Vor wenigen Minuten herrschte noch quirliges Chaos in dem kleinen Fachwerkhaus in der Rosenstraße in Lüchow. Hier hat die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg ihren Sitz. Kommunalpolitiker und Vertreter von Widerstandsgruppen standen gerade noch Schlange, um einen offenen Brief an Norbert Röttgen zu unterschreiben. Jetzt ist Kerstin Rudek, Vorsitzende der Initiative, wieder allein in dem winzigen Büro mit den vielen Aktenordnern, Plakaten und Anti-Atomkraftsonnen. Der Brief liegt vor ihr auf dem Schreibtisch. Die 42jährige runzelt die Stirn.
"Wir sind da in einer etwas schwierigen Situation, weil wir möchten natürlich niemandem den Dialog ausschlagen, auf der anderen Seite ist der Zeitpunkt, den Herr Röttgen wählt, wirklich ein sehr schlechter. Er kommt, nachdem alle Würfel schon gefallen sind. Also, er kommt im Grunde, um sich seine Entscheidungen, die wir nicht billigen, sich anschließend von uns absegnen zu lassen und das ist das eigentliche Dilemma: Das werden wir versuchen, Herrn Röttgen begreiflich zu machen."
Es geht um Gorleben und es geht um die Beteiligung der Bürger vor Ort an der Erkundung des Salzstocks. Nach dem zehnjährigen Moratorium will die Bundesregierung den Standort weiter auf seine Eignung als Endlager für hoch radioaktiven Müll hin untersuchen. Erstmals seit der Salzstock vor fast 34 Jahren ins Spiel gebracht wurde, soll die Bevölkerung den Prozess offiziell begleiten. Der Bundesumweltminister der CDU hat zu einem Dialog aufgerufen, verspricht in einer Broschüre Ergebnisoffenheit und ein Maximum an Transparenz. Norbert Röttgen will einen Mediator und ein Gremium aus Bürgern einsetzen, die Informationen fachkundig hinterfragen sollen.
Nicht mit uns, das ist die Botschaft, die die 19 Unterzeichner des offenen Briefes, der heute auch in einer regionalen Zeitung erschienen ist, deutlich machen. Wie ein Großteil der Menschen im Wendland sind sie gegen eine Erkundung Gorlebens, weil sie den Salzstock für ungeeignet halten.
"Das größte Drama besteht darin, dass sich die Mängel des Salzstocks Gorleben nicht wegdiskutieren lassen, also auch nicht durch ein Mediationsverfahren. Es wird immer weiter Gas im Salzstock geben, es gibt die Elbe, die über den Salzstock fließt, es gebt ein fehlendes und mangelhaftes Deckgebirge, ich weiß nicht, wie Herr Röttgen sich das vorstellt."
Wenn der Bundesumweltminister am kommenden Montag für zwei Stunden in den Kreistag Lüchow-Dannenberg kommt, werden die Atomkraftgegner ihn empfangen – wie im Wendland üblich mit Transparenten und Traktoren. Auf Einladung der Kreistagsmitglieder wird Röttgen vor dem Rat sprechen und sich die Argumente der Abgeordneten anhören. Martin Donat, stellvertretender Landrat und Mitglied der Grünen Liste Wendland, hatte den Minister schon im September vergangenen Jahres eingeladen, vor der Entscheidung Gorleben weiter zu erkunden. Doch der Minister habe lieber erst Tatsachen geschaffen, schimpft Donat. Kein Wunder, dass das Interesse der Bevölkerung jetzt gering sei. An die versprochene Ergebnisoffenheit der Untersuchungen glaube hier keiner.
"Dieses, was hier als Weitererkundung verkauft wird, das ist die Finalisierung des Standortes Gorleben, das ist ein Weiterbau. Die Vorfestlegung auf diesen Standort hat bereits vor 33 Jahren begonnen – wider besseren Wissens. Alle Hinweise, die es jemals gab, sind hartnäckig geleugnet worden oder sogar aus Gutachten herausgestrichen worden. Welches Vertrauen sollen wir da noch in irgendeinen Dialogprozess oder Erkundungsprozess haben?"
Jahrzehntelang hätten Politiker getrickst und getäuscht, um Gorleben durchzudrücken, sagt der Kreistagsabgeordnete. Der Vertrauensverlust sei im Wendland nicht heilbar. Viele würden sogar glauben, dass die Bereitschaft zum Dialog nur Kalkül sei, um später im Genehmigungsverfahren die vorgeschriebene Bürgerbeteiligung vorweisen zu können. Dass in der Region ein großes Misstrauen gegenüber der Bundesregierung herrscht, beobachtet auch Stephan Wiechert zu Holten. Der Propst des evangelischen Kirchenkreises Lüchow-Dannenberg gehört – neben der CDU – zu den wenigen, die das Dialogangebot Röttgens nicht ausschlagen wollen.
"Das sind die einzigen Möglichkeiten, die wir haben, wir müssen darüber sprechen. Wir werden nicht immer unbedingt Lösungen finden, aber ohne einen Dialog werden wir nicht mal in die Nähe einer Lösung geraten."
Der evangelischen Kirche gehört Land, unter dem sich der Salzstock Gorleben befindet. Die Salzrechte zur Erkundung haben die Besitzergemeinden jedoch nicht abgetreten und sie haben geklagt. Die Kirchenvertreter fordern, alternative Standorte zu untersuchen. Dass Röttgen sein Angebot, die Bürger zu beteiligen, ernst meine, daran zweifelt Propst Wiechert zu Holten nicht. Jetzt allerdings, sagt der kräftige Mann, müssten den Worthülsen auch Taten folgen.
"Das, was wir brauchen, ist jemand mit Gesicht und Gewissen, der sagt: Schau, jetzt bin ich hier und Vertrauen transportiere ICH! Das Schlimmste, was Röttgen machen könnte, nach meiner Meinung, wäre tatsächlich einen Mediator oder einen Dialogorganisator einzusetzen, weil man kann Vertrauen nicht delegieren. Ich würde Herrn Röttgen eher sagen: Mieten Sie sich hier ein schönes Zimmer, 14 Tage lang und sprechen Sie mit den Leuten. Wenn er das machen würde, hätten wir tatsächlich einen Volksvertreter."
Die Fronten scheinen klar und doch wird Röttgens erster öffentlicher Auftritt in der Region mit der höchsten Atomkraftgegnerdichte mit Spannung erwartet. Der Minister selbst sagt, er könne nur anbieten, die Menschen mit ins Boot zu holen und Beteiligung bedeute auch Verantwortung.
"Und jeder muss dann für sich entscheiden, ob er sagt, ich bin nicht bereit zur Verantwortung, sondern mein Thema ist Verhinderung. Und ich kann keinen dazu zwingen zur Verantwortung. Ich kann auch keinen zwingen zum Dialog, aber es gibt eine Schuldigkeit, das anzubieten und die erbringe ich."
"Wir sind da in einer etwas schwierigen Situation, weil wir möchten natürlich niemandem den Dialog ausschlagen, auf der anderen Seite ist der Zeitpunkt, den Herr Röttgen wählt, wirklich ein sehr schlechter. Er kommt, nachdem alle Würfel schon gefallen sind. Also, er kommt im Grunde, um sich seine Entscheidungen, die wir nicht billigen, sich anschließend von uns absegnen zu lassen und das ist das eigentliche Dilemma: Das werden wir versuchen, Herrn Röttgen begreiflich zu machen."
Es geht um Gorleben und es geht um die Beteiligung der Bürger vor Ort an der Erkundung des Salzstocks. Nach dem zehnjährigen Moratorium will die Bundesregierung den Standort weiter auf seine Eignung als Endlager für hoch radioaktiven Müll hin untersuchen. Erstmals seit der Salzstock vor fast 34 Jahren ins Spiel gebracht wurde, soll die Bevölkerung den Prozess offiziell begleiten. Der Bundesumweltminister der CDU hat zu einem Dialog aufgerufen, verspricht in einer Broschüre Ergebnisoffenheit und ein Maximum an Transparenz. Norbert Röttgen will einen Mediator und ein Gremium aus Bürgern einsetzen, die Informationen fachkundig hinterfragen sollen.
Nicht mit uns, das ist die Botschaft, die die 19 Unterzeichner des offenen Briefes, der heute auch in einer regionalen Zeitung erschienen ist, deutlich machen. Wie ein Großteil der Menschen im Wendland sind sie gegen eine Erkundung Gorlebens, weil sie den Salzstock für ungeeignet halten.
"Das größte Drama besteht darin, dass sich die Mängel des Salzstocks Gorleben nicht wegdiskutieren lassen, also auch nicht durch ein Mediationsverfahren. Es wird immer weiter Gas im Salzstock geben, es gibt die Elbe, die über den Salzstock fließt, es gebt ein fehlendes und mangelhaftes Deckgebirge, ich weiß nicht, wie Herr Röttgen sich das vorstellt."
Wenn der Bundesumweltminister am kommenden Montag für zwei Stunden in den Kreistag Lüchow-Dannenberg kommt, werden die Atomkraftgegner ihn empfangen – wie im Wendland üblich mit Transparenten und Traktoren. Auf Einladung der Kreistagsmitglieder wird Röttgen vor dem Rat sprechen und sich die Argumente der Abgeordneten anhören. Martin Donat, stellvertretender Landrat und Mitglied der Grünen Liste Wendland, hatte den Minister schon im September vergangenen Jahres eingeladen, vor der Entscheidung Gorleben weiter zu erkunden. Doch der Minister habe lieber erst Tatsachen geschaffen, schimpft Donat. Kein Wunder, dass das Interesse der Bevölkerung jetzt gering sei. An die versprochene Ergebnisoffenheit der Untersuchungen glaube hier keiner.
"Dieses, was hier als Weitererkundung verkauft wird, das ist die Finalisierung des Standortes Gorleben, das ist ein Weiterbau. Die Vorfestlegung auf diesen Standort hat bereits vor 33 Jahren begonnen – wider besseren Wissens. Alle Hinweise, die es jemals gab, sind hartnäckig geleugnet worden oder sogar aus Gutachten herausgestrichen worden. Welches Vertrauen sollen wir da noch in irgendeinen Dialogprozess oder Erkundungsprozess haben?"
Jahrzehntelang hätten Politiker getrickst und getäuscht, um Gorleben durchzudrücken, sagt der Kreistagsabgeordnete. Der Vertrauensverlust sei im Wendland nicht heilbar. Viele würden sogar glauben, dass die Bereitschaft zum Dialog nur Kalkül sei, um später im Genehmigungsverfahren die vorgeschriebene Bürgerbeteiligung vorweisen zu können. Dass in der Region ein großes Misstrauen gegenüber der Bundesregierung herrscht, beobachtet auch Stephan Wiechert zu Holten. Der Propst des evangelischen Kirchenkreises Lüchow-Dannenberg gehört – neben der CDU – zu den wenigen, die das Dialogangebot Röttgens nicht ausschlagen wollen.
"Das sind die einzigen Möglichkeiten, die wir haben, wir müssen darüber sprechen. Wir werden nicht immer unbedingt Lösungen finden, aber ohne einen Dialog werden wir nicht mal in die Nähe einer Lösung geraten."
Der evangelischen Kirche gehört Land, unter dem sich der Salzstock Gorleben befindet. Die Salzrechte zur Erkundung haben die Besitzergemeinden jedoch nicht abgetreten und sie haben geklagt. Die Kirchenvertreter fordern, alternative Standorte zu untersuchen. Dass Röttgen sein Angebot, die Bürger zu beteiligen, ernst meine, daran zweifelt Propst Wiechert zu Holten nicht. Jetzt allerdings, sagt der kräftige Mann, müssten den Worthülsen auch Taten folgen.
"Das, was wir brauchen, ist jemand mit Gesicht und Gewissen, der sagt: Schau, jetzt bin ich hier und Vertrauen transportiere ICH! Das Schlimmste, was Röttgen machen könnte, nach meiner Meinung, wäre tatsächlich einen Mediator oder einen Dialogorganisator einzusetzen, weil man kann Vertrauen nicht delegieren. Ich würde Herrn Röttgen eher sagen: Mieten Sie sich hier ein schönes Zimmer, 14 Tage lang und sprechen Sie mit den Leuten. Wenn er das machen würde, hätten wir tatsächlich einen Volksvertreter."
Die Fronten scheinen klar und doch wird Röttgens erster öffentlicher Auftritt in der Region mit der höchsten Atomkraftgegnerdichte mit Spannung erwartet. Der Minister selbst sagt, er könne nur anbieten, die Menschen mit ins Boot zu holen und Beteiligung bedeute auch Verantwortung.
"Und jeder muss dann für sich entscheiden, ob er sagt, ich bin nicht bereit zur Verantwortung, sondern mein Thema ist Verhinderung. Und ich kann keinen dazu zwingen zur Verantwortung. Ich kann auch keinen zwingen zum Dialog, aber es gibt eine Schuldigkeit, das anzubieten und die erbringe ich."