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Frühe Warnung in Diesel-Affäre blieb ohne Erfolg

Ingenieure des Autobauers Audi wiesen bereits 2013 in einem internen Papier auf die unerlaubten Abgas-Manipulationen bestimmter Diesel-Motoren und die Gefahr der Aufdeckung hin. Kunden würden den Eingriff eher nicht bemerken, für Fachinstitute sei der Nachweis jedoch einfach, heißt es da. Die Warnung verhallte ohne Konsequenzen.

Von Peter Hornung |
    Ein Dieselmotor von Audi
    Ein Dieselmotor von Audi (imago stock & people)
    Die Warnung war so drastisch, dass man sie verstehen musste. Unter der Überschrift "Zusammenfassung Risikoeinschätzung" heißt es in dem internen Papier:
    "Das Kernrisiko besteht in der Aufdeckung von Softwaremaßnahmen, die unerlaubt Eingriffe in das Emissionskontrollsystem vornehmen."
    Das Papier stammt vom 11. Oktober 2013 - zwei Jahre, bevor die US-Behörden den Skandal im Volkswagenkonzern öffentlich machten. Geschrieben wurde es von Ingenieuren der Abteilung Motorenentwicklung von Audi. Autos des Ingolstädter Autobauers fuhren zu diesem Zeitpunkt schon seit Jahren mit manipulierter Software - im konkreten Fall ging es um Drei-Liter-Motoren in Dieselautos für den nordamerikanischen Markt.
    Tanks zu klein für dauerhaft saubere Abgase
    Bei Abgastests hielten sie die Grenzwerte ein, indem eine wässrige Harnstofflösung die Abgase reinigte, das sogenannte AdBlue. Diese Abgasreinigung aber wurde bei Straßenfahrten reduziert. Die in den Autos eingebauten Tanks waren für dauerhaft saubere Abgase einfach zu klein. Merkt keiner, dachte man bei Audi offenbar lange. Trotzdem könnte die Manipulation entdeckt werden, meinten die Experten.
    "Eine direkte Auffälligkeit vor Kunde ist eher gering. Nur Fachinstitute und Behörden haben die Möglichkeiten zu einer genauen Analyse. Bei einem gezielten Hinweis ist der Nachweis jedoch einfach."
    Wenn das passiere, könnte das für Audi ein großes Problem werden:
    "In der Vergangenheit sind solche Themen selten an die Öffentlichkeit gelangt. Es wurden dann aber empfindliche Strafen verhängt. Die negative Publicity war ausgesprochen hoch. Der Gesichtsverlust vor Behörde ist nachhaltig."
    E-Mail eines empörten Managers
    Und teuer würde es auch. Bis zu 37.500 Dollar Strafe drohten - pro Auto. Das wären 2,3 Milliarden Dollar insgesamt. Dazu drohten: Rückrufe, Nachrüstung, vielleicht sogar Widerruf der Zulassung. Ein hoher Manager aus der Dieselentwicklung schreibt kurz darauf eine empörte E-Mail. Er war erst 2012 zu Audi gekommen:
    "Folgende Fragen drängen sich bei mir auf: Warum haben wir ein solches Konzept zugelassen? Warum ist man damals nicht vor den Vorstand getreten und hat ein größeres AdBlue-Tankvolumen gefordert - mit dem Hinweis: 'nicht zulassungswürdig'?"
    Das Papier wurde zwar auch an VW-Manager weitergeschickt. Doch der Betrug wurde nicht gestoppt. Unklar ist derzeit noch, ob die Warnungen auch die Vorstände von Audi und VW erreicht haben. Der Aufsichtsrat von VW lässt bereits seit Langem prüfen, ob Vorstandsmitglieder versagt haben. Von den Autobauern gibt es jedenfalls keinen Kommentar: Wegen laufender Ermittlungsverfahren könne man sich nicht dazu äußern, so ein Sprecher.