, aber auch die Finanzströme, die müssen ja erst mal wieder mühsam aufgebaut werden, einschließlich auch des Eigenkapitals iranischer Unternehmen. Vielleicht noch mal mit einer Bitte um eine kurze Antwort zum Schluss – wie lange würde das dauern? Wie ist da Ihre Einschätzung?
Treier: Wenn alles glatt läuft, dass der amerikanische Kongress zustimmt beziehungsweise die Amerikaner oder Herr Obama da sein Veto dann einlegt und wenn die iranische Seite wirklich das sicherstellt, was sie zugesagt hat, nämlich ihre Atomanlagen dann auch überprüfen zu lassen, dann ist das Wichtigste, dass die Sanktionen im Finanzmarktbereich fallen. Erst dann kann es wirklich losgehen, und das ist frühestens Anfang 2016 der Fall.
Zerback: Sagt Volker Treier, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des DIHK. Besten Dank für das Gespräch!
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