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Atompolitik
Strahlenschutzkommission stellt neuen Risikoplan für Atomunfälle vor

Nach der Atomkatastrophe von Fukushima stellte die Bundesregierung die deutschen Atomkraftwerke auf den Prüfstand. Einige wurden abgeschaltet, die gerade zugesagte Laufzeitverlängerung für AKWs wieder rückgängig gemacht. Jetzt folgt die Strahlenschutzkommission mit einem runderneuerten Risikoplan, der bei einem Atomunfall greifen soll.

Von Verena Kemna |
    Die Strahlenschutzkommission empfiehlt schärfere Vorgaben für den Katastrophenschutz. Drei Jahre nach der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima will die Bundesregierung offensichtlich die Sicherheitszonen rund um die deutschen Atomkraftwerke deutlich erweitern.
    So schlägt das Beratungsgremium des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau- und Reaktorsicherheit unter anderem vor, dass im Fall eines schweren Atomunfalls alle Anwohner im Umkreis von fünf Kilometern bereits innerhalb von sechs Stunden evakuiert werden. Die sogenannte Zentralzone, die bisher nur einen Umkreis von zwei Kilometern umfasst, soll also auf fünf Kilometer ausgeweitet werden. Auch die anschließende Mittelzone soll von zehn auf zwanzig Kilometer Entfernung von einem AKW erweitert werden. Sobald die zuständigen Behörden alarmiert sind, sollen die Anwohner in der Mittelzone innerhalb von 24 Stunden evakuiert werden.
    Neue Maßstäbe
    Die Katastrophe von Fukushima hat beim Katastrophenschutz neue Maßstäbe gesetzt und zeigt die direkten Folgen einer Reaktorkatastrophe. Eben diese Folgen sind nun Grundlage der Vorsorgemaßnahmen und nicht die Wahrscheinlichkeit eines größten anzunehmenden Unfalls. So wurden rund um Fukushima zunächst Dörfer und Städte im Umkreis von zwanzig Kilometern evakuiert, später mussten auch die Bewohner aus weiter entfernt gelegenen Orten, alles zurücklassen.
    Geht es nach den 14 Strahlenschutzexperten, die das Bundesumweltministerium beraten, dann soll in Deutschland die sogenannte Außenzone von bisher fünfzig auf einhundert Kilometer Entfernung von einem AKW erweitert werden. Wer innerhalb dieser Zone lebt, wird im Ernstfall zum Schutz vor Radioaktivität mit Jodtabletten versorgt. Die Tabletten sollen verhindern, dass der Körper radioaktives Jod aufnimmt. Bundesweit sollen auch Kinder, Jugendliche und Schwangere solche Jodtabletten einnehmen. Wenn es zu einer Erweiterung von 50 auf 100 Kilometer kommt, dann liegen auch Millionenstädte wie München und Hamburg in der Außenzone.
    Das Bundesumweltministerium wird nun die Empfehlungen der 14 ehrenamtlich tätigen Strahlenschutzexperten an die Innenminister der Länder weiterleiten. Es gilt als wahrscheinlich, dass die Innenminister zustimmen. Schließlich hat auch die Katastrophenschutzkommission des Bundesinnenministeriums bereits eine bessere Katastrophenschutzplanung gefordert.