Es geschah vor zwei Monaten – Mitte April waren ein arabischer Israeli und sein deutsch-marokkanischer Freund im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg unterwegs, auf dem Kopf die jüdische Kopfbedeckung Kippa. Der mutmaßliche Täter, ein 19-jähriger Syrer fühlte sich wohl provoziert, rastete aus. Gerichtssprecherin Lisa Jani:
"Zunächst soll er den Geschädigten beleidigt haben, antisemitisch, und dann soll er den Gürtel aus der Hose gezogen haben und mit dem Gürtel auf den Geschädigten eingeschlagen haben."
Der Angegriffene zückte sein Handy, filmte den Vorfall. Schnell sorgte dieser antisemitische Übergriff für Aufsehen in den sozialen Medien, das Video wurde tausendfach geteilt. In einer ersten Stellungnahme zeigte sich der Vorsitzende des Zentralrats der Juden Josef Schuster besorgt. Bislang habe es diese Vorfälle nur in muslimisch geprägten Stadtteilen gegeben, sagte er.
"Es handelte sich jetzt nicht um ein muslimisch geprägtes Viertel, sondern um ein Szeneviertel, ein gut bürgerliches Viertel, wo das Ganze geschehen ist. Und wo ein Mensch, nur weil er eine Kippa trägt, nicht nur mit Worten beleidigt wurde, sondern körperlich angegriffen wurde."
Übergriff hatte bundesweit Empörung ausgelöst
Viele Bundesminister kritisierten den antisemitischen Übergriff, Kanzlerin Angela Merkel zeigte sich besorgt. Es kam zu Solidaritätsaktionen – zwei Wochen später gingen in mehreren deutschen Städten Menschen auf die Straße, um demonstrativ die Kippa zu tragen – in Berlin versammelten sich mehrere tausend vor dem jüdischen Gemeindehaus im Stadtteil Charlottenburg.
"Weil es die Gesellschaft offensichtlich nicht schafft, die Leute zu schützen, da muss man dann dafür auf die Straße gehen. Ich bin sofort gekommen und habe zugesagt, denn ich komme von der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld, das war ein jüdischer Homosexueller, und deshalb wollen wir heute ein Zeichen dafür setzen, dass in Deutschland viel zu wenig über Antisemitismus gesprochen wird. Um zu zeigen, dass der Kampf gegen den Antisemitismus keine Sache ist, die den Juden überlassen ist, das müssen die Deutschen selber tun."
Wie antisemitisch sind die in Deutschland lebenden Muslime, die Zuwanderer aus Syrien, Afghanistan, dem Iran und was ist zu tun gegen muslimischen Antisemitismus? Fragen, die in den Tagen nach dem Übergriff die Debatte bestimmten. Die muslimischen Verbände müssten sich stärker von diesen Vorfällen distanzieren, so eine Forderung. Sawsan Chebli, SPD-Staatssekretärin in der Berliner Senatskanzlei:
"Ich finde, es ist unsere Verantwortung, ich sagte unsere, weil ich auch muslimischen Glaubens bin, als Muslime da ein Zeichen zu setzen, und genau zu sagen, man darf nicht zulassen, dass diese Leute, die sich Muslime nennen, den Islam in den Dreck ziehen und es gehört dazu, ein Statement zu setzen."
19-Jähriger stellt sich den Behörden
Der mutmaßliche Angreifer – er lebt seit 2015 in Deutschland - konnte schnell identifiziert werden. Der 19-Jährige stellte sich den Behörden, sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden Josef Schuster:
"Es geht mir auch darum, dass dann von den Strafermittlungsbehörden, aber auch von der Justiz, dieser Vorgang entsprechend auch juristisch aufgearbeitet, geahndet wird. Ich glaube, dass man es nicht mit einer einfachen Körperverletzung zu tun hat. Und es ist an der Justiz, ein sehr klares Zeichen zu setzen."
Bereits einen Monat nach der Tat erhob die Staatsanwalt Anklage wegen schwerer Körperverletzung und Beleidigung, heute muss sich der mutmaßliche Täter vor dem Amtsgericht Tiergarten verantworten. Acht Zeugen sind geladen, es könnte heute noch ein Urteil fallen.