EU-Asylregeln
Auch Ungarn will Ausstieg beantragen - EU-Kommission: Vorschriften bleiben verbindlich

Nach den Niederlanden versucht auch Ungarn, die Asylregeln der Europäischen Union zu umgehen. Europaminister Boka teilte mit, gegen illegale Migration sei ein hartes Vorgehen nötig. Budapest wolle daher einen Ausstieg aus den Regeln beantragen, falls eine Änderung der EU-Verträge dies zuließe. Die Erfolgsaussichten sind gering.

    Das Bild zeigt Viktor Orban mit ernstem Blick von der Seite.
    Schon seit Jahren strikt gegen Migration in die EU: Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban (Archivbild) (picture alliance / NurPhoto / Nicolas Economou)
    Ungarns rechtspopulistische Regierung unter Ministerpräsident Orban betreibt seit Jahren eine Politik gegen Migranten und liegt deswegen mit der EU-Kommission im Dauerstreit. Aktuell weigert sich Budapest, ein vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) wegen der restriktiven Asylpolitik verhängtes Zwangsgeld von 200 Millionen Euro zu bezahlen. Die EU-Kommission will das Geld deshalb von künftigen EU-Zahlungen an Ungarn abziehen.
    Entgegen internationalem und EU-Recht verweigert Orban die Aufnahme von Asylsuchenden in Ungarn. Asylbewerber können ihre Anträge nur in den ungarischen Botschaften im Ausland stellen. Für diese Praxis wurde das Land mehrfach vom EuGH verurteilt.

    Niederlande wollen "nationale Asylkrise" ausrufen

    Gestern hatte bereits die niederländische Regierung mitgeteilt, sie habe bei der Europäischen Kommission eine Ausnahmeregelung beantragt. Die Koalition unter Führung der rechtsgerichteten PVV kündigte an, eine "nationale Asylkrise" auszurufen, die es ermögliche, ohne Zustimmung des Parlaments Maßnahmen zur Begrenzung der Migration zu ergreifen. Das Vier-Parteien-Bündnis will auch die Regeln für den Familiennachzug von Asylbewerbern verschärfen. PVV-Chef Wilders sprach von einem wichtigen Signal, "dass ein neuer Wind weht in den Niederlanden". 
    Dass die Niederlande und Ungarn Erfolg haben werden, gilt bislang als unwahrscheinlich. Einer solchen Ausnahme - dem sogenannten Opt-Out - müssen in der Regel alle 27 EU-Länder zustimmen. Zudem hatten sich die Mitgliedstaaten bereits auf eine Asylreform geeinigt.

    EU-Kommission: "Wir erwarten keine unmittelbaren Änderungen"

    Eine Sprecherin der EU-Kommission hatte den Eingang des Antrags aus Den Haag bestätigt. "In diesem Zusammenhang erwarten wir keine unmittelbaren Änderungen an den EU-Vorschriften zu Asyl und Migration", sagte sie. Die Vorschriften seien weiterhin für die Niederlande verbindlich.
    Die Zahl der dort neu ankommenden Asylsuchenden liegt nach Angaben von Experten und Behörden relativ stabil bei rund 40.000 im Jahr. Doch seit Jahren gibt es Probleme bei der Unterbringung durch Sparmaßnahmen und allgemeine Wohnungsnot. 
    Die Europäische Union hatte im Mai eine Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylrechts (Geas) vereinbart. Das Paket aus zehn Gesetzestexten sieht eine deutliche Verschärfung der Verfahren vor. Zugleich sollen Hauptankunftsländer wie Italien oder Griechenland entlastet werden. Dafür ist ein verpflichtender Solidaritätsmechanismus zur Umverteilung von Migranten in Europa geplant.

    Erstmals Verfahren an EU-Außengrenzen

    Mit dem Asylpakt werden erstmals Verfahren an den EU-Außengrenzen eingeführt. Migranten mit geringen Aufnahmechancen sollen so an der Weiterreise gehindert und von Grenzlagern aus direkt abgeschoben werden. Auch Familien mit Kindern müssen diese Verfahren durchlaufen. Deutschland hatte sich vergeblich für eine Ausnahme eingesetzt.
    Nach der Neuregelung können EU-Länder Migranten in "sichere Drittstaaten" wie Tunesien oder Albanien schicken, wo sie dann Asyl beantragen müssen. Allerdings müssen die Geflüchteten eine Verbindung zu dem Drittstaat haben - etwa durch Angehörige oder ein vorangegangenes Studium. Die Mitgliedstaaten haben bis zum Frühjahr 2026 Zeit, das Asylpaket umzusetzen.
    Die EU-Asylagentur hatte 2023 rund 1,1 Millionen Asylanträge verzeichnet. Das ist der höchste Stand seit 2016. Rund 330.000 davon entfielen auf Deutschland.

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    Diese Nachricht wurde am 19.09.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.