Umwelt- und klimaverträglich, stets verfügbar und bezahlbar – das sind die drei gleichrangigen Ziele, die sich die Große Koalition für ihre Energiepolitik gesetzt hat. Bis Ostern will der neue Energieminister Sigmar Gabriel eine Reform des EEG vorlegen, des Gesetzes zur Förderung erneuerbarer Energien. Demnächst, so der SPD-Politiker am Wochenende, wolle er dazu Gespräche führen, auf EU-Ebene und mit den Bundesländern. Die haben eigene und meist sehr unterschiedliche Vorstellungen davon, wie es mit der Förderung erneuerbarer Energien weiter gehen soll. Einig sind sich aber alle darin, dass der Strompreis nicht weiter steigen soll. Die bayerische Wirtschaftsministerin Ilse Aigner hat nun einen Vorschlag zur Entlastung der Stromkunden ins Spiel gebracht. Es gehe ihr um die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und darum, die Verbraucher nicht zu stark zu belasten, sagte sie der ARD-Tagesschau:
"Und deshalb stellt sich hier die Aufgabe, kann man diese Kosten, die entstehen, auf einen längeren Zeitraum strecken mittels eines Fonds."
Aigner zielt auf die sogenannte EEG-Umlage, die auf den Strompreis aufgeschlagen wird. Diese Umlage, mit der der Ausbau der erneuerbaren Energien gefördert wird, stieg von gut zwei Cent im Jahr 2010 auf jetzt 6,24 Cent. Die bayerische Ministerin schlägt vor, die Umlage bei einem bestimmten Betrag, zum Beispiel bei 4,9 Cent, einzufrieren. Was dann im Topf fehlt, soll über einen Streckungsfonds finanziert werden. Oliver Krischer, Vize-Fraktionschef der Grünen im Bundestag, hält das erst einmal für eine gute Idee. Es sei richtig darüber nachzudenken, die Förderung erneuerbarer Energien zumindest teilweise über einen staatlichen Kapitalfonds abzuwickeln. Allerdings greife der Aigner-Vorschlag zu kurz. Das meint auch der Geschäftsführer des Bundesverbandes Erneuerbare Energien, Hermann Falk:
"Der Fonds ist im Grunde ein Vehikel, um die Kosten, die heute entstehen, zu verstecken und in die Zukunft zu verlagern. Das heißt. die zukünftige Generation muss mehr an Kosten übernehmen, als sie es eigentlich tun müsste."
Denn die Schulden, die über den Fonds aufgenommen würden, sollen später dann doch von den Stromkunden abbezahlt werden. Darin unterscheidet sich Aigners Vorschlag von einem ähnlichen des ehemaligen Bundesumweltministers Klaus Töpfer. Der hat vor einiger Zeit empfohlen, die Milliardenverpflichtungen aus der Ökostromförderung in einen Altschuldenfonds zu überführen. Die Kosten trügen in seinem Modell nicht die Stromkunden, sondern die Steuerzahler.
Holger Krawinkel, Energieexperte beim Bundesverband Verbraucherzentrale, lobt den Aigner-Vorstoß. Im ZDF gab er aber zu bedenken:
"Wichtig ist jetzt, dass der Altlastenvorgang nicht als Anlass genommen wird, wieder in teure Technologien einzusteigen, sondern wir müssen dafür sorgen, dass jetzt die erneuerbaren Energien günstig ausgebaut werden."
Auch EU-Energiekommissar Günther Oettinger mahnt in der Zeitung die Welt eine echte Reform des EEG an. Ein Fonds ersetze die nötige Generalrevision nicht, so der CDU-Politiker.
Grünen-Chefin Simone Peter kritisiert, die CSU-Ministerin wolle an der unfairen Verteilung der Kosten für den Ausbau der erneuerbaren Energien nicht rütteln. Sie fordert, die Ausnahmen für die Industrie zurückzufahren und die Unternehmen an den Kosten zu beteiligen.
Der Vorschlag Aigners findet sich in einem Papier des bayerischen Wirtschaftsministeriums. Es wird zurzeit mit anderen Ministerien abgestimmt und soll danach die Diskussionsgrundlage der bayerischen Staatsregierung für Gespräche mit anderen Ländern und dem Bund über die Energiepolitik sein. Vom Bundeswirtschaftsministerium gibt es zurzeit noch keine Stellungnahme dazu.