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Atomendlager in Bure
Gegner wollen Baugebiet zurückerobern

140 Jahre lang soll im französischen Bure Atommüll gelagert werden. Dafür will die staatliche Agentur für Atommüllverwaltung dort ab 2020 ein Endlager bauen. Gegner des Vorhabens hatten das betreffende Waldstück besetzt, bis es von der Polizei geräumt wurde. Nun wollen sie den Wald mit einer Großaktion zurückerobern.

Von Suzanne Krause |
    Ein Verkehrsschild, auf das jemand ein Atomkraftzeichen mit dem Hinweis "Camp De Bure" geschrieben hat.
    Anwohner gehen schon seit Jahren gegen das geplante Atommüllendlager in Bure auf die Barrikaden. (AFP / Damien Meyer)
    Sylvestre ist der erste Endlager-Gegner, der zur Waldlichtung vordringt, die zweieinhalb Wochen lang ein Widerstandslager beherbergte. Bis die Polizei mit Bulldozer und Tränengas räumte. Seither sichern Wachleute und Gendarme den Zugang, doch keiner hielt Sylvestre auf, gestellt wurde er erst mitten im Wald. Und erst nach einer Stunde wieder freigelassen:
    "Die Hütten, alle Anlagen, die wir bei der Waldbesetzung hier errichtet haben, sind komplett zerstört worden. Das Polizeiaufgebot eben war beeindruckend, die Beamten waren ziemlich aggressiv. Während unserer Besetzung herrschte im Wald Kommen und Gehen, mancher Anwohner aus der Gegend schaute vorbei. Heute ist das Terrain komplett abgeschottet."
    Seit 200 Jahren gehörte der Wald der Gemeinde von Mandres-en-Barrois. Bis vor einem Jahr, als es der ANDRA, der staatlichen Agentur für die Atommüllverwaltung, nach mehreren Anläufen gelang, die 220 Hektar durch einen Tausch zu erwerben. Ermöglicht durch eine Gemeinderatssitzung morgens um 6 Uhr, mit geheimer Abstimmung. Zwei Jahre zuvor hatten die Dorfbewohner mehrheitlich gegen diesen Tausch gestimmt.
    Anwohner wollen Rechtmäßigkeit des Geländetauschs prüfen
    Dass der Wald nun doch den Besitzer gewechselt hat, will Gemeindemitglied Michel Pierre deshalb nicht hinnehmen. Mit einigen Gleichgesinnten hat er sich an das Verwaltungsgericht gewendet: um die Rechtmäßigkeit des Tausches zu prüfen:
    "Von den Fenstern im Bad und im Wohnzimmer aus sehe ich direkt auf den Wald. Die ANDRA will dort die Belüftungsanlage für das unterirdische Endlager installieren – da werden doch die Gase direkt zu uns rüber wehen. Na, es ist nicht verwunderlich, dass die Standortwahl auf uns fiel: Die Gegend ist dünn besiedelt, unser Dorf winzig; da buttert man Geld ein und macht dann, was man will."
    Die umfangreichen Rodungsarbeiten, die Mitte Juni begannen, begründet die ANDRA mit "geotechnischen Untersuchungen" des Terrains für den Baugenehmigungsantrag, zitiert die Tageszeitung Le Monde. Eine schriftliche Bitte des Deutschlandfunks an die ANDRA um Stellungnahme blieb unbeantwortet.
    Die Gegner des Endlagerprojekts sind der Meinung, dass die staatliche Agentur für Atommüll-Verwaltung im Wald schon Bauarbeiten aufgenommen habe. Doch das Betriebsgenehmigungsverfahren wird erst 2018 anlaufen. Dazu werden nochmals öffentliche Anhörungen anberaumt. Baubeginn soll offiziell 2020 sein. Das atomare Endlager soll dann 140 Jahre lang beladen und insofern keine geeignetere Entsorgungstechnik entwickelt wurde, versiegelt werden.
    Endlager-Gegner kündigen "Ausnahme-Sommer" an
    Michel Pierre hat sich erst vor Kurzem getraut, an seinem Haus ein großes Transparent gegen die, Zitat: "Atom-Mülltonne" aufzuhängen. Ihm ist es nun egal, was man im Dorf über ihn sagt:
    "Wenn das Endlager steht, sind doch die landwirtschaftlichen Erzeugnisse unserer Region nichts mehr wert. Die Züchter werden ihr Fleisch nicht mehr loskriegen. Ich sehe schwarz."
    Einige Kilometer weiter, im Hauptquartier der Anti-Endlager-Bewegung in Bure, herrscht reger Betrieb. Unter den vielen jungen Leuten im Haus ist auch Chouette, so ihr Deckname:
    "Ich war schon häufig bei den unterschiedlichsten Widerstandsaktionen dabei, die alle die Selbstverwaltung proklamierten. Das erste Mal geklappt hat das bei der hiesigen Waldbesetzung. Da kamen Leute aus der Anti-Atombewegung mit Menschen aus der Region zusammen und jeder tat das Seine für unser gemeinsames Ziel."
    Für das kommenden Wochenende trommeln die Endlager-Gegner zu einer Großaktion – um den Wald zurückzuerobern, kündigt Sylvestre an:
    "Frankreich befindet sich derzeit im Ausnahmezustand wegen der islamistischen Terrorgefahr. Wir Endlager-Gegner nun planen Aktionen für einen Ausnahme-Sommer."