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Atommüll
Streit um Rücknahme der Castoren aus Sellafield und La Hague

Nach der Katastrophe von Fukushima wurde der letzt Reaktorblock des AKW Biblis vom Netz genommen. Bis Ostern wollen sich Bund und Länder auf einen Ort einigen, in dem 26 Atommüllbehälter aus den ausländischen Wiederaufbereitungsanlagen zwischen oder endgelagert werden. Biblis wäre ein möglicher Ort.

Von Anke Petermann |
    "Davon haben unsere Nachkommen noch lange was", schimpfen Rentner und Bedienung in einem Bibliser Café:
    "Das Schlimmste ist, dass die Entsorgung nicht geklärt ist, das wird jetzt schon als Zwischenlager genutzt und keiner weiß, wohin, wenn die Entsorgung gesichert wär’, wär’ das vielleicht alles halb so schlimm."
    "Mir macht am meisten Sorgen die Endlagerung."
    Die nicht vorhandene. Biblis als ewiges Zwischenlager? Neben FDP und Linken im Hessischen Landtag macht sich der christdemokratische Landrat Matthias Wilkes die Bedenken von Anwohnern an der Bergstraße zu eigen.
    "Es war nie die Rede davon, auch unter der rot-grünen Bundesregierung Trittin damals, das möglicherweise Atommüll auch von anderen Standorten in Biblis zwischengelagert werden soll. Wir sind deshalb nicht einverstanden, weil im Hinblick darauf, dass die Endlagerfrage immer noch nicht gelöst ist, letztendlich aus diesem Zwischenlager faktisch schon ein Endlager wird."
    Ein "Endlager hinten rum" - mit ihm nicht machbar, betont auch Wilkes Parteifreund Volker Bouffier, Ministerpräsident von Hessen. Die grüne Umweltministerin Priska Hinz erinnert die zögerlichen Christdemokraten an den Koalitionsvertrag:
    "Die Hessische Landesregierung hat ja gemeinsam vereinbart, dass wir durchaus bereit sind zu akzeptieren, dass Castoren in Biblis zwischengelagert werden", ...
    ... wenn fachliche Aspekte dafür sprechen und es in Deutschland keine anderen Möglichkeiten gibt. Die Grünen-Politikerin sieht in Biblis durchaus ein praktikables Zwischenlager, das neben den Brennstäben aus dem abgeschalteten Kraftwerk Platz für die unverwertbaren strahlenden Reste aus der Wiederaufarbeitung bietet.
    "Mit einem Sicherheitsabstand. Es ist auch so, dass ein Gleisanschluss vorhanden ist, das heißt, nicht auf Straße umgeladen werden müsste."
    Kritik an Biblis als Zwischenlager
    Der Kreis Bergstraße hat das Zwischenlager Biblis bis 2046 genehmigt. Für zusätzliche sechs, sieben Castoren aus den Wiederaufarbeitungsanlagen aber kommt es aus Sicherheitsgründen nicht in Frage, wenn es nach Landrat Matthias Wilkes von der CDU geht.
    "Eine Lagerung auf der grünen Wiese in einer Halle, oberirdisch, mitten zwischen zwei großen Metropolregionen, Rhein-Main und Rhein-Neckar, fünf Flugminuten vom größten Flughafen Kontinentaleuropas in Frankfurt, entfernt, Stichwort Terrorakte, ist nicht die adäquate Antwort."
    Als "Garage" bezeichnet Wilkes die Bibliser Halle zuweilen. Von "ungesicherter Leichtbauweise" spricht die hessische Linke. Nicht die Hallen, sondern die Stahl-Castoren seien dazu bestimmt, den Atommüll zu sichern, erklärt Beate Kallenbach-Herbert. Beim Ökoinstitut Darmstadt ist sie zuständig für Nuklearsicherheit.
    "Das Zwischenlager für die hochradioaktiven Abfälle in Biblis ist die gleiche Bauart wie viele andere Zwischenlager in Deutschland auch, gerade auch wie das Zwischenlager in Gorleben, wo man bisher auch alle diese Abfälle hingebracht hat. Insofern spricht aus sicherheitstechnischer Sicht überhaupt nichts dagegen, die Abfälle nach Biblis zu bringen, wenn man sie auch in ein anderes Zwischenlager bringen kann."
    Bislang fehlt Genehmigung für Aufnahme von Castoren aus Wiederaufarbeitung in Biblis
    Doch mit einer politischen Entscheidung ist es nicht getan. Der Betreiber RWE muss extra beantragen, Castoren aus der Wiederaufarbeitung in Biblis aufzunehmen. Die bisherige Genehmigung deckt das nicht ab. In den Castoren, die ab 2015 aus dem Ausland zurückkommen, sind nämlich keine Brennstäbe, sondern hochradioaktive Spaltprodukte, mit hochradioaktivem Flüssigabfall gemischt, mit Glasperlen verschmolzen und in Edelstahlzylinder gepresst. Diese sogenannten Glaskokillen muss die Bundesrepublik vertragsgemäß zurücknehmen, erklärt Priska Hinz:
    "Sie haben erst mal eine höhere Radioaktivität - noch, wenn sie zurückkommen. Allerdings zerfällt die auch viel schneller bei diesem wiederaufbereiteten Material. Das heißt, die Halbwertzeit ist um vieles kürzer als bei den Brennstäben. Und deshalb gibt es ja noch mal besondere Genehmigungsverfahren dafür - vom Bundesamt für Strahlenschutz, was durchaus bekannt dafür ist, dass sie hohe Kriterien für Zwischenlager-Standorte anlegen."