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Atommüll
Umweltverbände zweifeln an Endlager-Kommission

Am Donnerstag soll die Kommission zur Atommüll-Endlagersuche ihre Arbeit endlich aufnehmen. Nach langen Verhandlungen hatten sich Union, SPD und die Mehrheit der Grünen auf eine Besetzung einigen können. Bei vielen Umweltverbänden ist die Skepsis allerdings weiterhin groß.

Von Alexander Budde |
    Ein Aktivist trommelt vor dem Bundesministerium für Umwelt, Bau und Reaktorsicherheit in Berlin auf einem Faß mit einem Warnzeichen für Radioaktivität.
    Der Bundestag hat eine Kommission eingesetzt, die die Kriterien für die neue Endlager-Suche festlegen soll. (dpa picture alliance / Florian Schuh)
    Fried von Bernstorff ist im Widerstand gegen das Atommüll-Lager Gorleben aufgewachsen. Schon sein Vater hatte Ende der 70er-Jahre aus tiefer Überzeugung ein Vermögen ausgeschlagen. Mehr als 30 Millionen D-Mark hatte der Staat damals der Adelsfamilie für deren Rechte am Salzstock geboten. Massive Drohungen und allerhand juristische Winkelzüge folgten. Der Konflikt um Gorleben: Für den jungen Grafen ist er ein Lehrstück, wie leicht sich das Vertrauen verspielen lässt. Wie so viele Bewohner des Wendlandes hält von Bernstoff den so genannten Neustart bei der Endlagersuche für eine Farce. Die Politik habe schon längst einen Standort im Auge.
    "Ich denke, wenn es nachher zum Schwur kommt, wo soll denn ein Endlager hin, dann ist man schnell wieder bei Gorleben. Ich glaube nicht, dass irgendein Ministerpräsident eines anderen Bundeslandes ein Interesse hat zu sagen: Wir suchen jetzt mal bei uns!"
    Kritik an der Standortsuche
    Etliche Umweltinitiativen lehnen es ab, sich in der sogenannten Endlager-Kommission mit dem eigenen Fachwissen einzubringen. Sie kritisieren insbesondere, dass sich der Gesetzgeber nicht dazu durchringen konnte, eine Mindestanzahl an zu suchenden Standorten vorzugeben - und stattdessen nur einen potenziellen Standort benannte, nämlich Gorleben. Solange Gorleben in der Auswahl bleibe, sei ein ergebnisoffenes Verfahren nicht zu bewerkstelligen, klagt Martin Donat von der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg:
    "35 Jahre lang sind alle Kriterien an diesem Standort entwickelt worden. Die Diskussion wird weiter über Gorleben geführt werden. Aber wir müssen eine ganz andere Diskussion führen. Nämlich über die Frage: Wie ist das mit der Rückholbarkeit? Wann fühlen wir uns sicher? Genau das muss öffentlich diskutiert werden - und das kann man keinen Fachleuten überlassen!"
    Matthias Edler von Greenpeace sieht das Pferd falsch aufgezäumt. Die gesellschaftlichen Gruppen hätten über den Weg zu einem Suchgesetz diskutieren müssen, bevor er beschlossene Sache ist.
    "Wir sagen, es muss doch erst eine wissenschaftliche Expertise vorliegen. Mehrere Möglichkeiten müssen von Wissenschaftlern, die was davon verstehen, skizziert sein. Das ist ein Märchen, dass es eine weiße Landkarte in Deutschland gibt. Diese Regionen sind längst da in Salz, Ton und Granit. Da muss das in all diesen Regionen auch mit den Bürgern besprochen werden!"
    Einbezug der Umweltverbände von Niedersachsens Umweltminister erwünscht
    Niedersachsens grüner Umweltminister Stefan Wenzel wird als Ländervertreter in der Kommission mitwirken. Wenzel hätte gern mehr Initiativen an seiner Seite. Doch als die Politiker ihr Endlagersuchgesetz ersonnen, bezogen sie die Umweltverbände nicht ein. Das rächt sich jetzt.
    "Uns würde einerseits das gesamte Know-how, die Erfahrung, das Expertenwissen hier fehlen aus vielen Jahren der Auseinandersetzung mit der Atommüllfrage. Aber vor allen Dingen ist das Ziel, auch eine möglichst konsensuale Lösung zu erreichen."
    Wenzel ließ sich einiges einfallen, um sich das nötige Vertrauen zu verdienen. So hatte etwa die Personalie um den Kommissionvorsitz zu einem heftigen Streit zwischen Niedersachsen und der Bundespolitik geführt. Nun bilden die CDU-Frau Ursula Heinen-Esser und der Gorleben-Kritiker Michael Müller von der SPD eine fein austarierte Doppelspitze.