Die Pfaffenauhalle am Rande der südhessischen Gemeinde Biblis steht in einem weitläufigen Sportpark. Neben einer Tennishalle ein unübersehbares Schild: Gesponsert von RWE. Der Essener Energiekonzern ist Betreiber des stillgelegten Atomkraftwerks Biblis, das nur ein paar Kilometer nordwestlich am Rhein liegt. Im Sportpark von Biblis fand in dieser Woche der erste Erörterungstermin zum geplanten Abriss des AKW statt. Hier haben die meisten sehr genau registriert, dass Vertreter von Umweltverbänden die Anhörung zum Rückbauverfahren unter Protest verlassen haben: "Wenn die Unterlagen fehlen, dann ist das ja eine logische Konsequenz." "Ja, weil den Leuten nicht klar ist, wie es abläuft. Was für Risiken entstehen für die Anwohner hier, welche weitergreifenden Risiken gibt es, die entstehen können." "Dieses Fukushima hat man immer noch im Hinterkopf. Und man weiß nicht, was da alles noch passieren kann. Das ist ein langzeitiges Objekt, da."
Mit Abriss soll 2017 begonnen werden
Die Kühltürme des umstrittenen Objektes überragen die Rheinebene zwischen dem südhessischen Biblis und der rheinland-pfälzischen Stadt Worms auf der anderen Rheinseite. Der RWE-Konzern will spätestens ab 2017 zunächst mit dem Abriss der Außenanlagen beginnen. Für die in den Kuppeln untergebrachten Reaktor-Druckbehälter soll ein gesonderter Abrissantrag gestellt werden.
Kerstin Olf kommt mit einer Sporttasche über der Schulter und einem Kind in der Hand aus der Halle des Tennisclubs Biblis: "Zum einen bin ich dafür, dass es wegkommt. Wenn der Rückbau vernünftig anläuft, bin ich auf jeden Fall dafür und hoffe, dass es schnell vonstatten geht. Es ist einfach noch nicht ganz geklärt, wie es vonstatten geht. Und es ist auch noch nicht genau dokumentiert, es konnten ja auf klare Fragen keine vernünftigen Antworten gegeben werden. Und dass die Leute da unsicher sind, ist klar."
Kritik an Wiederverwertung von Bauteilen
Der Bund für Umwelt und Naturschutz in Deutschland (BUND) hatte etwa die geplante Wiederverwertung von nur leicht mit Strahlung belasteten Bauteilen aus dem Kraftwerk kritisiert. Ein Plan, der auch viele Menschen in der Region misstrauisch macht. Etwa Jürgen Lange aus Frankfurt am Main, der ganz in der Nähe des AKW Biblis arbeitet: "Ich sehe das nicht unbedingt als Misstrauen gegenüber RWE direkt an, sondern auch als ein allgemeines Misstrauen gegenüber der Politik, die in der Vergangenheit teilweise die falschen Weichen gestellt hat. Und auch nicht auf eine Entsorgung geachtet hat, die halt eben tatsächlich nicht ungefährlich ist. Denn man hat einfach produziert, in dem Fall Kernkraftwerke hingestellt und sich keine Gedanken gemacht darüber was ist, wenn die mal nicht mehr laufen."
Michael Mücke lebt seit 20 Jahren in Biblis. Er macht sich insbesondere Gedanken darüber, wie sich die aktuelle Lagerung von Castor-Behältern mit Atommüll auf dem Kraftwerksgelände auf den geplanten Rückbau des AKW auswirkt: "Jetzt hat man eigentlich das Kraftwerk abgeschaltet, jetzt gibt es die Castor-Behälter, diese Lagerhalle, wo eine zehn Meter hohe Mauer gebaut wird. Da hat man das eine Übel weg, jetzt kommt das nächste Übel. Und es ist denkbar, dass man das als Endlager nimmt, denn wo wollen sie denn hin mit den ganzen Behältern? Mit den abgewetzten Brennstäben? Das ist nicht so sauber gelöst alles."
Mehr Informationen gefordert
Gerd Billau lebt in Nordheim, einer Nachbargemeinde von Biblis. Er macht sich auch nach dem vorläufigen Ausstieg der Umweltverbände aus dem Anhörungsverfahren zum AKW-Rückbau keine allzu großen Sorgen: "Das ist ja nicht das erste Kraftwerk, das zurückgebaut wird. Also hat man schon Erfahrung. Und wenn die Fachleute davon ausgehen, dass es unbedenklich ist, dann kann ich dem nichts anderes hinzufügen. Transparenz ist genug da, es wurde überall was veröffentlicht. Von daher weiß ich nicht, was noch transparenter gemacht werden soll."
Mit dieser Einschätzung ist Gerd Billau im Sportpark von Biblis allerdings in der Minderheit. Die meisten hier fordern mehr Informationen. Und sie wünschen sich wie das hessische Umweltministerium, dass die Umweltverbände nach ihrem Protest an künftigen Veranstaltungen zum Rückbauverfahren wieder teilnehmen: "Ich denke, man muss sich zusammensetzen, um eine vernünftige Lösung zu finden, das ist meine Meinung. Es war vielleicht gut, dass sie die Anhörung verlassen haben, aber auf Dauer müssen sie schon wieder dazukommen." "Es muss halt Druck gemacht werden, irgendwie." "Würde ich auch sagen, dass die Umweltverbände da ein bisschen mitreden könnten." "Also mitmachen sollten sie schon, denn sie bringen halt eben das Problembewusstsein mit."